# taz.de -- Beckmann beim Geburtstag von Matussek: Wer hingeht, hat sich entsch… | |
> Reinhold Beckmann spielt auf dem 65. Geburtstag des rechten Autors | |
> Matthias Matussek Gitarre. Später bedauert er es. Zu spät. | |
Bild: Geburtstagsfeiern von Personen des öffentlichen Interesses sind nicht im… | |
Natürlich, auch Journalist*innen, Politiker*innen und | |
Unterhaltungskünstler*innen sind an einem Samstagabend private Personen, | |
die auf eine Geburtstagsfeier gehen können. Sie brauchen sich nichts dabei | |
zu denken, wenn sie einem Freund eine Freude machen. Doch natürlich gilt | |
das nicht, wenn der Freund Matthias Matussek heißt. | |
Dieser ist am Samstag 65 Jahre alt geworden. Für alle, die sich nicht mehr | |
so genau erinnern: Das ist der Journalist, der nach vielen Jahren beim | |
Spiegel zur Axel Springer AG wechselte und im Jahr 2015 bei der Welt | |
entlassen wurde. Dem vorausgegangen war ein Statement nach den Pariser | |
Terroranschlägen vom 13. November, das Matussek auf seinem Facebook-Account | |
absetzte: „Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten | |
über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger | |
islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.“ Er | |
schloss mit einem Smiley. | |
Einst bezeichnete Matussek Homosexualität als „Fehler der Natur“, verglich | |
sie mit Taubheit und der Ahornsirupkrankheit. Im März 2018 trat er als | |
Redner auf einer montäglichen „Merkel muss weg“-Kundgebung in Hamburg auf, | |
warnte vor vor einer „Islamisierung“ und einer „Flut muslimischer | |
Bodybuilder“. | |
Nun also hatte Matussek Geburtstag, und seiner Einladung nachgekommen waren | |
unter anderem: der rechte Journalist Dieter Stein, die AfD-nahe | |
Stiftungschefin Erika Steinbach, die Spiegel-Redakteure Martin Müller und | |
Alexander Smoltczyk sowie Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer. Und: | |
Fernsehmoderator Reinhold Beckmann. [1][Mit seiner Gitarre.] | |
## „Glänzendes Ständchen“ | |
Mittlerweile hat sich Beckmann von dem Auftritt auf der Party distanziert, | |
[2][schreibt auf Facebook], er habe sich verlaufen und hätte nicht hingehen | |
sollen. Sein Anliegen dagegen, so ist dem Statement zu entnehmen, war ein | |
Ehrenwertes: ein „vergiftetes Geschenk“ habe er mitbringen wollen, seine | |
Version des Bob Dylan-Klassikers „Things have changed“. Mit Textzeilen wie | |
„ein trauriger Mann mit traurigem Geist, niemand mehr da, alle längst | |
abgereist“. Matussek aber hielt das für ein „glänzendes Ständchen“. | |
Denn Beckmanns Auftritt war nicht politisch, er war keine Demonstration. | |
Hinaus in die Welt von Twitter und Co. wanderten keine Bilder von einer | |
Protestaktion auf dem Geburtstag eines früheren Freundes, sondern die eines | |
fröhlichen Geplänkels. Und nach Spaß sieht es auch auf all den anderen | |
Fotos aus, die Matussek in regelmäßigen Abständen auf Facebook postete, | |
etwa auf dem, das ihn mit Alexander-Gauland-Gedächtniskrawatte [3][neben | |
Erika Steinbach zeigt.] | |
Während Beckmann sein Ständchen trällert, guckt ein Mann ihm freudig zu: | |
Mario Müller von der rechten Gruppe „Kontrakultur Halle“, der 2012 zu einer | |
Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde, weil er einen | |
Antifaschisten mit einem selbstgebastelten Totschläger schwer verletzt | |
hatte. Matussek bezeichnet ihn als seinen „identitären Freund“. Mit der | |
Identitären Bewegung, zu der Müller gehört, sympathisiert Matussek, auch | |
das ist längst bekannt. | |
Nun muss man nicht vor jeder Feier die Gästeliste seines Gastgebers | |
überprüfen, um zu entscheiden, ob man hingeht oder nicht. Bei einer | |
Einladung von Matthias Matussek wäre das zum Beispiel nicht nötig. Denn man | |
kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass Rechte kommen, wenn ein Rechter | |
einlädt. Und schon dann kann man entscheiden, nicht hinzugehen. Und sollte | |
es auch. | |
## Partys schaffen gesellschaftliche Akzeptanz | |
Denn eine Party bei Matthias Matussek ist nicht einfach eine | |
Geburtstagsfeier. Allein die Schnappschüsse und rührseligen Worte, die | |
Matussek auf Facebook teilt, zeigen, wie er seine Gäste zu | |
instrumentalisieren weiß. Und wie es funktioniert: Wer käme auf die Idee, | |
da feiere ein politischer Rechtsaußen, wenn Reinhold Beckmann auftritt? | |
Wenn Journalisten des Spiegel, des selbsternannten Sturmgeschützes der | |
Demokratie, hingehen? Wenn sie mit einem vorbetraften Rechtsextremen | |
anstoßen? | |
Und genau das ist die Problematik, die Beckmann zuvor entweder nicht | |
bedacht oder aber saumselig ignoriert hat: Gesellschaftliche Anlässe wie | |
Geburtstagsfeiern verschaffen viel mehr Legitimität als eine politische | |
Auseinandersetzung. Wer mit Rechten feiert, der signalisiert: Mensch, | |
Matthes, manchmal bist du zwar ein bisschen verdreht, aber eigentlich doch | |
ganz in Ordnung. Wer mit Rechten feiert, trägt sie in einen apolitischen | |
Raum, in dem schon alle irgendwie miteinander können. Der gesellschaftliche | |
Zugehörigkeit und Akzeptanz schafft. | |
Warum hat Beckmann nicht einfach öffentlich auf die Einladung reagiert, in | |
dem er seinen doch so kritisch gemeinten Songtext als Absage formuliert | |
hat? Weil er doch auch irgendwie hingehen wollte. Das heißt: Natürlich kann | |
man auf die Geburtstagsparty von Matussek gehen. Dann aber hat man sich | |
entschieden: dafür, mit Rechten zu feiern anstatt sie zu delegitimieren. | |
11 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/matthias.matussek/videos/pcb.10205511416022398/102… | |
[2] https://www.facebook.com/reinholdbeckmannband/ | |
[3] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10205511438942971&set=pcb.10205… | |
## AUTOREN | |
Hanna Voß | |
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