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# taz.de -- Proteste gegen Atommüll-Lieferungen: Castortransport reloaded in A…
> Noch in diesem Jahr drohen neue Transporte mit hochradioaktivem
> Atombrennstoff ins Münsterland. Dagegen gibt es Widerstand.
Bild: Um die geht es: Castro-Behälter aus Jülich, hier ein Bild von 2010
Bochum taz | Rund 1.400 Atomkraftgegner*innen und Umweltschützer*innen
haben am Samstag mit einer Demonstration in Ahaus im Münsterland gegen neue
Atommüll-Transporte ins dortige Brennelemente-Zwischenlager protestieren.
„Die Lagerhalle ist einfach nicht sicher“, so der Sprecher der
Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus, Felix Ruwe, zur taz.
Decke und Teile der Hallenwände seien nur 20 Zentimeter dick. „Ein
Terrorangriff oder ein Flugzeugabsturz würden Löcher groß wie ein
Scheunentor in die Halle reißen“, warnt Ruwe. Deshalb habe die Demo am
achten Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima stattgefunden: „Die
Risiken der Atomenergie sind einfach nicht beherrschbar.“ Unterstützt
wurden die Demonstrant*innen deshalb auch von Landwirt*innen, die die Demo
mit etwa 80 Traktoren verstärkten.
Mit einer genehmigten Kapazität von 3.960 Tonnen Atombrennstoff ist das
Lager in Ahaus ähnlich groß wie das in Gorleben. Aktuell sind dort vor
allem 305 Castoren mit kugelförmigen Brennelemente des störanfälligen
ehemaligen Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm untergestellt.
Noch in diesem Jahr aber drohen weitere Atommüll-Lieferungen aus dem
ehemaligen Kernforschungszentrum Jülich. Denn ob ein ebenfalls angedachter
Rücktransport des dortigen, ursprünglich aus den USA stammenden
radioaktiven Materials über den Atlantik jemals stattfindet, ist mehr als
unsicher. Außerdem soll theoretisch waffenfähiger Brennstoff aus dem
Forschungsreaktor FRM II aus Garching bei München ins Münsterland geschafft
werden – er ist mit 87 Prozent hoch angereicherter.
## Atomwaffenfähiger Atommüll
„Jetzt auch noch atomwaffenfähigen Atommüll nach Ahaus zu transportieren,
ist ein absolutes No-Go“, sagt Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter der
Linken aus Münster. Denn die Betriebsgenehmigungen für Zwischenlager und
Castoren waren ursprünglich auf 40 Jahre begrenzt – in Ahaus enden sie
2036. Da die bundesweite Suche nach einem möglichen Endlager aber noch
Jahrzehnte dauern dürfte, ist zumindest die Unterbringung von schwach- und
mittelradioaktivem Müll in Ahaus schon bis zum Jahr 2057 beantragt.
Die Genehmigung für das Jülicher Zwischenlager, in dem etwa 290.000
Brennelementekugeln aus dem Versuchs-AKW des Forschungszentrums in 152
Castoren stehen, ist sogar schon 2013 abgelaufen – und wurde notdürftig
immer wieder verlängert. Denn die mit Ende der Betriebsgenehmigung
drohenden 152 risikoreichen Castor-Einzeltransporte nach Ahaus sorgten
schon ab 2010 für massive Proteste in ganz Nordrhein-Westfalen.
Der Bau eines neuen, sicheren Zwischenlagers vor Ort in Jülich als
naheliegende Lösung wurde dagegen verhindert: Wohl aus Sorge um das eigene
Image hat das Forschungszentrum seine Zusage zur Bereitstellung eines
tauglichen Grundstücks im November 2018 zurückgezogen – obwohl das Ergebnis
einer Umweltverträglichkeitsprüfung positiv war. „Statt Transporten nach
Ahaus oder in die USA fordern wir die Lagerung und die langfristig nötige
Umverpackung vor Ort in Jülich. Genau das wird aber vom Forschungszentrum
Jülich und den zuständigen Ministerien torpediert“, so Marita Boslar vom
Aktionsbündnis Stop Westcastor bei der Demonstration.
## Bundes- und Landesregierung in der Kritik
„Die Bundesregierung arbeitet bei der Frage des Atommülllagers in Jülich
mit üblen Tricks“, kritisiert auch der Bundestagsfraktionsvize der Grünen,
Oliver Krischer. Obwohl das betreffende Grundstück fehle, werde weiter so
getan, als sei ein Neubau in Jülich kein Problem.
Stattdessen müssten Bundes- und Landesregierung jetzt Druck auf das
Forschungszentrum machen: „Die einzig vernünftige Lösung ist es, den
illegalen Zustand in Jülich zu beenden, indem dort ein genehmigtes Lager
errichtet wird“, sagt Krischer – und klingt wie der
Bürgerinitiativen-Sprecher Ruwe.
Die drohenden neuen Transporte dienten nur dazu, „Entsorgungs-Möglichkeiten
vorzutäuschen“, glaubt der. „Die gesamte Anti-Atom-Bewegung ist sich einig:
Mit dem sinnlosen und gefährlichen Hin- und Hergefahre von teilweise
hochradioaktivem Material muss Schluss sein“, sagt Ruwe. „Atommüll, egal wo
er liegt, sollte nur noch ein einziges Mal transportiert werden – in ein
Endlager.“
10 Mar 2019
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Atommüllendlager
Castor-Transport
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Gorleben
WHO
Schwerpunkt Atomkraft
Forschungszentrum Jülich
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