# taz.de -- Atlético Madrid vs. FC Barcelona: Boom im spanischen Frauenfußball | |
> Weltrekord: Über 60.000 Zuschauer verfolgen die 0:2-Niederlage von | |
> Atlético Madrid gegen den FC Barcelona. Und auch die TV-Quoten wachsen. | |
Bild: Asisat Oshoala vom FC Barcelona feiert ihr Tor | |
MADRID taz | Es war ein historisches Ereignis am Sonntag im Stadion Wanda | |
Metropolitano in Madrid. 60.739 Zuschauer und vor allem Zuschauerinnen | |
waren gekommen, um das Spitzenspiel im spanischen Frauenfussball zwischen | |
Atlético de Madrid und dem FC Barcelona zu sehen. „Weltrekord in Sachen | |
Besucherzahlen beim Frauenfußball zwischen zwei Vereinsmannschaften“, | |
verkündete der hauptstädtische Klub anschließend stolz. Der | |
Länderspielrekord wurde beim Weltmeisterschaftsfinale 1999 zwischen den USA | |
und China mit mehr als 90.000 Fans im kalifornischen Pasadena erzielt. | |
Der letzte Zuschauerrekord im Frauenvereinsfußball stammte aus dem Jahr | |
1920. Das Spiel zwischen Dick Kerr’s Ladies und Helen’s Ladies im Goodison | |
Park Stadion im britischen Liverpool zog damals 53.000 Menschen an. Der | |
britische Verband verbot dem weiblichen Geschlecht nur ein Jahr später das | |
Spiel. „Ein für Frauen nicht geeigneter Sport“, entschieden die Herren. | |
Auch in Spanien fanden die ersten zaghaften Ansätze des Frauenfußballs bald | |
ein Ende. Bürgerkrieg und Diktatur drängten die Frauen zurück in die | |
klassische Rolle. Erst in den 1970ern entstanden erneut Frauenmannschaften. | |
„Diese Besucherzahl ist brutal“, befand der glückliche Trainer vom FC | |
Barcelona Lluis Cortés. „Ich erinnere mich an Spiele mit 20, 30 Personen, | |
den Familien und praktisch niemandem mehr“, fügt er hinzu. Seine blau-rote | |
Elf gewann 0:2 und rückte damit den Titelverteidigerinnen und | |
Tabellenführerinnen von Atlético de Madrid sieben Spieltage vor Ende der | |
Saison auf drei Punkte nahe. | |
„Es war ein unvergesslicher Tag für uns“, sagt auch Silvia Meseguer, die | |
Starspielerin des unterlegenen Heimteams. Doch ohne Sieg will das alles | |
nicht so recht schmecken: „Du gehst mit einem süss-sauren Eindruck vom | |
Platz“, erklärt die Mittelfeldspielerin. Atlético gewann die letzten beiden | |
Spielzeiten den Meistertitel und einen Pokal. Dieses Jahr würden sie gerne | |
beide Titel mit ins Metropolitano bringen. | |
Der Boom im spanischen Frauenfußball begann 2015, als die nationale Auswahl | |
erstmals an einer Weltmeisterschaft teilnahm. Vor drei Jahren forcierte die | |
Profiliga dann die Vermarktung der Frauenliga. Sie suchten einen Sponsor | |
und fanden ihn mit dem Energieversorger Iberdrola. Das Unternehmen mit Sitz | |
im Baskenland sagte zwei Millionen Euro pro Jahr zu. Die Liga trat an den | |
Fußballverband heran und überzeugte diesen, weitere zwei Millionen zu | |
geben. Die neue „Liga Iberdola“ mit mittlerweile 16 Mannschaften stieß | |
tatsächlich auf Interesse. | |
Die Fernsehrechte wurden verkauft, die großen Sportzeitungen des Landes – | |
die mehr Leser zählen als die normale Presse – begannen ausführlich zu | |
berichten. Vor dem Rekord am Sonntag in Madrid, machte das San Mamés von | |
Athletic Club Bilbao Schlagzeilen. Zum Pokal-Viertelfinale vor wenigen | |
Wochen kamen über 48.000 Besucher. Die TV-Übertragungen der 105 Spiele aus | |
der Frauenliga verzeichnen dieses Jahr im Schnitt 105.000 Zuschauer. Das | |
sind 37 Prozent mehr als vergangene Spielzeit. | |
## Profis mit Nebenjob | |
In einem Land, in dem sich zwischen 2002 und 2017 die Zahl der Mädchen und | |
Frauen im Fußball vervierfacht und in dem Jahr für Jahr am Frauentag | |
Hunderttausende für Gleichberechtigung streiken und auf die Straße gehen, | |
traf die neue Liga den Geist der Zeit. Doch gerade mit der | |
Gleichberechtigung steht es auch in Spanien schlecht im Fußball. Während | |
die Männer sechs- oder gar siebenstellige Summen pro Jahr verdienen, gehen | |
die meisten Frauen mit Gehältern von 300 bis 8.000 Euro pro Monat nach | |
Hause. Wer nicht gerade bei den großen Klubs wie Atlético oder Barça kickt, | |
muss oft nebenher noch jobben. Die Spielergewerkschaft fordert den | |
Mindestlohn von monatlich 735 Euro für die Fußballerinnen. | |
Nach dem Zuschauerrekord träumen nun viele davon, bald schon ein | |
Frauenligaspiel im Camp Nou in Barcelona – mit 99.354 Plätzen das größte in | |
Spanien – statt im kleinen Stadion auszutragen. Nur eines der großen | |
Stadien Spaniens wird wohl auf absehbare Zeit für die Spielerinnen tabu | |
sein, das Santiago Bernabéu von [1][Real Madrid]. Die Königlichen geben | |
sich ganz macho und traditionell. Sie haben noch keine Frauenmannschaft. | |
Allerdings kündigte man vor knapp zwei Jahren an, der Einstieg in den | |
Frauenfußball sei in Planung. | |
18 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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