# taz.de -- Fusion Deutsche Bank und Commerzbank: Zombiebank und Milliardengrab | |
> Deutsche Bank und Commerzbank prüfen eine Fusion. SPD-Finanzminister Olaf | |
> Scholz findet das gut, viele andere überhaupt nicht. | |
Bild: Eine neue Krise sei möglich, sagen einige zu der geplanten Fusion | |
Brüssel Berlin taz, rtr | Am Sonntag verkündeten Deutsche Bank und | |
Commerzbank, [1][dass man eine Fusion prüfe] – und an Tag eins danach ist | |
vor allem eins schwer: jemanden zu finden, der das gut findet. Es hagelt | |
Kritik von allen Seiten. | |
Vor allem die Gewerkschaften sind alarmiert. Verdi-Chef Frank Bsirske | |
warnte in der Stuttgarter Zeitung, dass mindestens 20.000 Arbeitsplätze und | |
mehr „im Feuer stehen“ würden. Ähnlich sieht es Falko Fecht, der eine | |
Stiftungsprofessur für Financial Economics der DZ Bank an der Frankfurt | |
School of Finance and Management innehat. „Letztlich lohnt sich die Fusion | |
nur, wenn Filialen geschlossen und Mitarbeiter entlassen werden. Dass so | |
eine Fusion ausgerechnet ein SPD-Finanzminister fordert, ist schon | |
erstaunlich“, sagte er der taz. | |
Deutsche Bank und Commerzbank hatten am Sonntag den Beginn formeller | |
Fusionsverhandlungen bestätigt. Über diesen Schritt war seit Wochen | |
spekuliert worden, vor allem, seitdem immer klarer wurde, dass | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär Jörg Kukies, | |
der frühere Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs, einen | |
Zusammenschluss der beiden Institute zu einem „nationalen Champion“ | |
befürworten. Die Chefs von Deutscher Bank und Commerzbank, Christian Sewing | |
und Martin Zielke, betonten aber, dass die Gespräche ergebnisoffen seien | |
und keineswegs am Ende eine Fusion stehen muss. | |
Scholz hält den Schritt unter anderem für notwendig, damit die deutsche | |
Exportindustrie in einem zunehmend nationaler werdenden Welthandel nicht | |
von außereuropäischen Banken unabhängig bleibt, wenn sie | |
Milliardeninvestitionen stemmen muss. Fecht hält das nicht für stichhaltig: | |
„Für die Finanzierung des Außenhandels braucht es diese Fusion nicht. | |
Bisher waren die Banken für sich genommen ja auch groß genug.“ | |
## Die gefährlichste Bank der Mensch | |
Sollte das Vorhaben umgesetzt werden, entstünde die mit Abstand größte | |
deutsche Bank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden, anfänglich | |
rund 140.000 Mitarbeitern, 2.400 Filialen in Deutschland, einem Marktanteil | |
von rund 20 Prozent und einer Bilanzsumme von fast 2 Billionen Euro. In | |
Europa wäre das neue Institut nach der britischen HSBC und der | |
französischen BNP Paribas das drittgrößte Institut. | |
Offenbar sehr bewusst spielten Scholz und Kukies ihr Interesse an einer | |
Fusion der beiden Banken seit Monaten an die Öffentlichkeit. Der Bund hat | |
als 15-Prozent-Aktionär der Commerzbank zwar ein gewisses Mitspracherecht | |
bei einer Fusion, mehr aber auch nicht. Allerdings könnte die politische | |
Intervention einen anderen Effekt gehabt haben: eine Art präventiven | |
politischen Schutz gegen Übernahmen der Institute aus dem Ausland – was | |
angesichts des geringen Börsenwertes finanziell für Großbanken etwa aus | |
den USA nicht schwer wäre. | |
„Nach der Intervention von Olaf Scholz haben ausländische Interessenten | |
sicherlich Bedenken, dass ihnen die Politik Steine in den Weg legt“, sagt | |
Fecht. Abgesehen davon wolle die Deutsche Bank ohnehin schlicht niemand | |
übernehmen: zu unprofitabel, mit immer noch enormen Rechtsrisiken aus der | |
Vergangenheit behaftet. | |
Der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold drückt es noch drastischer aus: | |
Schon jetzt sei die Deutsche „die gefährlichste Bank der Welt“, sagte er im | |
Gespräch mit der taz. Die laufenden Ermittlungen wegen Geldwäsche in Europa | |
und verdeckter Finanzierung des Wahlkampfs von Donald Trump in den USA | |
seien eine „Zeitbombe“. | |
## Gefahr einer neuen Krise | |
Sollte es zu einer Fusion mit der Commerzbank kommen, so sei mit einem | |
weiteren Wertverlust der ohnehin schwach kapitalisierten Großbank zu | |
rechnen. Das könne [2][eine neue Bankenkrise] auslösen, warnt Giegold: „Bei | |
dieser Fusion ist zu befürchten, dass sie mit einem großen Scherbenhaufen | |
endet.“ | |
Generell sei es nicht Aufgabe der Politik, „Entwicklungshilfe“ für eine | |
Fusion zu leisten. Statt sich auf eine Ehe mit der Commerzbank festzulegen, | |
solle Scholz über den europäischen Bankenmarkt und mögliche Partner in der | |
EU nachdenken. Giegold kritisiert auch den Versuch, einen „deutschen | |
Champion“ zu bilden. „Die Deutsche Bank war in den letzten 20 Jahren alles, | |
aber nicht sehr deutsch“, sagte er in Anspielung auf das Investmentbanking | |
in London und New York und die Großaktionäre aus dem Ausland. | |
Sehr kritisch sieht Giegold auch die Rolle der deutschen Politik in der | |
Bankenregulierung. „Über Italien herziehen und dann eine Extrawurst | |
fordern, das geht gar nicht.“ Unverständlich sei auch, dass die | |
Bundesregierung international auf niedrige Eigenkapitalquoten für Banken | |
drängt und „Lobbying gegen Schuldengrenzen“ für Banken macht. | |
Im zuständigen Basler Ausschuss der Bank für Internationalen | |
Zahlungsausgleich habe sich Deutschland aber gegen eine bessere Ausstattung | |
von systemrelevanten Banken mit Eigenkapital ausgesprochen. Dahinter | |
verberge sich das Interesse, die schwächelnde Deutsche Bank zu protegieren. | |
## Gute SPD-Tradition | |
Streng genommen handelt Olaf Scholz in guter SPD-Tradition. Peer | |
Steinbrück, der letzte SPD-Finanzminister bis 2009, sprach während der | |
Finanzkrise auch nie davon, Banken zu zerschlagen oder zu verkleinern. Er | |
legte vielmehr die Grundlagen für die Reformen, die bis heute national und | |
international umgesetzt sind: weniger Risiko, mehr Liquidität und eine | |
europäische Bankenaufsicht, globale Regeln und ein Mechanismus, wer was | |
zahlt, sollte eine Bank in Schwierigkeiten geraten. | |
Genau das ist auch umgesetzt. Sollte ein Institut wie die Deutsche Bank | |
heute abgewickelt werden müssen, gäbe es eine genaue Reihenfolge, wie | |
Eigner, Aktionäre und Schuldner der Bank herangezogen werde, bevor der | |
Staat einspringen würde. | |
Dadurch, so sagt Fecht, habe sich auch die Risikokultur der Banken | |
geändert: Die Eigner würden verstärkt darauf achten, dass es nicht mehr zu | |
Exzessen komme, die am Ende ihre Investitionen gefährden würden. „Die | |
Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Totalausfall kommt, ist heute deutlich | |
geringer als vor der Finanzkrise. Ich halte es für eine Augenwischerei, | |
wenn man meint, man könne systemrelevante Institute vermeiden“, ergänzt er. | |
## Zombiebank und Milliardengrab | |
Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, sagte dagegen der | |
Rheinischen Post, durch einen Zusammenschluss der beiden Banken steige | |
alleine schon wegen der Größe eines neuen Instituts das Risiko im | |
Finanzsystem. Die Finanzkrise 2008 habe deutlich gemacht, dass große Banken | |
nicht ohne Weiteres abgewickelt werden können und gegebenenfalls vom Staat | |
gerettet werden müssen. | |
Aus Wettbewerbssicht gab Wambach allerdings Entwarnung: „Einiges deutet | |
darauf hin, dass die Kartellbehörden den Zusammenschluss, gegebenenfalls | |
unter Auflagen, freigeben würden.“ Die Geschäftsfelder von Deutscher Bank | |
und Commerzbank würden sich entweder nur gering überschneiden oder seien | |
spürbarem Wettbewerb ausgesetzt. Und das ändere sich auch mit einer Fusion | |
nicht. | |
Der Grünen-Politiker Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung | |
Finanzwende, warnt vor einer Fusion: „Die Deutsche Bank sollte kleiner, | |
nicht größer werden, sodass sie im Zweifel ohne Schaden für den deutschen | |
Steuerzahler abwickelbar ist“, teilte er mit – und warnte vor einer | |
„Zombiebank, die zu einem Milliardengrab für die Deutschen | |
Steuerzahler*innen führen könnte. | |
18 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Eric Bonse | |
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