# taz.de -- Trauermarsch für Nazi in Chemnitz: Kein Mops und keine Nazis | |
> Nach der Beisetzung des Neonazis Thomas Haller kam es in Chemnitz bis zum | |
> Abend zu keinen Zusammenstößen. Für eine Milieustudie reichte es aber. | |
Bild: Ruhe und Ordnung: Diesmal war die Polizei in Chemnitz präsent | |
CHEMNITZ taz | Die Beisetzung fiel am Montag zahmer aus als befürchtet. Nur | |
etwa tausend Fans und Hooligans begleiteten den Sarg des Neonazis und | |
ehemaligen Sicherheitschefs des Fußballklubs Chemnitzer FC, Thomas Haller, | |
auf den Michaelis-Friedhof. Sie kamen ganz überwiegend aus Chemnitz und | |
Umgebung, wie der sächsische Dialekt verriet. | |
Die Polizei hatte nach Aufrufen im Internet mit einer größeren Zahl von | |
Teilnehmern aus ganz Deutschland gerechnet und war nach Angaben einer | |
Sprecherin mit mehreren Hundertschaften im Einsatz. Eingreifen mussten sie | |
nicht, auch eine Gegendemonstration fand nicht statt. | |
Haller hatte vor etwa 25 Jahren das Bündnis Hooligans-Nazis-Rassisten | |
„HooNaRa“ gegründet, das sich erst 2007 offiziell auflöste. Zu dieser Zeit | |
sicherte seine private Security-Firma noch die Fußballspiele des inzwischen | |
insolventen Viertligisten CFC ab. Im Alter von 55 Jahren verstarb er nun an | |
einer Krebserkrankung. | |
Bundesweites Aufsehen hatte eine [1][kurze offizielle Trauerfeier im | |
Stadion des CFC] beim Spiel am 9. März erregt. Der Klub versuchte sich | |
später davon zu distanzieren. | |
## „Sie juh in Walhalla“ | |
Im Trauerzug herrscht gereizte Stimmung, aber die meisten Teilnehmer | |
verhalten sich still. „Hau ab!“, wird eine Gruppe CFC-Fans laut, als sie | |
nach der Anwesenheit von Leitungspersonal des Vereins gefragt wird. Denn es | |
fällt auf, dass keine Vorstandsmitglieder zu entdecken sind. Einer der | |
Organisatoren beschimpft später Kamerateams als „Leichenfledderer“, weitere | |
Schimpfworte fallen. | |
Vierschrötige primitive Hooligans sind gekommen, einige mit ihren | |
dekorativen Miezen, Typen aus der Bikerszene mit brustlangen | |
Islamistenbärten, durchschnittlich aussehende Fans. Auf der Rückseite ihrer | |
Jacken liest man Inschriften wie die der Band „Hades Lab“, „Dark Forces | |
Germany“, „Division Thor Steinar 1999“ oder „Ostdeutschland lebt“. | |
Auf den Kranzschleifen steht „Kaotic Chemnitz verabschiedet sich“, „Die | |
Heimaterde sei Dir leicht“, „See you in Walhalla“ oder „Dein Tatenruhm … | |
nie vergessen“. Die Schleifen verraten auch die Anwesenheit von | |
Sympathisanten der Terrorgruppe „Oldschool Society“. Pegida-Vizeeinheizer | |
Siegfried Däbritz ist aus Dresden angereist. | |
## Hitlergruß ist was für Linke | |
Biedere Chemnitzer halten sich eher am Rand. „Haller hat Verdienste um | |
Chemnitz, er hat jahrelang für Ordnung und Sicherheit gesorgt“, lobt ein | |
älterer Herr unter Beifall der Umstehenden. Nazis gäbe es doch gar nicht | |
mehr, und nach der tödlichen Messerstecherei Ende August 2018 den | |
Hitlergruß gezeigt hätten nur linke Provokateure. Erstaunlicherweise | |
vermissen diese Chemnitzer eine klare Stellungnahme von Oberbürgermeisterin | |
Barbara Ludwig (SPD). | |
Tatsächlich hatte die Stadt nur darauf verwiesen, dass es sich am Montag um | |
eine private Trauerfeier handele. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael | |
Kretschmer (CDU) hatte dem CFC im Prinzip die Verantwortung für die | |
Aufarbeitung der skandalösen Trauerbekundungen im Stadion zugewiesen. | |
Das hinderte ihn nicht, Mitte der vorigen Woche im Landtag klar Stellung zu | |
beziehen. „Wir müssen diese rechtsextremen Netzwerke zerschlagen“, rief er | |
und wollte nicht zulassen, „dass an dieser Stelle Rechtsextremisten das | |
Kommando übernehmen“. | |
18 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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