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# taz.de -- Buch „Vereinte Nationen gegen Israel“: Der Lieblingsdämon der …
> Noch Zufall oder schon Absicht? Ein gut recherchiertes Buch zeigt die
> groteske Praxis zentraler Institutionen der UNO gegenüber dem Staat
> Israel.
Bild: Arafat wird nur 26 Monate nach dem Attentat auf das israelische Olympiate…
Am Donnerstag wird auf Antrag der FDP-Fraktion im Bundestag eine stärkere
Unterstützung Israels bei Abstimmungen der Vereinten Nationen debattiert.
Der ehemalige israelische Außenminister Abba Eban fasste das Verhältnis
zwischen den Vereinten Nationen und ihren Mitgliedsländern zu Israel einmal
folgendermaßen zusammen: „Wenn Algerien in einem Resolutionsentwurf
erklären würde, dass die Erde eine Scheibe ist und Israel sie dazu gemacht
hat, dann würde diese Resolution mit 164 zu 13 Stimmen bei 26 Enthaltungen
angenommen werden.“
Nach der Lektüre des Buchs „Vereinte Nationen gegen Israel. Wie die UNO den
jüdischen Staat delegitimiert“ des Publizisten Alex Feuerherdt und des
Politikwissenschaftlers Florian Markl, in dem dieses Verhältnis ausführlich
analysiert wird, kann man durchaus zu diesem Schluss kommen. Denn
tatsächlich fanden in den Gremien der Vereinten Nationen bereits Anträge
eine Mehrheit, die ähnlich absurde Positionen gegenüber Israel einnehmen.
So wurde beispielsweise im Oktober 2016 in der UN-Bildungs- und
Kulturorganisation Unesco eine Resolution verabschiedet, die den jüdischen
Bezug zum Tempelberg ignoriert. Diese für Juden und Muslime heilige Stätte
wird in der Resolution lediglich mit dem arabischen Namen genannt, ähnlich
wie auch die Klagemauer. Nur Sprache, könnte man meinen. Doch der Status
Jerusalems ist bekanntlich höchst umstritten, durch die Verneinung der
jüdischen Geschichte in Jerusalem wird der Beschluss zu einer klaren
Parteinahme gegen Israel.
Ähnliches geschah ein halbes Jahr zuvor, als Israel von der Unesco für das
angebliche „Platzieren gefälschter jüdischer Gräber“ auf muslimischen
Friedhöfen verurteilt wurde. In den neunziger Jahren boykottierte der
damalige Unesco-Generalsekretär Federico Mayor sogar jegliche Gespräche mit
israelischen Offiziellen.
## Israel als gemeinsamer Feind
Doch die Unesco ist bei weitem nicht die einzige Unterorganisation der
Vereinten Nationen, die sich an einer Dämonisierung Israels beteiligt. Dies
weisen Feuerherdt und Markl mit zahlreichen Originalquellen der letzten
Jahrzehnte nach. Ihre These: Es gehe nicht um die Verirrungen einzelner
Vertreter oder Mitgliedsländer, sondern um einen Kurs, der „von zentralen
Institutionen der Vereinten Nationen wie der Generalversammlung und dem
Sekretariat genauso verfolgt wird wie von den unzähligen Unter- und
Sonderorganisationen, die sich unter dem Schirm der UN obsessiv an der
Delegitimierung Israels beteiligen“.
[1][Eine zentrale Rolle spielt dabei der UN-Menschenrechtsrat,] der sich
nach Ansicht der Autoren zu einer Propagandaveranstaltung gegen Israel
entwickelt habe. Der Menschenrechtsrat besteht nicht aus
Menschenrechtsexperten, sondern aus Vertretern der UN-Mitgliedstaaten.
Nicht nur Länder, in denen Menschenrechte garantiert werden, sind dort
vertreten, sondern auch solche, in denen diese von staatlicher Seite brutal
missachtet werden. Im Jahr 2003 wurde der Diktatur Libyen sogar der Vorsitz
der Kommission zugesprochen.
Beim Nachfolger sollte alles besser werden. Doch noch immer decken sich
Autokratien, Despotien und Diktaturen gegenseitig und scheinen sich
tatsächlich auf Israel als gemeinsamen Feind zu fokussieren. So wurde seit
der Gründung im Jahr 2006 bis Mitte 2015 in länderspezifischen Resolutionen
62 Mal Israel verurteilt, während alle anderen Staaten der Welt insgesamt
55 Mal verurteilt wurden. Israel, der mit Abstand schlimmste
Menschenrechtsverletzer der Welt? Quasi das Böse schlechthin in dieser
Welt? Das ist grotesk.
Noch grotesker ist, dass dieses Ungleichgewicht in der festen Tagesordnung
der Ratsversammlung festgeschrieben ist. Bei jedem Treffen sieht Punkt 7
verpflichtend die Beschäftigung mit der „menschenrechtlichen Situation in
Palästina“ vor. Dabei geht es allerdings nie um die Hamas oder die
Palästinensische Autonomiebehörde, die die palästinensische Bevölkerung im
Gazastreifen und im Westjordanland massiv entrechtet, unterdrückt, mit
antisemitischer Propaganda indoktriniert oder als menschliche Schutzschilde
missbraucht. Es geht immer nur um vermeintliche oder tatsächliche
Handlungen des jüdischen Staats, die dort verurteilt werden.
## Weit verbreitete Mythen
Ähnlich sieht es in der UN-Frauenrechtskommission aus, die einmal im Jahr
zusammentritt und für universelle Rechte der Frauen eintreten soll. Hier
gilt Israel offenbar allen Ernstes als weltweit größter
Frauenrechtsverletzer. Als einziger Staat wurde Israel im Jahr 2015
verurteilt, nur die USA und Israel selbst stimmten dagegen, die Mitglieder
der EU enthielten sich.
Die UNO ist allerdings nicht seit ihrer Gründung mit einer
unverhältnismäßigen Verurteilung Israels beschäftigt. Nach dem Beschluss
von 1947, das britische Mandatsgebiet Palästina in einen jüdischen und
einen arabischen Teil aufzuteilen, war das Verhältnis bis Anfang der
siebziger Jahre noch relativ ausgewogen. Ab diesem Zeitpunkt konstatieren
Feuerherdt und Markl eine scharfe antiisraelische Wende.
Diese wird in der Studie auf drei Entwicklungen zurückgeführt: erstens auf
die Entstehung neuer Staaten, zweitens auf den Einsatz von Ölembargos der
arabischen Opec-Staaten gegen die Länder, die als Unterstützer Israels
betrachtet wurden, und drittens auf den Aufstieg der Palästinensischen
Befreiungsorganisation zu einem international anerkannten Akteur. So lagen
zwischen [2][dem Attentat auf das israelische Olympiateam in München] und
der umjubelten Rede Jassir Arafats vor der UN-Vollversammlung im November
1974 gerade einmal 26 Monate. Spätestens dann begann der Aufbau der
antiisraelischen Infrastruktur in den UN-Organisationen.
All dies schreiben die Autoren gut recherchiert, quellengestützt und
spannend auf. Der erste Teil, eine Analyse der historischen Entwicklung hin
zur antiisraelischen Wende, hätte dabei an einigen Stellen etwas knapper
ausfallen können. Angesichts der zahlreichen und weit verbreiteten Mythen
über die Entstehungsgeschichte Israels, die in diesem Buch entkräftet
werden, ist er dennoch extrem wichtig. Am Beispiel des
Flüchtlingshilfswerks UNRWA, das einzig und allein für die
palästinensischen Flüchtlinge zuständig ist, während das UNHCR sich um alle
anderen Flüchtlinge auf der Welt kümmern muss, gelingt es den Autoren
besonders gut herauszustellen, dass der problematische Umgang der Vereinten
Nationen mit Israel tief in die UN-Strukturen eingewoben ist.
Die Autoren zeigen, dass zahlreiche Mitarbeiter der riesigen UNRWA der
islamistischen Hamas nahestehen und Bildungseinrichtungen des Hilfswerks
teilweise islamistische und antisemitische Propaganda verbreiten, sogar in
Schulbüchern. Die Stärke des Buches besteht auch darin, bereits bekannte
Fälle zusammenzuführen und zu kontextualisieren. So wird es möglich, das
komplexe Thema nahezu in seiner Gesamtheit zu erfassen.
13 Mar 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Frederik Schindler
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