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# taz.de -- Bald Defizit in Pekings Leistungsbilanz: China wird Importweltmeist…
> China sei die Werkbank der Welt, heißt es oft. Doch die Rolle Pekings in
> der Weltwirtschaft ändert sich gerade fundamental.
Bild: Import-Export-Messe in China von 2011: Die Konsumlust im Land steigt und …
Das Ungleichgewicht beim Handel zwischen China und den USA dominiert
derzeit die Schlagzeilen. Trotz des Handelskriegs ist Chinas
Handelsüberschuss mit den USA letztes Jahr sogar noch gestiegen – um 17
Prozent auf 323 Milliarden Dollar, wie Zahlen von Chinas Zollbehörde
zeigen. Kaum bekannt ist hingegen die Entwicklung von Chinas
Leistungsbilanz mit der ganzen Welt.
Diese umfasst den Handel mit Gütern und Dienstleistungen, Überweisungen von
Immigranten in ihre Heimatländer sowie Zins- und Dividendeneinnahmen. Hier
hat China im Jahr 2007 einen Überschuss in Höhe von zehn Prozent des
Bruttoinlandsprodukts erzielt. Doch seither sinkt dieser Wert
kontinuierlich und lag letztes Jahr noch bei 0,4 Prozent. Der deutsche
Überschuss betrug letztes Jahr 7,4 Prozent der eigenen Wirtschaftsleistung.
Für dieses Jahr erwarten Analysten, dass China zum ersten Mal seit 1993
wieder ein Defizit in der Leistungsbilanz ausweisen muss, das dann von Jahr
zu Jahr größer wird. James Lord von der US-Investmentbank Morgan Stanley
geht von einem Defizit in Höhe von 50 Milliarden Dollar im Jahr 2019 aus,
in zwölf Jahren könnte es auf 430 Milliarden steigen. „Von jetzt an reichen
Chinas einheimische Ressourcen nicht mehr aus, um das gewünschte Wachstum
zu finanzieren“, schreibt Lord. Schuld daran ist vor allem die Reiselust
der Chinesen.
Diese haben im vergangenen Jahr 131 Millionen Reisen ins Ausland
unternommen und dabei 250 Milliarden Dollar ausgegeben, wie die
Unternehmensberatung McKinsey schreibt. Aber auch der Konsum im Inland
steigt – und somit der Import von Gütern. Das hat nicht zuletzt
demografische Gründe: „Die alternde Bevölkerung wird mehr konsumieren und
weniger sparen“, schreibt Lord. Schließlich verzeichnet China auch ein
Defizit bei den Vermögenseinkommen: Mehr Geld fließt in Form von Zinsen und
Dividenden aus China raus als rein.
## China muss sich weiter öffnen
Wer mehr Geld ausgibt als er einnimmt hat zwei Möglichkeiten: Entweder er
verkauft Vermögenswerte oder er leiht sich Geld. Vermögenswerte hat China
derzeit noch genug. Die Währungsreserven belaufen sich auf mehr als 3.000
Milliarden Dollar. China wird sich aber auch mehr Geld leihen.
„Kapitalzuflüsse, insbesondere in den Markt für Anleihen, werden
entscheidend für Chinas Zahlungsbilanz sein“, sagt Becky Liu von der
US-Bank Standard Chartered gegenüber der Zeitung South China Morning Post
in Hong Kong.
Zuflüsse gibt es aber nur, wenn Anleger ihr Geld auch in China anlegen
wollen. Das hat Folgen sagt Chen Dong von der Schweizer Privatbank Pictet:
„Man muss China attraktiv für ausländische Investoren machen und das ist
warum man Barrieren abbauen muss, um eine ausländische Beteiligung zu
ermöglichen.“ Kurz: China muss sich weiter öffnen, wenn es auf fremdes Geld
angewiesen ist.
Für den Rest der Welt hat ein chinesisches Defizit in der Leistungsbilanz
unterschiedliche Konsequenzen. Zum einen tritt China plötzlich als
Nachfrager von Kapital in Konkurrenz zu anderen Ländern, die ebenfalls eine
Defizit in der Leistungsbilanz haben etwa die USA oder einige
Schwellenländer. Dies macht Kapital tendenziell wertvoller und sollte
letztlich zu steigenden Zinsen führen.
Zum anderen profitieren natürlich auch manche Länder von den steigenden
chinesischen Importen und chinesischen Touristen. „Wenn Chinas
Kapitalbedarf steigt, muss er parallel im Rest der Welt sinken“, schreibt
Lord. „Das muss nicht schlecht enden für andere Defizitländer, aber der
Prozess könnte für manche holpriger sein. Es kommt darauf an, welche Länder
von den höheren Importen Chinas profitieren.“
26 Feb 2019
## AUTOREN
Christian Mihatsch
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