# taz.de -- Antisemitismus-Vorwürfe gegen Preisträger: Streit um Göttinger F… | |
> Nach der Jury-Entscheidung, den Preis an den Verein „Jüdische Stimme für | |
> gerechten Frieden in Nahost“ zu vergeben, ziehen sich Stadt, Uni und | |
> Sparkasse zurück. | |
Bild: Stand letztes Jahr noch für die Feierlichkeiten zur Verfügung: Die Aula… | |
GÖTTINGEN taz | Die Vergabe des diesjährigen Göttinger Friedenspreises an | |
den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wird von | |
Antisemitismus-Vorwürfen gegen den Preisträger überschattet. Universität, | |
Stadt und Sparkasse Göttingen haben nun ihre Unterstützung zurückgezogen. | |
Die „Jüdische Stimme“ und zahlreiche Unterstützer sprechen von einer | |
Rufmord-Kampagne. | |
Die Uni teilte mit, die für den 9. März angekündigte Verleihungsfeier könne | |
nicht wie in den vergangenen Jahren in ihren Räumen stattfinden – wegen der | |
anhaltenden Kontroverse um den Preisträger, „bei der sich die Universität | |
keiner der kontrovers geäußerten Meinungen anschließen kann“. Die Stadt | |
will kein Grußwort beisteuern, die Sparkasse beendet ihr Sponsoring. | |
Der Vorsitzende des Preisjury, taz-Korrespondent Andreas Zumach, wertet den | |
Rückzug als „feige und unehrlich begründet“. Universität, Stadt und | |
Sparkasse hätten dem „Druck von Falschbehauptungen, Verleumdungen und | |
Rufmord“ gegen die „Jüdische Stimme“ nachgegeben und diese höher bewert… | |
als sämtliche kontroversen Meinungen und Argumente. | |
Zunächst hatten der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie FDP-Politiker | |
den Verein „Jüdische Stimme“ als antisemitisch kritisiert. Er sei „ein | |
aktiver Unterstützer von Veranstaltungen der gegen Israel gerichteten | |
Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen)“. Die | |
BDS-Kampagne rufe zum Boykott israelischer Künstler, Wissenschaftler oder | |
Unternehmer auf. | |
## Unterstützung für die Jury | |
Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung Felix Klein hält | |
die Vergabe des Preises an die „umstrittene Organisation für völlig | |
verfehlt“. Mit seiner Unterstützung der „israelfeindlichen“ BDS-Bewegung | |
erweise der Verein dem berechtigten Anliegen der Palästinenser einen | |
„Bärendienst“. | |
Zumach hatte die Vorwürfe bereits in der vergangenen Woche zurückgewiesen. | |
Die „Jüdische Stimme“ werde für ihr Engagement geehrt, eine gerechte | |
Friedenslösung zwischen zwei souveränen Nachbarstaaten anstreben und | |
erreichen zu können. Der Verein wolle darauf hinwirken, dass sich die | |
Bundesregierung für einen Staat Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet | |
und innerhalb sicherer Grenzen einsetze. Eine angebliche oder tatsächliche | |
Nähe von „Jüdische Stimme“ und BDS-Kampagne habe für die Entscheidung der | |
Jury keine Rolle gespielt. | |
Inzwischen haben mehr als 100 Persönlichkeiten und Organisationen aus dem | |
In- und Ausland die Position der Jury unterstützt. Die Bremer Professorin | |
Eva Senghaas-Knobloch nannte es „erschreckend“, wenn Kritik an israelischer | |
Regierungspolitik „durch Falschmeldungen desavouiert“ werde. | |
## Unterstützung für Jury-Entscheidung | |
Der Philosophie-Professor Brian Klug aus Oxford schrieb an die Stadt und | |
die Uni Göttingen: „Trotz ihrer besten Absichten werden Sie nicht die Sache | |
des Kampfs gegen Antisemitismus befördern. Sie werden vielmehr eine | |
jüdische Gruppe in Deutschland dafür bestrafen, dass sie ihr legitimes | |
Recht auf freie Meinungsäußerung ausübt.“ Auch der Vorstand der | |
katholischen Friedensbewegung Pax Christi unterstützt die Vergabe des | |
Preises an die „Jüdische Stimme“. | |
Die Stiftung Dr. Roland Röhl, die den Preis seit 1999 verleiht, hält | |
ungeachtet des Rückzugs von Stadt, Universität und Sparkasse an der | |
Verleihung des Friedenspreises an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten | |
Frieden in Nahost“ fest. „Unserer Jury sind bisher keine Vorwürfe bekannt | |
geworden, die nicht auch schon bei der Wahlentscheidung berücksichtigt | |
wurden“, sagte der Stiftungsvorsitzende Hans-Jörg Röhl am Donnerstag. Es | |
sei inzwischen dokumentiert, dass diese Vorwürfe „überzeugend entkräftet“ | |
werden konnten. | |
Gleichzeitig bot Röhl an, Kritiker und Befürworter des Preisträgers | |
miteinander ins Gespräch zu bringen. Die Stiftung sei bereit, an der | |
Organisation eines Austauschs „gerne auch im zeitlichen Umfeld der | |
Preisverleihung“ mitzuwirken. (mit epd) | |
21 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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