# taz.de -- Journalismus-Museum in Washington: Kein Platz für das Newseum | |
> Das Newseum in Washington setzt Journalismus ein Denkmal. Aus | |
> finanziellen Gründen muss es Ende des Jahres schließen. | |
Bild: An der Wand des Newseum sind Bilder von Journalist*innen zu sehen, die in… | |
NEW YORK taz | In den Zeiten eines Präsidenten, der gegen die Medien hetzt, | |
der JournalistInnen als „Volksfeinde“ beschimpft und dessen [1][Fans bei | |
Meetings auch schon mal einen Kameramann tätlich angreifen], kann es nicht | |
schaden, wenn eine prominente Institution die Gegenposition einnimmt. Genau | |
das wollte das Newseum tun. | |
Zehn Jahre lang hat es im Zentrum der US-amerikanischen Hauptstadt | |
Washington die Meinungsfreiheit und den Journalismus gefeiert. Doch nun | |
gibt es seinen siebenstöckigen Bau aus Glas und Stahl auf. Die | |
Trägerstiftung Freedom Forum will die laufenden Kosten und die steigenden | |
Schulden nicht länger tragen. Sie hat ihre Immobilie für 372,5 Millionen | |
Dollar an die private Eliteuniversität Johns Hopkins verkauft und schließt | |
zum Ende des Jahres. Einen neuen Platz hat das Museum bislang nicht. Doch | |
die Stiftung will die Arbeit digital fortsetzen. | |
Der Standort 555 Pennsylvania Avenue war ein stolzes Statement. Das Museum | |
liegt auf halber Strecke zwischen den beiden politischen Machtzentren der | |
USA: Kapitol und Weißes Haus; in unmittelbarer Nachbarschaft zum | |
Kunstmuseum National Gallery, dem Hauptsitz des FBI und dem 5-Sterne-Hotel, | |
das Trump kurz vor seiner Wahl eröffnet hat. Jede Inauguration-Parade und | |
jede Großdemonstration führt am Newseum vorbei. In die Fassade des Newseum | |
sind die 45 Worte des ersten Verfassungszusatzes gemeißelt, das seit dem | |
Jahr 1791 die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den Vereinigten Staaten | |
sichert. Auf Augenhöhe werden täglich entlang des Bürgersteigs mehrere | |
Dutzend aktuelle Titelseiten von Tageszeitungen in Vitrinen gezeigt. | |
Mit dem Newseum haben JournalistInnen sich selbst und der Verfassung ihres | |
Landes ein Denkmal gesetzt. In dem glänzenden Inneren beschreiben sie auf | |
sieben Etagen den Einfluss, den sie auf den Gang der Geschichte hatten – | |
von der schwarzen Bürgerrechtsbewegung über den Fall der Berliner Mauer bis | |
hin zu den Attentaten vom 11. September 2001. Im Newseum sind | |
JournalistInnen Stars und HeldInnen. Und manche sind Märtyrer. Es gibt ein | |
TV-Studio zum Anfassen, interaktive Tafeln und ein Denkmal für | |
JournalistInnen, die in Ausübung ihres Berufs umgekommen sind. | |
## Kein Ausweg in Sicht | |
Das Newseum existierte schon seit 1997 in einem bescheideneren Bau in dem | |
Washingtoner Vorort Arlington. Seine finanziellen Probleme begannen mit dem | |
Bau an der Prachtavenue. Der Umzug im April 2008 fiel in die schwerste | |
Finanzkrise seit der Depression. Erschwerend kam hinzu, dass das Newseum | |
von Anfang an die höchsten Eintrittspreise in der Stadt erhob. Heute liegen | |
sie bei über 25 Dollar, was selbst manche ReporterInnen aus der tiefen | |
Provinz vom Besuch abhält. Wie die meisten HauptstadtbesucherInnen gehen | |
sie stattdessen in eines der 17 gut ausgestatteten Museen der Smithonian | |
Stiftung, bei denen der Eintritt gratis ist. | |
Dennoch fanden alljährlich rund 800.000 BesucherInnen den Weg ins Newseum. | |
Sie tauchten für ein paar Stunden in eine glitzernde Welt ein, in deren | |
Zentren die Stars der großen Kabelsender stehen, von denen viele zugleich | |
Sponsoren sind. Aber die Eintrittsgelder reichten nie, um die laufenden | |
Kosten zu decken. Das Newseum lebte kontinuierlich über seine Verhältnisse. | |
Im Jahr 2017, kurz nachdem Trump ins Weiße Haus eingezogen war, begann die | |
Stiftung Freedom Forum mit der Suche nach Auswegen. „Es war eine | |
schwierige, aber verantwortliche Entscheidung“, begründete die Chefin der | |
Stiftung, Jan Neuharth, nach dem Immobiliendeal. Sie hat die Stiftung von | |
ihrem Vater, Al Neuharth, dem Gründer und langjährigen Chef von USA Today | |
übernommen. | |
Ab Januar will die Johns Hopkins Universität von der Pennsylvania Avenue im | |
Zentrum Washingtons Präsenz zeigen. Die Studiengebühren an Johns Hopkins | |
liegen mit gegenwärtig 52.000 Dollar pro Jahr zwar in der Spitzengruppe, | |
doch das hätte nicht gereicht, um die Immobilie zu erwerben. Die | |
Universität aus Baltimore konnte sich den Deal unter anderem dank der | |
Spenden eines ehemaligen Studenten leisten. Michael Bloomberg hat seiner | |
Universität im Laufe der Jahre 3,3 Milliarden Dollar gespendet. In welcher | |
Höhe er sich an dem Kauf der Newseum-Immobilie beteiligt hat, ist nicht | |
öffentlich. Bekannt aber ist, dass der milliardenschwere Unternehmer und | |
ehemalige New Yorker Bürgermeister schon lange mit einer Kandidatur für das | |
Weiße Haus liebäugelt. | |
4 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Sicherheit-von-Journalisten-in-den-USA/!5573065 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Journalismus | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Donald Trump | |
Medien | |
Zeitungssterben | |
Schwerpunkt 9/11 | |
Satire | |
DuMont Mediengruppe | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Heribert Prantl verlässt die SZ: Haters gonna hate | |
Heribert Prantl hört als Meinungschef und Mitglied der Chefredaktion bei | |
der „Süddeutschen Zeitung“ auf. So könnten seine Abschiedsworte lauten. | |
Der Aufstieg und Fall von DuMont: Ein Verlag im letzten Akt | |
DuMont ist an der digitalen Zeitungswende gescheitert. Das traditionsreiche | |
Verlagshaus hat in den vergangenen Jahren nicht alles falsch gemacht. | |
Kolumne Flimmern und Rauschen: Der Stellenwert des Journalismus | |
Vielen Medienhäuser ist die Bedeutung ihrer Produkte egal. Es geht ihnen | |
nur darum, noch für ein paar Jahre die Umsatzrendite hoch zu halten. |