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# taz.de -- Antisemitismus in Frankreich: Mit Hakenkreuzen besudelt
> Unbekannte schänden einen jüdischen Friedhof im Elsass. Die Sozialisten
> rufen zu landesweitem Protest gegen Antisemitismus auf.
Bild: Hit Hakenkreuzen bschmierte Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Qua…
Paris taz | Auf dem jüdischen Friedhof von Quatzenheim, im Nordwesten von
Straßburg im Elsass, sind achtzig Gräber entweder umgeworfen oder mit
Hakenkreuzen besudelt worden. Diese neuerliche Friedhofsschändung wurde am
Dienstagvormittag entdeckt. Die französische Polizei hat Ermittlungen
eingeleitet.
Der elsässische Abgeordnete Sylvain Waserman fasst die allgemeine Empörung
über diese antisemitische Tat zusammen: „Worte allein genügen nicht mehr,
auch wenn sie notwendig sind, um unseren Ekel, unsere Wut und Revolte über
diesen schrecklichen Antisemitismus auszusprechen, gegen den wir heute
Abend zahlreich demonstrieren werden.“
Für Dienstagabend waren auf Initiative der Sozialisten in vielen Städten
und vor allem in der Hauptstadt Paris bereits zahlreiche Kundgebungen gegen
Antisemitismus unter dem Motto „Ça suffit!“ („Jetzt reicht’s!“) ange…
Einen zusätzlichen aktuellen Anlass hätte diese Mobilisierung gegen den
Judenhass in allen Formen bestimmt nicht benötigt. Hingegen kann diese
unerhörte Provokation im Elsass die Entschlossenheit aller Antirassisten,
die im Antisemitismus eine Negation aller Grundwerte der französischen
Republik sehen, nur bestärken.
## Zahl der Übergriffe steigt
Frankreich hat ein ernstes Problem mit seinen Antisemiten. 2018 hat die
Zahl antisemitischer Übergriffe um 74 Prozent zugenommen. Vor wenigen Tagen
wurden in Paris zwei Porträts der ehemaligen Ministerin und KZ-Überlebenden
Simone Veil mit Hakenkreuzen übermalt. In einem Pariser Vorort wurde die
Gedenkstätte für Ilan Halimi, der 2006 von einer antisemitischen Bande zu
Tode gefoltert worden war, von Unbekannten verwüstet.
Am vergangenen Samstag wurde der jüdische Philosoph Alain Finkielkraut am
Rande einer Demonstration der Gilets jaunes als „Scheißzionist“ und
„Rassist“ beschimpft und bedroht. Ein Angreifer wurde nach Angaben des
Innenministeriums identifiziert. Er soll aufgrund seiner Kontakte zu
radikal-islamistischen Kreisen der Polizei bekannt sein.
Doch der Antisemitismus hat in Frankreich viele Gesichter. Die vom
Antizionismus, dem Nahostkonflikt und der Solidarität mit den
Palästinensern abgeleiteten Ressentiments sind nur eine Variante. Auch in
der „identitären“ extremen Rechten ist er stark verbreitet. Die sozialen
Netzwerke stellen diesen Kreisen neue Instrumente zur Verfügung, um mit
absurden Verschwörungstheorien ein breites Publikum zu erreichen.
Frankreich hat Gesetze, die es erlauben Anstiftung zu Rassenhass, die
Verharmlosung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie den Holocaust
oder die Leugnung der Gaskammern strafrechtlich zu verfolgen.
## Hitzige Debatten
Doch das reicht wohl nicht. Derzeit wird in der Nationalversammlung über
eine Ausweitung der Strafrechtsbestimmungen diskutiert. Abgeordnete der
Regierungspartei En Marche (LREM) möchten antizionistische Drohungen wie
explizit antisemitische zum Delikt erklären, wenn damit Israels
Existenzrecht grundsätzlich geleugnet wird. Da dies heikle Fragen zu den
Grenzen der politischen Meinungsfreiheit aufwirft und zweifellos hitzige
Debatten verspricht, ist die Regierung vorerst eher gegen diese Vorschläge.
Einig sind sich heute jedoch (fast) alle politischen Parteien, um gemeinsam
dem Antisemitismus die Stirn zu bieten. Auf Initiative des Parti Socialiste
haben sämtliche im Parlament vertretene Fraktionen und auch viele kleine
Parteien einen Aufruf zu einer einheitlichen Kundgebung auf dem
République-Platz in Paris am Dienstagabend unterzeichnet. Nur die
Le-Pen-Partei „Rassemblement national“ (Ex-FN), die in dieser Initiative
einen Versuch der politischen „Instrumentalisierung“ sieht, steht abseits.
19 Feb 2019
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
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Antisemitismus
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