# taz.de -- Kommentar AKK und Flüchtlingspolitik: Madame Gnadenlos | |
> Unter der neuen Chefin rückt die CDU nach rechts. Dass die Partei das | |
> Thema Grenzschließungen forciert, ist nur noch tiefenpsychologisch zu | |
> erklären. | |
Bild: Warum veranstaltet sie dieses Theater überhaupt? | |
Die neue CDU-Vorsitzende wischt in der Flüchtlingspolitik mit einem Satz | |
weg, was Angela Merkel jahrelang verteidigt hat. Wenn es wieder zu einem | |
Flüchtlingsandrang wie 2015 käme, hielte sie es für richtig, die deutsche | |
Grenze dicht zu machen. „Wir haben gesagt, als Ultima Ratio wäre das | |
durchaus auch denkbar“, sagte Annegret Kramp-Karrenbauer am Montagabend in | |
den Tagesthemen. | |
Unter Kramp-Karrenbauer, seit Dezember im Amt, rückt die CDU in der | |
Flüchtlingspolitik also noch weiter nach rechts, das ist nach dem | |
[1][zweitägigen „Werkstattgespräch“ der Partei] deutlich geworden. Die | |
Frau, die das strategische Kunststück versucht, sich von Merkel abzusetzen, | |
ohne einen Bruch zu vollziehen, übernimmt an einem entscheidenden Punkt die | |
Position [2][der CSU]. Kramp-Karrenbauer präsentiert sich als Madame | |
Gnadenlos, hoffend, damit im Jahr 2019 noch das Bauchgefühl der Deutschen | |
zu treffen. | |
Zur Erinnerung: Erst im Sommer vergangenen Jahres trieb der damalige | |
CSU-Chef Horst Seehofer die große Koalition mit der Forderung in eine | |
Krise, Geflüchtete, die aus anderen EU-Staaten einreisen, an der Grenze | |
zurückzuweisen. Merkel blieb in der Sache hart und setzte sich durch, | |
Seehofer musste mit einem Minimalkompromiss zurück nach München reisen. Sie | |
hatte recht. | |
Die Argumente von damals sind nicht falscher geworden. Nationale Maßnahmen | |
greifen angesichts einer globalen Herausforderung zu kurz. Und, das vor | |
allem: Wendete sich die größte Volkswirtschaft der EU von Schengen ab, also | |
vom Verzicht auf Grenzkontrollen in der EU, wäre der symbolische Schaden | |
immens. | |
## Szenarien tausendfach durchgespielt | |
Überhaupt fragt man sich ja, warum die CDU [3][dieses Theater] noch | |
veranstaltet. Angesichts der geringen Flüchtlingszahlen ist es nur noch | |
tiefenpsychologisch zu erklären, dass sie erneut die leidigen | |
Grenzschließungen hochzieht. | |
Dabei taugt Kramp-Karrenbauers Kurswechsel noch nicht mal als | |
Traumabewältigung für die Vergangenheit. Merkels humane Geste von damals | |
als Fehler zu bezeichnen, das traut man sich in der CDU dann doch nicht. | |
Und was wäre passiert, wenn die Kanzlerin 2015 die offenen Grenzen | |
geschlossen hätte? | |
Hätten deutsche Beamte Familien mit Wasserwerfern nach Österreich | |
zurücktreiben sollen? Wie lässt sich eine hunderte Kilometer lange grüne | |
Grenze rigide und dauerhaft sichern – mit Zaun und Stacheldraht, errichtet | |
von der Ostdeutschen im Kanzleramt? Die fürchterlichen Szenarien wurden ja | |
tausendfach durchgespielt. | |
Grenzschließungen produzieren unmenschliche Dilemmata, das ist nicht nur im | |
Mittelmeer zu besichtigen, sondern überall auf der Welt. Kramp-Karrenbauer | |
übergeht sie, wenn sie euphemistisch von einem „intelligenten Grenzregime“ | |
spricht. Überhaupt ist die Sprache der CDU kalt und technisch, wenn es um | |
Menschen geht, die vor Krieg oder großer Not fliehen. Da soll ein | |
„Frühwarnsystem“ her oder ein „Migrations-Monitoring“, als gehe es um | |
drohende Naturkatastrophen, nicht um verzweifelte Geflüchtete. | |
Die Union müsse in der Migrationspolitik „Humanität und Härte“ vereinen, | |
fordert Kramp-Karrenbauer. Wo ist eigentlich die Humanität geblieben? | |
12 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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