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# taz.de -- Kommentar Kirchliches Arbeitsrecht: Nicht jenseits des Gesetzes
> Die Kirche darf von ihren Beschäftigten keine Loyalität einfordern. Das
> Urteil des Bundesarbeitsgerichts schränkt die kirchliche Macht nicht
> wirklich ein.
Bild: Beschäftigte, die anders leben wollen, als es den Kirchenoberen gefällt…
Der Prozess hat rund zehn Jahre gedauert. Deshalb ist das Urteil des
Bundesarbeitsgerichts (BAG) aber noch lange kein Grundsatzurteil. Dass ein
katholischer Chefarzt, der ein zweites Mal geheiratet hat, nicht gekündigt
werden durfte, weist das [1][kirchliche Arbeitsrecht] nicht generell in die
Schranken. Hier ging es vielmehr nur um seine konkrete Tätigkeit. Und es
ging um ein Krankenhaus, an dem katholische ÄrztInnen anders behandelt
wurden als evangelische oder konfessionslose KollegInnen.
Das eigentliche Grundsatzurteil ist schon im vergangenen September beim
Europäischen Gerichtshof gefallen. Der hat das EU-Antidiskriminierungsrecht
so ausgelegt, dass Kirchen von ihren katholischen Beschäftigten nur dann
spezielle private Loyalitätsverpflichtungen verlangen dürfen, wenn dies für
die konkrete Tätigkeit „wesentlich“ ist. Das Bundesarbeitsgericht hat diese
Vorgabe nun lediglich auf einen konkreten Fall angewandt.
Was für MitarbeiterInnen katholischer Kindergärten und Eheberatungsstellen
gilt, muss in neuen Fällen erst noch entschieden werden. Praktisch relevant
sind vor allem zwei Vorgaben der katholischen Kirche: das Verbot einer
erneuten Heirat nach einer Scheidung und das [2][Verbot einer homosexuellen
Ehe].
Die neue Rechtsprechung ist aber nicht nur für alte Fälle von Belang. Zwar
hat die katholische Kirche ihre „Grundordnung“ für kirchliche
Arbeitsverhältnisse [3][2015 reformiert]. Heute kommt es darauf an, ob die
Wiederheirat geeignet ist, ein „erhebliches Ärgernis“ zu erzeugen. Wer sich
nicht exponiert, hat also in der Regel nichts mehr zu befürchten. Völlig
verschwunden ist der Konflikt aber nicht. Beschäftigte, die anders leben
wollen, als es den Kirchenoberen gefällt, leben immer noch in Unsicherheit,
müssen sich verstecken.
Im Konfliktfall können Arbeitsgerichte künftig helfen – wenn es der Kirche
nicht gelingt zu zeigen, warum konkrete Anforderungen für einen konkreten
Beruf erforderlich sind. Die Kirche ist damit immer noch ein besonderer
Arbeitgeber, aber sie steht endlich nicht mehr über dem Gesetz. Diese
Entwicklung ist auch nicht mehr aufzuhalten. Auch die Kirchenmitgliedschaft
kann von kirchlich Beschäftigten nur noch verlangt werden, wenn sie für
einen bestimmten Posten „erforderlich“ ist, so jüngst der EuGH. Die Kirche
muss lernen zu argumentieren. Die Berufung auf Gott reicht nicht mehr aus.
20 Feb 2019
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## AUTOREN
Christian Rath
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Arbeitsrecht
Bundesarbeitsgericht
Urteil
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