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# taz.de -- Rechtsextreme pro-russische Netzwerke: Brandstifter und Biedermänn…
> In der Ukraine wird Anfang 2018 ein Anschlag verübt. Die Spur führt zu
> einem rechtsextremen deutschen Publizisten und Ex-AfD-Mitarbeiter.
Bild: Nach dem Anschlag: das ungarische Kulturinstitut in der Ukraine
Berlin/Krakau/Ushgorod taz | Der Videoausschnitt ist kurz, nicht einmal
eine Minute lang. Überwachungskameras haben ihn um 4.24 Uhr in der Nacht
auf den 4. Februar 2018 in Ushgorod, im äußersten Westen der Ukraine
gelegen, aufgenommen. In einem lachsfarbenen Einfamilienhaus liegt das Büro
der „Transkarpatischen Gesellschaft für Ungarische Kultur“. Zwei Männer
stehen davor, einer wirft einen Brandsatz. Flammen lodern auf, Menschen
kommen nicht zu schaden. Politische Sprengkraft hat der Anschlag dennoch.
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU ermittelt. Er stößt auf zwei
polnische Neonazis, Adrian M. und Tomasz S. Sie hatten am Tattag unter
ihrem richtigen Namen in einem Hotel in Ushgorod eingecheckt.
Videoaufnahmen zeigen die beiden ohne Vermummung, Handydaten weisen auf sie
hin, an ihrer Kleidung finden sich Brandspuren. „Die ukrainischen Behörden
haben ihre Unterlagen an die polnischen Kollegen weitergereicht“, sagt
Josip Borto, Vizechef des Bezirksrates von Transkarpatien und des
Kulturzentrums der Ungarn.
Die beiden gestehen die Tat. Und sie nennen Michal P. als Auftraggeber. Der
polnische Staatsbürger P., 30 Jahre alt, ist ein Milizionär mit bewegter
Neonazi-Vita. Die Warschauer Staatsanwaltschaft, Abteilung Organisierte
Kriminalität, erhebt Anklage gegen P. unter anderem wegen Finanzierung und
Vorbereitung einer terroristischen Tat im Ausland, gegen M. und S. unter
anderem wegen gefährlicher Brandstiftung.
Am 14. Januar eröffnet der 2. Strafsenat des Bezirksgerichtsvon
Krakau-Podgórze im Saal L-235 die Verhandlung gegen alle drei. Es ist P.s
Wohnort. P. gibt den Anschlag zu, sagt aber, er sei angestiftet worden. Von
einem deutschen Journalisten. Dessen Name: Manuel Ochsenreiter. Dieser habe
ihm 1.500 Euro dafür gezahlt.
## Warum Rechte sich für Transkarpatien interessieren
So kommt die Geschichte nach Deutschland und sorgt in der AfD für
Aufregung. Denn Manuel Ochsenreiter ist nicht nur ein wichtiger Publizist
in der extrem rechten Medienlandschaft, sondern er hat auch enge
Verbindungen in die Partei. Von September 2018 an hat Ochsenreiter als
Referent für den AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier gearbeitet.
Alle drei – P., Ochsenreiter und Frohnmaier – bewegen sich seit Langem in
radikal rechten Netzwerken mit prorussischem Geist.
Für diese Netzwerke ist die ukrainische Provinz Transkarpatien
hochinteressant: 1,25 Millionen Menschen leben hier, 150.000 davon sind
ethnische Ungarn. Die Regierung in Budapest wirft der Ukraine vor, diese
Ungarn zu diskriminieren, etwa durch ein Schulgesetz aus dem Jahr 2017, das
Unterricht auf Ungarisch stark einschränkt. Kiew wiederum gefällt nicht,
dass Budapest den ungarisch-stämmigen Ukrainern ungarische Pässe anbietet.
Man fürchtet, Ungarn könne irgendwann Teile der Region für sich
beanspruchen.
Transkarpatien ist ein idealer Ort, um die Ukraine weiter zu
destabilisieren. Wären ukrainische Neonazis verdächtigt worden, einen
Anschlag auf die ungarische Minderheit begangen zu haben, hätte die Ukraine
an der Westfront ihren nächsten Konflikt. Für Russland ein durchaus
attraktives Szenario.
## Flughafen Berlin-Tegel: Die vermutete Geldübergabe
Das [1][ARD-Magazin „Kontraste“und das Portal T-Online haben gemeinsam] die
polnischen Justizakten zu dem Anschlag in Ushgorod einsehen und zuerst über
den Fall berichtet. Die Krakauer Staatsanwaltschaft hält Ochsenreiter
demnach für den Finanzier der Aktion. Dafür spreche nicht nur P.s Aussage,
sondern darauf deuten auch WhatsApp-Chats hin, die sich in den Akten
finden.
Demnach hat sich Michal P. am 7. Februar 2018 mit Ochsenreiter am Flughafen
Berlin-Tegel getroffen. 1.000 Euro soll Ochsenreiter ihm übergeben haben,
eine Anzahlung von 500 Euro soll er schon zuvor nach Polen geschickt haben.
Ein Chat zwischen P. und seiner Frau soll das belegen. „Und um wie viel Uhr
triffst du dich mit Manuel?“ fragte sie. Er antwortet: „Um 11.30 Uhr. Um
19.30 Uhr geht mein Flug zurück mit dem Umsteigen in Warschau. Ich werde
aber dann ein Taxi nehmen, ich möchte nicht mit so viel Bargeld mit dem
Nahverkehr fahren.“
Ochsenreiter streitet die Vorwürfe ab. So ist es auf der Website des
rechtsextremen Magazins Zuerst! zu lesen, dessen Chefredakteur er ist.
Nachfragen der taz per Mail lässt Ochsenreiter unbeantwortet, der Versuch,
ihn bei Zuerst! telefonisch zu erreichen, scheitert schon in der Zentrale
des Verlags. „Ich will Ihnen gar nicht helfen“, heißt es dort knapp.
Die taz hat Michal P., die Schlüsselfigur in diesem Fall, schon im Sommer
2016 getroffen, anderthalb Jahre vor dem Anschlag in Ushgerod. Es ging um
eine [2][Reportage] über paramilitärische Gruppen in Polen.
## Michal P., die Schlüsselfigur des Anschlags
Schon damals erwähnte P. Ochsenreiter, ganz von sich aus. Das Wichtigste in
seinem Leben sei, so sagte es P. damals, die Leitung von Stowarzyszenie
Jednostka Strzelecka 2039, kurz SJS 2039, was sich in etwa mit
Schützenverein übersetzen lässt. SJS 2039 ist eine paramilitärischen
Einheit, die P. selbst gegründet hat. Auch Adrian M., einer der beiden
Männer, die den Brandsatz in Ushgorod geworfen haben, postet Fotos von SJS
2039 auf Facebook. Selbsternannte Heimatschutzkommandos wie SJS 2039 gibt
es viele in Polen. Sie sind privat organisiert, das polnische Militär aber
versucht sie an sich zu binden. P. und seine Leute dürfen mit Jugendlichen
Schießtrainings abhalten, mit Erlaubnis vom Staat.
Das Büro von SJS 2039 ist damals in einem kleinen Raum in einer
heruntergekommenen Villa in Krakau untergebracht. Munitionskisten dienen
als Türstopper. P. ist bei dem Treffen im Sommer 2016 28 Jahre alt. Seine
blonden Haare sind streng gescheitelt, er trägt Uniform. Für ein Foto
posiert er mit seiner Waffe, ganz ungeniert.
Im Gespräch mit der taz sagt P., dass die Amerikaner mit ihren Militärbasen
bis heute Deutschland besetzen. Dass Adolf Hitler doch auch Sozialpolitiker
war. Dass die Globalisierung die Nationalstaaten zerstöre, Multikulti
barbarisch sei und dass das unterschiedliche Aussehen der Menschen bewahrt
bleiben müsse. Sich selbst bezeichnet er als nordischer Typ. Und sagt:
„Wenn ich sterbe, dann im Kampf.“
## Gegen den Westen – für Russland
P. ist damals auch Mitglied einer rechtsextremen Gruppe, die sich „Falanga“
nennt. 2015 tauchen Fotos von Falanga-Männer bei Facebook auf. Sie tragen
Camouflage-Uniformen, Waffen und Schlagstöcke. Sie sind vermummt. Die Fotos
erscheinen auf der Nachrichtenseite von Falanga, es zeigt Männer, die an
der Grenze zur Ukraine stehen, wo sie Jagd auf Flüchtlinge gemacht haben
sollen. Das Foto, auf dem sie vermummt und mit Waffen posieren, haben sie
selbst online gestellt.
Mit dem Westen kann Michal P. nichts anfangen, mit Russland umso mehr – für
polnische Rechtsextremisten sehr unüblich. P. gibt freimütig zu, dass die
Falanga-Gruppe im Donbass unterwegs war – auf russischer Seite. Auch dass
sie sich als Kämpfer für Syriens Machthaber Assad einsetzen, erzählt P. im
Sommer 2016 der taz. Er selbst sei zwar nicht vor Ort gewesen, hätte aber
die Reisen organisiert und die „Pressearbeit“ für seine Leute übernommen.
Für die rechtsextreme prorussische Partei Zmiana will er das
Grundsatzprogramm geschrieben haben. Schon anhand von Kommentaren und
Bildern auf Facebook lässt sich nachvollziehen, dass er für die Partei
aktiv gewesen war.
Michal P. steht für extrem rechtes Gedankengut, verbunden mit großer Nähe
zu Putins Russland. Genau das ist auch Manuel Ochsenreiters Linie.
## Die Spur zu Manuel Ochenreiter
Der erste, der dessen Namen im Zusammenhang mit dem Anschlag fallen lässt,
noch bevor das Krakauer Gericht dies thematisiert, ist Anton Shekhovtsov.
Der zuletzt in Wien forschende Politikwissenschaftler gilt als einer der
besten Kenner der Kooperation zwischen Putins Russland und extremen Rechten
in Westeuropa. Sein Buch „Tango Noir“ gilt als Standardwerk. Anfang 2019,
kurz vor Prozessbeginn in Krakau, spricht die polnische Justiz im
Zusammenhang mit dem Anschlag von einem „deutschen Publizisten mit guten
Kontakten in die rechtsextreme Szene Polens“, einen Namen aber nennt sie
nicht. Shekhovtsov twittert am 6. Januar, dass es sich um eine
„False-Flag-Operation“ gehandelt haben dürfte – und vermutlich Ochsenrei…
beteiligt war.
Anfang Februar sitzt Shekhovtsov, ein schlacksiger Mann mit kleinem Bart,
beim Bier in einer Berliner Hotellobby. „Mir war gleich klar, das kann nur
einer sein: Ochsenreiter“, sagt Shekhovtsov und erklärt, wie er zu dieser
Vermutung kommt.
Ochsenreiter ist eine schillernde Person. Sucht man nach Fotos von ihm im
Netz, findet man einen Mann in sehr unterschiedlichen Settings:
Ochsenreiter mit Sonnenbrille bei Kämpfern in Syrien, beim Handschlag mit
dem ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, beim
neurechten Institut für Staatspolitik in Schnellroda und im Donbass.
Ochsenreiter, heute 42 Jahre alt und mit einer Syrerin verheiratet, ist im
Allgäu aufgewachsen. Als junger Mann war er in der Jungen Union, später im
völkischen Witikobund, während des Studiums trat er einer schlagenden
Verbindung bei.
Er leitete das Innenpolitik-Ressort bei der Jungen Freiheit, danach wurde
er Chefredakteur der extrem rechten Deutschen Militärzeitschrift. Seit 2011
leitet Ochsenreiter das rechtsextreme Monatsmagazin Zuerst! Er berichtet
aus Serbien, der Ostukraine und dem Nahen Osten, in seinen Kreisen gilt er
deshalb als eine Art neurechter Peter Scholl-Latour. Mit Vorträgen tourt er
durch die Szene und taucht als Interviewpartner beim russischen
Auslandssender Russia Today und der der iranischen Nachrichtenagentur Fars
auf, dort verteidigt er unter anderem den syrischen Diktator Assad. 2014
referiert er bei der „New Horizon“-Konferenz in Teheran, wo auch
Holocaustleugner auftraten, über die „Israelische Lobby in Deutschland“.
## Verbindungen zum faschistischen Ideologen Dugin
Anton Shekhovtsov, der Politikwissenschaftler, hat Ochsenreiter schon lange
auf dem Schirm. Ochsenreiter nimmt, so sagt Shekhovtsov, im Milieu extrem
rechter Westeuropäer mit Schlagseite nach Moskau eine besondere Rolle ein.
Schon Ende 2012 habe der Deutsche erstmals Alexander Dugin getroffen, jenen
faschistischen Ideologen, der als Vordenker der neoeurasischen Idee gilt.
Inzwischen nennt Ochsenreiter ihn einen „väterlichen Freund“. „Danach“,
sagt Shekhovtsov, „haben Ochsenreiters Pro-Kreml-Aktivitäten im
wesentlichen begonnen.“ Zu dieser Zeit tauchte dieser auch vermehrt in den
russischen Medien als Kommentator auf.
Wie eng Ochsenreiters Bande mit anderen rechten Russlandfreunden sind,
zeigt ein Foto, das 2015 in Warschau aufgenommen wurde. Vor einer schwarzen
Fahne, auf der zwei gekreuzte Gewehre in einem weißen Kreis zu sehen sind,
sitzen vier Männer auf einem Podium. Einer von ihnen ist Ochsenreiter.
Rechts neben ihm sitzt Michal P., der nun wegen des Brandanschlags vor
Gericht steht. Der Chef von Falanga, P.s Nazi-Gruppe, ist ebenfalls dabei.
Der Vierte auf dem Podium ist Mateusz Piskorski.
Piskorski, Gründer der Partei Zmiana – für die auch P. aktiv war – ist ei…
der Schlüsselfiguren im Netzwerk prorussischer Vereine, die mit der
extremen Rechten in Europa gemeinsame Sache macht. Im Zentrum steht seine
Organisation „Europäisches Zentrum für Geopolitische Analysen“, das auch …
der Podiumsdiskussion in Warschau geladen hat. Hauptaufgabe des Zentrums
sind Wahlbeobachtungsreisen westlicher PolitikerInnen nach Osteuropa zu
organisieren, gerne in kremltreue Separatistengebiete oder
völkerrechtswidrig annektierte Gebiete wie der Krim. Und so mit Hilfe von
Abgeordneten von der AfD, der österreichischen FPÖ oder der italienischen
Lega Moskaus Sicht auf die Welt zu verbreiten. „Im März 2014 hat Piskorski
Ochsenreiter eingeladen, das sogenannte Referendum auf der Krim zu
beobachten“, sagt Shekhovtsov. „Das war sein Einstieg auf die Krim.“
## Ein Verein, den es angeblich nicht mehr gibt
Im April 2016 haben Piskorski und Ochsenreiter in Berlin gemeinsam einen
solchen Verein gegründet, das „Deutsche Zentrum für Eurasische Studien“.
Und hier kommt wieder die AfD ins Spiel. Bei der Gründung mit dabei war
auch Markus Frohnmaier, Ochsenreiters späterer Arbeitgeber von der AfD.
Fragt man Frohnmaier heute nach dem Verein, sagt der, den gebe es doch gar
nicht mehr. Im Vereinsregister aber ist er immer noch eingetragen. Dort
wird Ochsenreiter als Vorsitzender geführt, und Piskorski als sein
Stellvertreter. Kurz nach der Gründung des Vereins wurde Piskorski in Polen
verhaftet, er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Ihm wird Spionage zum
Vorteil Russlands vorgeworfen. Im April 2018 wurde Piskorski zum ersten Mal
dem Gericht vorgeführt.
Der Begriff „Eurasien“ ist vom Kreml geprägt, eine Chiffre für Bemühunge…
den US-Einfluss in Europa zurückzudrängen. Angestrebt wird ein „Europa von
Lissabon bis Wladiwostok“. Für Rechtsextreme wie Piskorski, Ochsenreiter
oder P. ist die Annäherung an das autoritäre Russland der
erfolgversprechendste Weg, Europa von allem zu befreien, was sie verachten:
Liberalismus, Homosexuelle, Muslime, Schwarze, Juden, „Globalismus“,
„Eliten“. Ihr Vordenker ist Alexander Dugin, der russische Theoretiker, der
manchen als Putin-Einflüsterer gilt, und dem Piskorski wie Ochsenreiter
gleichermaßen nahe stehen. Dugins Bücher werden in Deutschland vom Verleger
Dietmar Munier vertrieben, der auch Zuerst! herausgibt, jenes rechtsextreme
Monatsmagazin, dessen Chefredakteur Ochsenreiter ist.
Als sich bei der AfD der prorussische Kurs durchsetzt, wird die Partei für
Ochsenreiter interessant. Er knüpft Kontakte. Beim Russland-Kongress des
Landesverbands Sachsen-Anhalt sitzt er im August 2017 neben dem damaligen
Landeschef André Poggenburg auf dem Podium. Als die AfD-Landtagsfraktionen
eine Erklärung zur Abschaffung der Russland-Sanktionen unterschreiben, ist
Ochsenreiter dabei. Er begleitet AfD-Politiker nach Russland, Donesk und
auf die Krim.
## Ochsenreiters Ex-Arbeitgeber: ein AfD-Abgeordneter
Besonders eng aber ist Ochsenreiters Kontakt zu dem erst 28 Jahre alten
Markus Frohnmaier, der heute für die AfD im Bundestag sitzt. Frohnmaier,
ehemaliger Vorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, hat
zwischenzeitlich erst als Sprecher der ehemaligen AfD-Chefin Frauke Petry,
dann für Alice Weidel gearbeitet, der heutigen Fraktionschefin. Schon im
Juni 2016 hatte Ochsenreiter Frohnmaier in einem mehrseitigen
Zuerst!-Porträt als „populärsten Jungpolitiker seiner Partei“ gepriesen. …
dem Text ging es auch um Reisen, die Frohnmaier mit Zuerst!-Redakteuren
etwa nach Belgrad, Sankt Petersburg oder Donezk unternommen hatte.
Und Frohnmaier war begeistert von Ochsenreiter. Mit dessen rechtsextremer
Seite hat er kein Problem. „Relevant ist die Arbeit hier im Bundestag“, und
die sei sehr gut, sagte Frohnmaier der taz bei einem ersten Gespräch über
seinen Mitarbeiter im November 2018. Zuerst! sei ein gern gesehenes Medium
bei hohen Funktionären der Partei. Er schätze Ochsenreiter, seine
Erfahrungen und seine gute Arbeit sehr, sagte Frohnmaier der taz Anfang
Januar noch einmal.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Shekhovtsov seinen Tweet, die Ochsenreiters
mögliche Verstrickung in den Anschlag in Ushgorod benennt, längst
abgesetzt. Als die Vorwürfe dann öffentlich bekannt wurden, hielt
Frohnmaier zunächst an seinem Mitarbeiter fest. Es gelte die
Unschuldsvermutung. Doch der AfD-Politiker blieb nur wenige Tage bei diesem
Kurs. Mitte Januar hieß es, man habe sich einvernehmlich getrennt. Die
Initiative sei von Ochsenreiter ausgegangen, das Beschäftigungsverhältnis
ende Mitte Februar. Zitieren lassen will sich Frohnmaier zu Ochsenreiter
nun nicht mehr.
## Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt
Inzwischen ermittelt auch die Berliner Staatsanwaltschaft. Es gebe den
Anfangsverdacht der Anstiftung zur schweren Brandstiftung, sagt die Behörde
auf Nachfrage der taz. Die Ermittlungen dauern an, ein Rechtshilfeersuchen
an Polen ist gestellt. Anhaltspunkte für weitere inländische Tatverdächtige
gebe es nicht.
Anfang Februar dann melden sich Zuerst!-Verleger Munier mit einer
Stellungnahme zu Wort, um Ochsenreiter zu entlasten. Bei den Vorwürfen
handele es sich um einen „Rufmord-Versuch“, eine „polnisch-ukrainische
Desinformationskampagne, heißt es. „Und ich bin sicher“, so Munier, „dass
mindestens auch US-amerikanische Dienste ihre Finger im Spiel haben.“
Möglicherweise hat Ochsenreiter aber auch Muniers Zeitung benutzt, um dem
Anschlag den gewünschten politischen Dreh zu verleihen. Am Tag des
Anschlags berichtet Zuerst! über den Brand. Unter der Überschrift „Budapest
fordert OSZE-Mission in der Westukraine“ wird der Anschlag in Zusammenhang
mit dem damals noch neuen ukrainischen Gesetz gebracht, das den Unterricht
in der ungarischer Sprache stark einschränkt. Der Spin ist klar: die
Ukraine als Aggressor. Genau so, wie Russland das Land darstellen will.
Am 11. Februar 2019 meldet sich Ochsenreiter auf Facebook wieder zu Wort,
seinem Post zufolge aus Casablanca. Er beschimpft die Ukraine als
„gescheiterten Staat mit einer verrotteten Wirtschaft und einer
dysfunktionellen und korrupten Regierung“. Er spricht von einem „absurden
Verdacht, ausgelöst durch eine durchsichtige Geheimdienstkampagne“.
Und er postet Solidaritätsgrüße: Von prorussischen Politikern aus Moldau
und Italien, vom Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer – und von dem
faschistischen russischen Theoretiker Alexander Dugin, seinem „väterlichen
Freund“. Der schreibt, die „Kampagne“ gegen Ochsenreiter zeige, dass wir
„mitten im totalen Informationskrieg leben“. Der anderen Seite gehe es
darin um die „totale wirtschaftliche und soziale Vernichtung von
Individuen, die es wagen, den westliberalen Mainstream erfolgreich zu
bekämpfen“.
Mitarbeit: Bernhard Clasen, Gabriele Lesser
18 Feb 2019
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/afd-ochsenreiter-anschlag-101.html
[2] /Paramilitaerische-Gruppen-in-Polen/!5412371
## AUTOREN
Christian Jakob
Sabine am Orde
Christina Schmidt
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