# taz.de -- Wirtschaftsfaktor Clubszene: Nicht nur des Geldes wegen | |
> Die Clubcommission betont die Bedeutung der Clubs für den | |
> Berlintourismus. Schon okay. Aber da ist doch mehr. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Die Clubkultur: Geselliges Beisammensein in ungeklärten Lichtverhältnis… | |
Auch wenn dann wahrscheinlich keine queere Band aus Russland aufgetreten | |
wäre: Die Jahresauftaktveranstaltung der Clubcommission, des Verbands der | |
Berliner Clubs, hätte auch ein Lobbyevent der Automobilindustrie sein | |
können. Bei Häppchen und Sekt wurde am Dienstagabend im SchwuZ heftig | |
vernetzt; ein Wissenschaftler (nebenbei auch Unternehmensberater) stellte | |
die Ergebnisse einer eigens in Auftrag gegebenen Studie vor, die | |
glücklicherweise im Sinne der Branche ausgefallen waren; bei einer | |
Podiumsdiskussion mit wohlgesinnten Politikern holte man sich | |
unterstützende Worte ab. Keine Kontroversen. | |
Na und! In einer Stadt, in der sich die Marktlogik etwa im Bereich des | |
Wohnens dermaßen radikalisiert hat, dass ein öffentlicher Eingriff als | |
einzige Notbremse erscheint, ist das Argument des Geldes schließlich ein | |
wirkmächtiges Argument. Das Argument der Clubcommission: Drei Millionen | |
Touristen sind 2018 wegen des Nachtlebens nach Berlin gekommen. Im | |
Durchschnitt blieben sie 2,4 Tage und gaben am Tag 205 Euro aus. Insgesamt | |
sorgten sie für einen Umsatz von knapp 1,5 Milliarden Euro. Wenn man | |
bedenkt, dass der Tourismus der Stadt 2017 einen Umsatz von 11,5 Milliarden | |
Euro besorgt hat, weiß man, dass es hier nicht um Peanuts geht. Mit diesem | |
Argument können Forderungen an die Politik gestellt werden, Forderungen | |
nach mehr Akzeptanz, Kulanz und Unterstützung. „Berlins Clubkultur ist | |
weltweit bekannt und wichtiges Kulturgut unserer Stadt, starker | |
Wirtschaftsfaktor und Tourismusmagnet“, kommentierte Wirtschaftssenatorin | |
Ramona Pop die Studienergebnisse auf Facebook. | |
Und trotzdem: Das „Mehr“ der Clubkultur, das im SchwuZ zwar etwas abstrakt, | |
aber dennoch zur Sprache kam, wird freilich darunter leiden, wenn sich die | |
Szene zu sehr auf die Marktlogik einlässt. Das „Mehr“ meint Kultur, | |
Idealismus, Kreativität, Gemeinschaft, Freiraum, Politik, Lebensstil, | |
manchmal auch einfach eine kurzweilige Absage an die Realität. Eigentlich | |
ist dieses „Mehr“ das stärkste Argument der Clubs, die Zahlen sind | |
lediglich eine Nebenerscheinung. Das „Mehr“ lässt sich gar nicht in Zahlen | |
fassen. | |
Aber das wissen sie selbst, zumindest die politisch-kulturellen | |
Avantgardisten unter den Clubbetreibern. Im Idealfall wollen sie mit | |
Veranstaltungen wie diesen einfach nur den Feind – den | |
marktwirtschaftlichen Sachzwang – mit seinen eigenen Waffen schlagen. | |
Solange die Clubkultur ihr „Mehr“ nicht vergisst, ist das Mitspielen bei | |
diesem Gesellschaftsspiel okay, wohl auch notwendig. | |
16 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Volkan Ağar | |
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