| # taz.de -- Nachhaltigkeit in Berliner Clubkultur: Bitte nachhaltig enthemmt ta… | |
| > Mit Clubtopia will man in den Clubs Bewusstsein schaffen. Wenn die | |
| > Discokugel rotieren soll, muss man sich dann halt heftiger schütteln. | |
| Bild: Wo sich die Kugel dreht, soll man ruhig tanzen | |
| Der Club als Ort, wo man einfach nur unbeschwert die Sau rauslässt, das ist | |
| ja sowieso schon längst vorbei. | |
| Anstatt von Hedonismus pur spricht man im Zusammenhang mit der hiesigen | |
| Clubkultur inzwischen ja nur noch von solch lästigen Dingen wie | |
| Lärmschutzproblematik, Mieterhöhung und sogar vom Sterben dieser ganzen | |
| schönen Kultur. Jetzt geht es auch noch um das Thema Umweltschutz, bei dem | |
| man gleichfalls nicht bloß an Fun und Feierlaune denkt. Als würde man nicht | |
| so schon ständig seinen CO2-Fußabdruck hinterfragen, soll man das jetzt | |
| auch noch bei der Party tun. Gleich mehrere Berliner Clubs haben sich mit | |
| dem Bund, der Club Commission und dem Berliner Senat zusammengefunden, um | |
| Clubtopia zu realisieren, eine Clubkultur, in der es auch um Nachhaltigkeit | |
| gehen soll. Ein Ja zur nächtlichen Entgrenzung und zu Save the Planet | |
| gleichzeitig also. Mehrere Workshops haben bereits zum Thema stattgefunden | |
| und es soll weitergehen damit, auch im nächsten Jahr. | |
| Was man dazu gleich mal festhalten kann: Radikale Nachhaltigkeit und totale | |
| Wiederverwertung von Ressourcen wird in der Berliner Clublandschaft eher | |
| keine Chance mehr haben. | |
| Die Zeit der Berliner Clubs, die aus dem Weggeworfenen anderer bestanden, | |
| ist mit dem Ableben der Bar 25 vorbei. Der Jonny Knüppel am Schleusenufer | |
| in Kreuzberg war nochmals so ein Laden, der komplett aus Recyceltem | |
| bestand. Aus Schrott von überallher wurde ein Club, der dann freilich auch | |
| schnell wieder schließen musste, weil Investoren der Sinn für die Schönheit | |
| derartiger Visionen, die ja bereits so eine Art Clubtopia definierten, | |
| fehlt. Und weil den Investoren inzwischen die Stadt gehört, wird es in | |
| dieser auch keine Clubs aus Schrott mehr geben. | |
| ## Strom selber machen | |
| Also muss man sich nun mühsam daran machen, Clubs aufzuklären, wie sie so | |
| lästige Dinge wie eine bessere Dämmung in ihrem Gemäuer unterbringen, um | |
| ein wenig Strom sparen zu können. Oder wie man gar selbst, autark, Strom | |
| erzeugt. | |
| Die Ideen für das grüne Ökohaus von heute sollen auf den Partyschuppen von | |
| nebenan umgemünzt werden. Und in den meisten Berliner Clubs muss wohl noch | |
| so einiges getan werden, damit Greta und Co. hier unbeschwert und mit gutem | |
| Gewissen mal tanzen können. | |
| Technisch ist da in vielerlei Hinsicht noch so einiges machbar. Für | |
| Fortgeschrittene wäre beispielsweise die Idee, die Energie Tanzender selbst | |
| in Strom umzuwandeln. Je enger und je wilder es auf dem Dancefloor zuginge, | |
| desto mehr Energie würde produziert werden. Tolle Sache. | |
| Andererseits war doch die Idee der Clubkultur immer, sich temporär allen | |
| Verwertungszusammenhängen zu entziehen, dachte ich immer. Sich einfach | |
| auszuklinken, einfach mal nicht zu funktionieren. Wenn dann plötzlich die | |
| Discokugel nur noch rotiert, wenn ich mich auch kräftig enthemmt gebe, | |
| keine Ahnung, ob ich das so haben möchte. | |
| 3 Nov 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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