# taz.de -- Koordination der Klimaforschung: Ein Update für Forschungsprogramme | |
> Die Grünen im Bundestag fordern mehr Geld und eine klare Strategie für | |
> die Klimaforschung. Auch die Koordination müsse besser werden. | |
Bild: Klimaforscher des Alfred-Wegener-Institut in der Arktis | |
BERLIN taz | Der Klimawandel wird im neuesten Risikobericht des | |
Weltwirtschaftsforums in Davos als die inzwischen größte Gefährdung für die | |
Zukunft des Planeten eingestuft. Nach den Warnungen der Klimaforscher | |
braucht es nun verstärkt wissenschaftlich fundierte Strategien, um Mensch | |
und Natur vor den schlimmsten Auswirkungen zu schützen. Der Bundestag hat | |
in der vorigen Woche eine Diskussion begonnen, ob dafür die Klimaforschung | |
in Deutschland ausgebaut werden soll. | |
Den Anstoß dazu hat die Oppositionsfraktion der Bündnisgrünen gegeben, die | |
in einem Antrag die Aufstockung der Finanzmittel für die Klimaforschung um | |
bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr fordert. Der Geldaufwuchs soll zu einem | |
„eigenständigen Forschungsrahmenprogramm für die Klimaforschung“ führen, | |
das – anstelle bisheriger Einzelprojekte – einem „strategischen Ansatz“ | |
folgt, „um verbliebene Wissenslücken in der Grundlagen- und der | |
anwendungsorientierten Forschung zu schließen“. | |
Außerdem soll die „Allianz für Meeresforschung“, in der die deutsche | |
Expertise in der Küsten-, Meeres-, Ozean-, Tiefsee- und Polarforschung | |
gebündelt ist, mit einem weiteren Finanzschub gestärkt werden. Auch hier | |
wünschen sich die Grünen „eine eigene strukturelle Förderung von bis zu 100 | |
Millionen Euro pro Jahr“, wie es im Antrag heißt. „Wir Grünen im Bundestag | |
werben dafür, Klimaforschung zur Top-Priorität der Forschungsagenda der | |
Bundesregierung zu machen“, sagte der forschungspolitische Sprecher der | |
Fraktion, Kai Gehring, bei der Einbringung des Antrags, der in den nächsten | |
Wochen im Fachausschuss diskutiert wird. „Unser Vorstoß ist eine | |
Investition in die Existenz unseres Planeten.“ | |
Die Sprecher der Regierungsfraktionen von Union und SPD hoben in der ersten | |
Lesung den international anerkannten Stand der deutschen Klimaforschung | |
hervor, konnten sich einer Mittelsteigerung aber bisher nicht anschließen. | |
Die FDP wünschte sich mehr Aktivitäten zur Speicherung und Nutzung von CO2 | |
– der in Deutschland politisch gescheiterten CCS-Technologie (Carbon | |
Capture and Storage). Die AfD verharrte in ihrer Extremposition, „das | |
gesamte Klimaschutzprogramm sofort wegen erwiesener Nutz- und | |
Wirkungslosigkeit einzustellen“. | |
Alle Bundesministerien gaben nach Angaben im „Bundesbericht Forschung und | |
Innovation“ (Bufi) für den Förderbereich Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit | |
im Jahr 2018 zusammen 1,7 Milliarden Euro aus (der Anteil des BMBF daran | |
betrug 679 Millionen Euro). Zum Vergleich: Für die Energieforschung standen | |
1,97 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Ausgaben für die Ökoforschung | |
gliedern sich in: Klima, Klimaschutz, Globaler Wandel (352 Mio.), Küsten-, | |
Meeres- und Polarforschung, Geowissenschaften (594 Mio.), Umwelt- und | |
Nachhaltigkeitsforschung (453 Mio.). Ökologie, Naturschutz, nachhaltige | |
Nutzung (298 Mio.). | |
## Koordination verbessern | |
„Die deutsche Klimaforschung ist international sehr gut aufgestellt“, | |
bestätigte der Klimaforscher Professor Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum | |
für Ozeanforschung in Kiel und Vorsitzender des „Deutschen | |
Klima-Konsortiums“ (DKK). „Eine bessere Koordination der einzelnen | |
Forschungsprojekte und -programme über alle Ministerien hinweg und eine | |
strategische Ausrichtung der Klimaforschung kann diese Spitzenstellung auch | |
in Zukunft sichern“, sagte Latif auf Anfrage der taz. Für eine | |
Modernisierung der Klimaforschung habe sich das DKK – ein Verbund der | |
deutschen Klima-Institute – schon vor drei Jahren in einem Positionspapier | |
ausgesprochen. Vorgeschlagen wurde darin die Entwicklung einer nationalen | |
Klimamodellierungsstrategie, eines Klima-Risikomanagement-Systems und einer | |
wissenschaftsbasierten Politikberatung, die sich nicht allein auf | |
technische Lösungen konzentriert. | |
„Zukünftig müssen sich die Gesellschaftswissenschaften, allen voran die | |
Ökonomie, viel stärker engagieren, um Wege für eine kohlenstofffreie | |
Wirtschafts- und Lebensweise aufzuzeigen und sie in interdisziplinären | |
Projekten für die Praxis zu testen“, hob Latif hervor. Anders ließe sich | |
das 1,5-Grad-Ziel des IPCC nicht erreichen. Um die Bürger zu überzeugen, | |
müsse zudem „der Wissenschaftskommunikation ein viel höherer Stellenwert | |
eingeräumt“ werden. | |
27 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
## TAGS | |
Forschungsprogramm | |
Bundestag | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Klimaforschung | |
Erderwärmung | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Akzeptanz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Allheilmittel für Böden und Klima?: Pflanzenkohle als Retter | |
Der Weltklimarat sieht die Pyrolyse von Pflanzen zu Kohle als | |
aussichtsreiche Technologie, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. | |
Klimaforscherin über den Hitzesommer: „Klimawandel passiert im Vorgarten“ | |
Nicht jedes Wetterphänomen hat mit der Erderwärmung zu tun, sagt | |
Klimaforscherin Friederike Otto. Aber Hitzewellen werden wahrscheinlicher. | |
Akzeptanz von Forschung: Skeptiker sind in der Minderheit | |
Das „Wissenschaftsbarometer“ ermittelt die Einstellung der Bürger zu | |
Forschung und Wissenschaft: Die Mehrheit steht der Forschung positiv | |
gegenüber. |