# taz.de -- Kommentar Machtkampf in Venezuela: Jetzt entscheiden die Streitkrä… | |
> Es ist ein erbärmliches Ergebnis von zwei Jahrzehnten linker | |
> Regierungspolitik: Maduros Machtanspruch hat das Land in eine | |
> Patt-Situation geführt. | |
Bild: Um sein Land geht es Nicolas Maduro schon ewig nicht mehr, ihn interessie… | |
Dass sich der lang andauernde Machtkampf in Venezuela am Mittwoch zuspitzen | |
würde, war abzusehen. Aber von „zuspitzen“ ist in Venezuela schon so oft | |
die Rede gewesen, dass es ein leeres Wort geworden war. Bis jetzt. | |
Mit [1][seiner Selbsternennung zum Interimspräsidenten] hat | |
Parlamentspräsident Juan Guaidó die Machtfrage gestellt. Und mit der | |
Ankündigung der US-Regierung, ihre Diplomaten nicht binnen 72 Stunden | |
abzuziehen, wie es Präsident Nicolás Maduro angeordnet hat, ist diese | |
Machtfrage sehr konkret geworden. | |
Werfen die venezolanischen Sicherheitskräfte auf Befehl Maduros die | |
US-Diplomaten aus dem Land oder setzen sie zumindest fest, zeigt Maduro, | |
dass er über die reale Macht verfügt und Guaidó ein Papiertiger ist. Die | |
Regierungsoptionen Guaidós und der Opposition hingen in diesem Fall an der | |
Bereitschaft der USA zur direkten militärischen Intervention. | |
Einen besseren Anlass dafür gab es seit Hugo Chávez' Amtsantritt vor 20 | |
Jahren nicht – und Trumps Sicherheitsberater John Bolton, sein | |
Außenminister Mike Pompeo, sein Vizepräsident Mike Pence und im Hintergrund | |
immer wieder der republikanische Senator aus Florida, Marco Rubio, scheinen | |
im Prinzip gewillt, auch diese Option zu ziehen. | |
## Maduro hatte legalen Machtwechsel selbst verunmöglicht | |
Nicolás Maduro hat insofern diesmal recht, wenn er der Opposition mit den | |
USA koordinierte Umsturzpläne unterstellt. Allerdings hat er genau diese | |
Situation selbst geschaffen, indem er die verfassungsmäßig garantierte | |
Möglichkeit des demokratisch herbeigeführten Machtwechsels de facto außer | |
Kraft gesetzt hat. | |
Das Parlament, seit den Wahlen Ende 2015 von der Opposition beherrscht, | |
wurde mit Deckung der unter Regierungskontrolle stehenden Gerichte | |
entmachtet. Die Volksabstimmung für vorgezogene Neuwahlen 2017 mit diversen | |
Tricks verschleppt, bis die Opposition sich über taktisch-strategische | |
Fragen zerfleischte und die Gewalt auf den Straßen dominierte. | |
Bei den dann vorgezogenen Präsidentschaftswahlen vom Mai 2018 durften die | |
wichtigsten Oppositionspolitiker nicht antreten oder saßen im Gefängnis, | |
ihre Parteien entschlossen sich zum Boykott. Im Ergebnis gab es keine | |
legale Möglichkeit mehr, die Regierung Maduro abzulösen – und das inmitten | |
[2][der schwersten wirtschaftlichen und sozialen Krise]. | |
Bei einer Wahlbeteiligung von 44 Prozent wurde Maduro mit 70 Prozent der | |
abgegebenen Stimmen gewählt – nicht einmal jede*r dritte stimmberechtigte | |
Venezolaner*in hat ihn also gewählt. Um zu regieren kann das reichen, für | |
einen absoluten Machtanspruch ist das zu wenig. | |
## Einheit war nie gewollt | |
Maduro hat Venezuela – und sich selbst – in [3][eine Situation ohne Ausweg] | |
manövriert. Eine Regierung der nationalen Einheit, eigentlich das Gebot der | |
Stunde, um mit Hilfe internationaler Kooperation nicht nur von Seiten | |
Russlands und Chinas Wege aus der Krise zu finden, war nie gewollt und ist | |
inzwischen undenkbar. | |
Wie es in Venezuela weitergeht, entscheidet jetzt nicht mehr „das Volk“, | |
das beide Seiten für sich reklamieren, sondern Venezuelas Streitkräfte. Und | |
die US-Regierung. Was für ein erbärmliches Ergebnis von zwei Jahrzehnten | |
linker Regierungspolitik. | |
24 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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