| # taz.de -- Machtwechsel in Venezuela: Präsident – oder nicht? | |
| > Juan Guaidó erklärt sich zum Interimspräsidenten in Venezuela – viele | |
| > Staaten erkennen ihn als solchen an. Nicolás Maduro akzeptiert das nicht. | |
| Bild: Die Anti-Maduro-Proteste in Caracas am 23.01.2019 | |
| Buenos Aires taz | Venezuelas Opposition hat die Machtfrage gestellt. Am | |
| Mittwoch erklärte sich der [1][Parlamentspräsident Juan Guaidó zum | |
| Übergangspräsidenten]. „Ich schwöre, offiziell die nationale Exekutivgewalt | |
| als amtierender Präsident von Venezuela zu übernehmen“, sagte Guaidó in | |
| Caracas vor einer jubelnden Menschenmenge. Er kündigte an, die | |
| gesetzwidrige Machtübernahme von Staatspräsident Nicolás Maduro zu beenden, | |
| eine Übergangsregierung zu bilden, sowie freie Wahlen abhalten zu lassen. | |
| Guaidós Schwur war der Höhepunkt der Demonstrationen gegen Nicolás Maduro, | |
| zu denen die Opposition aufgerufen hatte und bei denen landesweit | |
| Zehntausende auf die Straßen gingen. [2][Bei den Protesten] kamen | |
| mindestens 14 Menschen ums Leben, teilte die venezolanische | |
| Beobachtungsstelle für soziale Konflikte in (OVCS) mit. Der | |
| Menschenrechtsorganisation [3][Foro Penal zufolge] seien 218 Menschen | |
| festgenommen worden. | |
| Die größte Demonstration fand in der Hauptstadt Caracas statt. Aus mehreren | |
| Richtungen waren die Protestierenden zur Plaza Juan Pablo II gezogen. Hier | |
| legte Guaidó am frühen Nachmittag den Schwur ab und überraschte damit | |
| offensichtlich die Regierung. Die Regierung hatte zwar ebenfalls ihre | |
| Anhängerschaft mobilisiert und auf der Straße versammelt, sie änderte aber | |
| kurz nach Guaidós Schwur die Demonstrationsroute. Statt wie vorgesehen zur | |
| Plaza O’Leary im Zentrum der Hauptstadt zu marschieren, wurden die | |
| Demonstrierenden zum Präsidentenpalast Miraflores zum ständigen Schutz des | |
| Gebäudes umgeleitet. | |
| „Kommen auch Donner und Blitz, wir müssen für ganz Venezuela regieren“, | |
| rief Maduro vom sogenannten „Balkon des Volkes“. Minuten später | |
| [4][erkannte US-Präsident Donald Trump Guaidós Interimspräsidentschaft an,] | |
| zuvor hatte die USA Unterstützung zugesichert. Danach trafen im Minutentakt | |
| Stellungnahmen aus anderen Staaten ein: Brasilien, Paraguay, Kolumbien, | |
| Chile, Peru, Argentinien, Guatemala, Costa Rica, Panama und Ecuador | |
| erkannten Guaidó ebenfalls an. | |
| Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte nahezu ebenso schnell wie | |
| Trump und sicherte Maduro die volle Unterstützung zu, ebenso wie die | |
| Regierungen von Bolivien, Kuba, Nicaragua und der Türkei. Mexikos Regierung | |
| erklärte bereits, die Situation in Venezuela werde beobachtet, an den | |
| diplomatischen Beziehungen zu dem Land und zur bisherigen Regierung ändere | |
| sich aber zunächst nichts. China hüllt sich noch in Schweigen. | |
| Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini forderte sofortige freie und | |
| glaubwürdige Wahlen. Deutschlands Außenminister Heiko Maas rief bei seinem | |
| Besuch in Washington alle Seiten zur Besonnenheit auf. EU-Ratspräsident | |
| Donald Tusk erklärte, dass er auf eine einheiliche Position der | |
| EU-Mitgliedstaaten zur „Unterstützung der demokratischen Kräfte“ in | |
| Venezuela setze. | |
| ## Eine Frage der Anerkennung | |
| Der 35-jährige Juan Guaidó war am 5. Januar zum Präsidenten der von der | |
| Opposition dominierten Nationalversammlung gewählt worden. Er gehört der | |
| Voluntad Popular an, einer der radikalsten Oppositionsparteien. In seiner | |
| Antrittsrede stellte er klar, dass das Parlament die einzige legitime | |
| gewählte Institution sei und eine zweite Amtszeit von Nicolás Maduro nicht | |
| anerkennen werde. | |
| Maduro hatte dennoch am 10. Januar vor dem Obersten Gerichtshof den Amtseid | |
| abgelegt. Für die Nationalversammlung war das ein verfassungswidriger | |
| Vorgang, weshalb das offizielle Amt des Staatspräsidenten nicht besetzt | |
| ist. Interimspräsident Guaidó berief sich auf Artikel 233 der Verfassung, | |
| wonach bei einer „völligen Abwesenheit“ des Staatspräsidenten der | |
| Parlamentspräsident das Amt vorrübergehend übernehmen müsse. | |
| Kaum hatte sich die US-Regierung hinter Guaidó gestellt, reagierte Nicolás | |
| Maduro mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. „Die | |
| imperialistische US-Regierung will eine Marionettenregierung in Venezuela | |
| einsetzen. Ich habe entschieden, die diplomatischen und politischen | |
| Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten | |
| abzubrechen“, sagte er. Das US-Botschaftspersonal habe 72 Stunden Zeit um | |
| das Land zu verlassen, so Maduros Ultimatum. | |
| All das erklärte Interimspräsident Guaidó mit einer seiner ersten | |
| Amtshandlungen für nichtig. Zustimmung kam prompt von US-Außenminister Mike | |
| Pompeo. Maduro habe gar nicht die rechtliche Befugnis, diplomatische | |
| Beziehungen zu den USA abzubrechen, und die US-amerikanischen Diplomaten | |
| würden in Venezuela bleiben, so Pompeo. | |
| Das Diplomatengerangel gibt eine Vorahnung auf weiteres Konfliktpotential, | |
| wie etwa der Zugriff auf Venezuelas Staatsvermögen im Ausland. Stichwort | |
| Citgo, die US-Filiale der staatlichen Ölfirma PDVSA, die mit ihren | |
| Raffinerien und ihrem Tankstellennetz in den USA ein enorm wichtiger | |
| Devisenbringer für die Regierung in Caracas ist. Sollte Interimspräsident | |
| Guaidó anordnen, dass keine Dollars mehr in Maduros Staatskasse fließen | |
| sollen, müssten die US-Behörden Folge leisten. | |
| Interimspräsident Guaidó kann zwar auf außenpolitische Unterstützung | |
| setzen, aber der innenpolitische Stützpfeiler von Nicolás Maduro scheint | |
| nicht zu wanken. Um das Militär auf seine Seite zu ziehen, kündigte Guaidó | |
| ein Amnestiegesetz an, das bereits am Wochenende von der | |
| Nationalversammlung beschlossen werden soll. Verteidigungsminister Vladimir | |
| Padrino sicherte Maduro jedoch erneut die absolute Loyalität der Armee zu. | |
| „Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen Präsidenten, der von | |
| dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich abseits des Rechts selbst | |
| einsetzt“, [5][twitterte] Padrino. | |
| (mit afp, epd) | |
| 24 Jan 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Venezuelas-Oppositionschef-Juan-Guaido/!5567999 | |
| [2] https://twitter.com/OVCSocial/status/1088224690500395009 | |
| [3] https://twitter.com/ForoPenal/status/1088298931312828417 | |
| [4] /Venezuelas-Oppositionschef-Juan-Guaido/!5567999 | |
| [5] https://twitter.com/vladimirpadrino/status/1088185917410603008 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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