| # taz.de -- Kommentar Haltung der EU beim Brexit: Nicht hinter Irland verstecken | |
| > In Brüssel ist man enttäuscht von Theresa May. Doch tatsächlich müssten | |
| > sich auch die Europäer in Sachen Backstop und Irland bewegen. | |
| Bild: Die EU und die Briten müssten sich aufeinander zubewegen, aber danach si… | |
| Theresa May ist nicht mehr gern gesehen in Brüssel. Seit die britische | |
| Premierministerin die Abstimmung über den Brexit-Vertrag im britischen | |
| Unterhaus [1][krachend verloren hat], gilt sie als unzuverlässige Loserin. | |
| Und was sie nun als Ausweg präsentierte, bezeichnen einige Berufseuropäer | |
| als schlechten Witz. Mays Plan B unterscheide sich nicht [2][vom | |
| (gescheiterten) Plan A], so die ätzende Kritik. | |
| Doch in Wahrheit sollten die EU-Politiker May dankbar sein. Zumindest jene, | |
| die wie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker [3][am bisherigen | |
| Brexit-Deal] hängen. Denn May hat diesen Deal mit keinem Wort infrage | |
| gestellt. Dabei wäre das die naheliegende Reaktion gewesen: „So sorry, | |
| liebe Europäer, ich habe alles versucht, aber für unseren Deal gibt es im | |
| Unterhaus leider keine Mehrheit!“ | |
| Es wäre auch die ehrlichste Antwort gewesen. Denn gegen den „bestmöglichen | |
| Deal“ (Juncker) ist ja nicht nur die britische Opposition. Auch die Hälfte | |
| von Mays Tories und die nordirische DUP lehnen die mit der EU vereinbarten | |
| Pläne ab. Und das nicht nur wegen des [4][umstrittenen „Backstops“ für | |
| Irland]. Für viele Abgeordneten stimmt die ganze Richtung nicht, der Deal | |
| hält UK zu nah an der EU. | |
| So ist die Lage. May hätte die Möglichkeit gehabt, sie für sich zu nutzen | |
| und den Deal schlicht und einfach für tot zu erklären. Dann wäre der | |
| Schwarze Peter in Brüssel gelandet. Doch das hat sie nicht getan. | |
| Stattdessen hält May die Illusion aufrecht, die sich auch in der EU viele | |
| machen: Dass es irgendwie möglich sein müsste, doch noch eine Mehrheit für | |
| den gescheiterten Deal zu organisieren. | |
| ## May will den Backstop aufweichen | |
| Nur beim „Wie“ gehen die Meinungen zwischen London und Brüssel auseinander. | |
| In der EU glaubt man, May müsse „einfach“ auf die Opposition zugehen und | |
| eine überparteiliche Mehrheit für „ihren“ Austrittsvertrag organisieren. | |
| Eine Große Koalition nach deutschem Vorbild, das wäre doch mal was! Doch | |
| das ist eine Illusion. Selbst mit mehr Zeit und Druck bekommt London keine | |
| Konsenskultur, schon gar nicht beim Brexit. | |
| May versucht denn auch einen anderen Weg. Sie will den „Backstop“ | |
| aufweichen. Die umstrittene Auffanglösung für Irland soll entweder durch | |
| eine Absprache mit Dublin ersetzt werden – oder nach fünf Jahren | |
| automatisch auslaufen. Beide Varianten verfolgen dasselbe Ziel: May möchte | |
| ihren Gegnern das Argument aus der Hand schlagen, dass UK auf Dauer an die | |
| EU gebunden bleiben könnte. | |
| Doch genau das wollen die Europäer vermeiden. Sie betrachten den „Backstop“ | |
| als „Lebensversicherung“ für den Fall, dass alle Stricke reißen und sich | |
| die noch ausstehenden Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen in die | |
| Länge ziehen. Nur Polen ist aus dieser gemeinsamen Haltung ausgeschert – | |
| und wurde sofort zurückgepfiffen. Der „Backstop“ erweist sich als | |
| neuralgischer Punkt. | |
| Doch die Europäer machen sich etwas vor, wenn sie glauben, sie könnten | |
| diesen Punkt einfach ausklammern und sich hinter Irland verstecken. Sie | |
| müssen sich bewegen, um doch noch eine Lösung zu ermöglichen. Bisher sieht | |
| es nicht so aus, als seien sie dazu bereit. Nicht nur May hat keinen Plan B | |
| – Brüssel hat auch keinen. Und auf beiden Seiten fehlt die Kraft zum | |
| Kompromiss. | |
| 22 Jan 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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