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# taz.de -- Gründe für Fluglinienpleite: Germania am Boden
> Der ruinöse Preiskampf in der Luftfahrt fordert mit Germania das nächste
> Opfer. Reisende, Beschäftigte oder Firmen – in der Branche verlieren
> alle.
Bild: Germania-Flieger heben erst einmal nicht mehr ab
Das ist krass: Die Flugbranche wächst und wächst, immer mehr Menschen
werden immer weiter durch die Luft transportiert, aber Airlines machen
schlapp. [1][Mit Germania ist in kurzer Zeit nach Air Berlin die zweite
deutsche Fluggesellschaft pleitegegangen].
In der Branche ist die Lage dramatisch. Der ruinöse Preiskampf macht die
Airlines fertig. Die Passagiere können sehr billige Tickets kaufen, aber
sich nicht mehr darauf verlassen, dass der Flieger auch tatsächlich abhebt
– das gilt auch für die Maschinen der nicht wirtschaftlich angeschlagenen
Gesellschaften wie Lufthansa oder Easy Jet. Im vergangenen Jahr sind so
viele Flüge in Deutschland ausgefallen wie nie zuvor. Kommt etwas Sand ins
Getriebe, etwa weil es eine technische Störung gibt oder FlugbegleiterInnen
ausfallen, setzt sich eine Kettenreaktion mit Verspätungen, Verlegungen und
Ausfällen in Gang.
Der Grund dafür ist der gleiche wie der für die Insolvenz der Airline
Germania. Der Konkurrenzkampf in der Branche ist erbarmungslos, es gibt
nicht einen Beschäftigten, nicht ein Reserveflugzeug mehr als unbedingt
nötig – denn das würde ja Kosten verursachen. Die Fluggesellschaften können
sich gegenseitig die Passagiere mit niedrigen Ticketpreisen abjagen, weil
sie den Preiskampf auf dem Rücken der Beschäftigten und Reisenden austragen
und die extremen Umweltschäden nicht eingepreist werden, die Fliegen
verursacht.
Leiharbeit, Dumpinglöhne, unzumutbare Arbeitszeiten – viele Fluglinien
pressen ihre Mitarbeiter aus. Dass die sich mehr und mehr dagegen wehren,
wie zuletzt die Arbeitskämpfe an Flughäfen oder bei Ryan Air zeigten, ist
eine gute Folge der gleichzeitigen Boom- und ruinösen Wettbewerbsphase der
Branche. Denn die Airlines brauchen auf jeden Fall Leute. Das ist
hoffentlich ein Trost für die rund 1.150 Beschäftigten von Germania, die
ihren Job verlieren.
## Bigotte Rufe nach Preisanstiegen
Wie andere Fluggesellschaften auch hat Germania versucht, von der Pleite
des Konkurrenten Air Berlin zu profitieren – und sich dabei prompt
überhoben. Germania wird nicht die letzte Fluggesellschaft sein, die
aufgeben muss. Dass sich Flüge für unter 100 Euro von Berlin nach Tel Aviv
auf Dauer nicht tragen, liegt auf der Hand. Wenn auch noch wie geschehen
die Kerosinpreise steigen und eine Zwischenfinanzierung platzt, ist es aus
und vorbei.
Wären die Ticketpreise höher, würde es FlugbegleiterInnen und Bodenpersonal
vielleicht besser gehen. Möglicherweise würde Fliegen wieder zuverlässiger,
weil es mehr Reservekapazitäten gäbe. Viele fordern auch aus
Klimaschutzgründen eine Erhöhung der Ticketpreise – allerdings sind es auch
die Weltoffenen und ökologisch Versierten, die viel im Flieger unterwegs
sind. Ihre Rufe nach höheren Ticketpreisen sind bigott.
Sollen wirklich nur noch Leute mit viel Geld fliegen können? Nein. Es ist
nicht akzeptabel, dass die einen gar nicht mehr und die anderen umso
bequemer fliegen können. Eines steht aber fest: Die Zahl der Flüge muss
abnehmen. Das ist gar nicht so schwer zu erreichen. Flüge innerhalb
Deutschlands etwa sollten komplett gestrichen werden. Mit der Bahn sind
alle Ziele – ja, trotz der häufigen Verspätungen – durchaus gut zu
erreichen. Bislang leider oft zum höheren Preis. Das muss sich ändern. Dann
könnte jede und jeder ein persönliches Budget an Flugmeilen bekommen, die
er oder sie in einem bestimmten Zeitraum zurücklegen kann. Dann kann die
Reise durchaus noch nach Sri Lanka oder in die USA gehen, aber eben nicht
mehr so oft. Und bis sich das politisch durchsetzen lässt, sollten
weltoffene Ökologische sich ein rigides privates Flugbudget zulegen.
5 Feb 2019
## LINKS
[1] /Germania-meldet-Insolvenz-an/!5570556
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Fluggesellschaften
Flugverkehr
Airline Germania
Air Berlin
Air Berlin
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