| # taz.de -- Stader Kohlekraftwerk vor dem Aus: Chemieriese ohne Futter | |
| > Wenn es nach den Beschlüssen der Kohlekommission geht, dürfte das | |
| > Kraftwerk in Stade nicht gebaut werden. Es soll einen Chemiekonzern mit | |
| > Energie versorgen. | |
| Bild: Der zweitgrößte Stromverbraucher Deutschlands nach der Bahn: Dow Chemic… | |
| Hamburg taz | Der am Wochenende vereinbarte Ausstieg Deutschlands aus der | |
| Kohleverbrennung dürfte auch dem letzten Kohlekraftwerk in Norddeutschland | |
| einen Riegel vorschieben: dem in Stade an der Unterelbe. Die | |
| Kohlekommission, in der die Energiewirtschaft ebenso vertreten war wie die | |
| Umweltverbände, hat empfohlen, „den Bau neuer Kohlekraftwerke nicht mehr zu | |
| genehmigen“. Für bereits gebaute, aber noch nicht in Betrieb befindliche | |
| Kraftwerke empfiehlt sie, „eine Verhandlungslösung zu suchen“. | |
| Das Stader Kraftwerk sollte die Chemiefabrik der Firma Dow versorgen. Der | |
| nach der Bahn zweitgrößte Stromverbraucher Deutschlands bezog früher einmal | |
| seine Energie von dem im Rückbau befindlichen Atomkraftwerk Stade. Mit dem | |
| neuen Kraftwerk hat Dow wieder auf eine Technik gesetzt, deren Auslaufen | |
| absehbar war, wenn auch kaschiert. | |
| Denn Dow verkaufte sein Kohlekraftwerk als „Brückentechnologie“ auf einem | |
| Weg in eine klimafreundlichere Zukunft: als Kombikraftwerk, in dem neben | |
| mindestens 80 Prozent Steinkohle jeweils zehn Prozent Biomasse und | |
| Wasserstoff verbrannt werden sollten. Der Wasserstoff fällt bei der | |
| Produktion in Stade als Nebenprodukt an. | |
| „Wenn man etwas genauer hinsieht, erkennt man, dass es kein | |
| Innovationskraftwerk ist“, sagte Silke Hemke vom Umweltverband BUND in | |
| Stade, der vergeblich gegen das Vorhaben geklagt hat. „Was sie bauen | |
| wollen, ist ein ganz normaler Kohleblock.“ Hinter das Votum der | |
| Kohlekommission werde die Bundesregierung nicht zurückgehen können. Damit | |
| wäre das Ende des Kombikraftwerks in der bisher geplanten Form besiegelt. | |
| ## Projekt ohne Zukunft | |
| Die Greenpeace-Gruppe Hamburg fordert zwar noch, dass das Votum der | |
| Kohlekommission eins zu eins in ein Gesetz gegossen wird, um sicherzugehen. | |
| Doch die weit reichenden Übereinkommen zur Abschaltung selbst bestehender | |
| Kraftwerke, lassen dem Stader Projekt keine Zukunftsperspektive. – „Ein | |
| Kohlekraftwerk wird dort jetzt keiner bauen“, sagte Niedersachsens Umwelt- | |
| und Energieminister Olaf Lies (SPD). | |
| Dow Chemical dagegen wollte sich am Dienstag noch nicht festlegen: „Wir | |
| haben den Beschluss der Kommission ‚Wachstum, Strukturwandel und | |
| Beschäftigung‘ zur Kenntnis genommen und prüfen jetzt die möglichen | |
| Auswirkungen auf unser Unternehmen“, teilte Pressesprecher Stefan Roth mit. | |
| Mit Blick auf die Braunkohle-Altlasten im Land hatte sich Energieminister | |
| Lies noch im August gegen einen schnellen Kohleausstieg gewandt. Er sagte | |
| auch, Dow plane in Stade gar kein Kohle- sondern ein „Industriekraftwerk“. | |
| Die Kombination von Kohle, Biomasse und Wasserstoff halte er für einen | |
| „klugen Weg“. | |
| ## Kohleausstieg und dann? | |
| Jetzt setzt der Minister darauf, dass Niedersachsen den anstehenden | |
| Strukturwandel mit der Kohle, die es vom Bund für den Kohleausstieg gibt, | |
| als Chance nutzen kann. „Die Diskussionen in der Kommission haben | |
| verdeutlicht, dass Klimaschutz nicht allein über die Abschaltung von | |
| Kraftwerken funktioniert“, sagte der Minister, der das Land in der | |
| Kommission vertreten hatte. Vielmehr müsse in Innovationen, Erneuerbare | |
| Energien und die Wasserstoff-Technologie investiert werden. | |
| Klimafreundlich erzeugter Wasserstoff wäre Lies zufolge ein entscheidender | |
| Wettbewerbsvorteil für die Stahl- und Chemieindustrie sowie die Raffinerien | |
| im Land. Ins Gasnetz eingespeist, könnte Wasserstoff aus Windstrom, | |
| Schwankungen bei den Erneuerbaren Energien ausgleichen. | |
| Lies wies darauf hin, dass bis 2022 insgesamt 12,5 Gigawatt Kohlestrom aus | |
| dem Netz genommen werden sollen. „Das ist mehr als ein Viertel der | |
| Kraftwerksleistung und ein bedeutender Beitrag zum Erreichen der | |
| Klimaschutzziele“. Um diese Lücke zu schließen, müsse die Windkraft | |
| schneller ausgebaut werden. Lies bekräftigte deshalb „unsere gemeinsame | |
| norddeutsche Forderung , den Deckel für den Offshore-Ausbau abzuschaffen“ | |
| und die Windkraft auf See so bis 2030 auf 20 Gigawatt auszubauen. | |
| Als Alternative für das Unternehmen Dow Chemical in Stade könnte ein | |
| Gaskraftwerk in Frage kommen. Am Mittwochabend lässt sich der Stader Rat | |
| vorstellen, wie ein Terminal für Flüssiggastanker aus den USA funktionieren | |
| könnte. | |
| 30 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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