# taz.de -- Offener Brief des Farc-Chefs: „Tun Sie das Kolumbien nicht an“ | |
> Nach dem Anschlag in Bogotá appelliert Farc-Chef Rodrigo an den | |
> Präsidenten. Der Dialog mit der ELN-Guerilla müsse fortgesetzt werden. | |
Bild: Bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeiakademie kamen 21 Menschen ums L… | |
BERLIN/BOGOTÁ taz | In einem offenen Brief hat Farc-Chef Rodrigo | |
„Timochenko“ Londoño am Samstag Präsident Iván Duque gebeten, den | |
[1][Dialog mit der ELN-Guerilla] aufrechtzuerhalten. Die Aufkündigung des | |
Friedensvertrags führe nur zu erneuter, „totaler“ Gewalt: „Tun Sie das | |
Kolumbien, unseren Kindern, unseren Müttern und Vätern nicht an“, sagte | |
Londoño, der seit vergangenem Jahr den Vorsitz der neu gegründeten | |
Farc-Partei übernommen hat. | |
Der [2][Friedensvertrag], den Duques Vorgänger Juan Manuel Santos im | |
November 2016 mit den Farc geschlossen hatte, erlaubt den ehemaligen | |
Farc-Kämpfern unter anderem die politische Teilhabe, neben der Landreform | |
eine ihrer wichtigsten Forderungen. Zwischen 2018 und 2026 haben die | |
Ex-Guerilleros nun zehn Parlamentssitze sicher, fünf im Abgeordnetenhaus | |
und fünf im Senat. | |
Auch die ELN-Guerilla forderte Londoño in dem offenen Brief auf, Zeichen | |
für ihre „Friedensabsichten“ zu geben. Für ihre Warnung hat die | |
Farc-Führung gute Gründe. Denn nicht nur in der kolumbianischen | |
Gesellschaft gibt es Gegner des Friedensvertrages. So haben einige | |
Farc-Dissidenten wieder zu den Waffen gegriffen. | |
Und erst vor wenigen Tagen hat es einer der früheren Farc-Chefs, der seit | |
April untergetauchte Iván Márquez, [3][in einem Video] als „Fehler“ | |
bezeichnet, vor der vollständigen Wiedereingliederung der ehemaligen | |
Kämpfer in die kolumbianische Gesellschaft die Waffen abzugeben. Márquez | |
ist untergetaucht, weil er sich nicht vor der eigens für den | |
Friedensprozess eingerichteten Sonderjustiz JEP verantworten möchte. | |
## Kolumbianer fürchten Straffreiheit für Guerilla-Führer | |
Die juristische Aufarbeitung des über 50 Jahre währenden Krieges in | |
Kolumbien ist eine der zentralen Streitthemen des Friedensvertrages. Zwar | |
haben im Januar 2018 30 Amtsrichter ihre Arbeit aufgenommen. Wie weit ihre | |
Zuständigkeiten aber gehen, ist umstritten. Viele Kolumbianer lehnen den | |
Friedensprozess ab, weil sie fürchten, die im Friedensvertrag ausgehandelte | |
Amnestie komme einer Straffreiheit für die Guerilla-Führer gleich. | |
Tatsächlich sind aber laut Vertrag Freiheitsstrafen von bis zu acht Jahren | |
vorgesehen. | |
Eine Befürchtung, die auch der heutige Präsident Iván Duque in der | |
Vergangenheit fleißig befeuerte. Die Sonderjustiz bezeichnete er vor seinem | |
Amtsantritt als „Denkmal für die Straflosigkeit“. Seitdem Duque an der | |
Macht ist, wurde die Autonomie der JEP im Parlament stark eingeschränkt. So | |
können die Urteile vom Verfassungsgericht kassiert werden. Und Richter, die | |
in Prozessen gegen Menschenrechtsverletzungen seitens des Staates | |
gearbeitet haben, bleiben von der Sonderjustiz ausgeschlossen. | |
21 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-Anschlag-in-Kolumbien/!5566597 | |
[2] /Ende-des-Buergerkriegs-in-Kolumbien/!5357347 | |
[3] https://twitter.com/IvanMarquezFARC/status/1084202551019491328 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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