# taz.de -- Der Fall des Journalisten Relotius: Weit gesäte Unklarheiten | |
> Ex-„Spiegel“-Reporter Claas Relotius veröffentlichte auch Texte in | |
> anderen Medien. Auch darin tauchen offenbar erfundene Passagen auf. | |
Bild: Nicht nur beim Spiegel veröffentlichte Claas Relotius Texte mit viel Fan… | |
Nachdem am Mittwoch der Spiegel [1][bekannt gegeben hat], dass sein | |
preisgekrönter Reporter Claas Relotius Protagonisten, Zitate und | |
Begebenheiten erfunden haben soll, finden nun sowohl der Spiegel als auch | |
andere Medien weitere Unstimmigkeiten in Relotius’ Texten. | |
Unter anderem seien Passagen aus dem viel beachteten Gespräch mit Traute | |
Lafrenz, der letzten Überlebenden der „Weißen Rose“, nicht korrekt. Sie | |
habe den Artikel nun im Detail gelesen „und distanzierte sich dann von dem | |
Interview“, [2][heißt es beim Spiegel]. Warum das nicht früher auffiel? | |
Erstens soll es – so stellt es Der Spiegel dar – laut Relotius keine | |
Aufnahme des Gesprächs gegeben haben (was die beim Gespräch anwesende | |
Schwiegertochter von Lafrenz bestreitet), zweitens soll Lafrenz (wie in den | |
USA, wo sie heute lebt, üblich) nicht auf eine Autorisierung bestanden | |
haben, drittens bat Relotius „die Mitarbeiter der englischsprachigen Seite | |
des Spiegel wiederholt, seine Texte nicht ins Englische zu übersetzen“, so | |
Der Spiegel. | |
Auch [3][Zeit Online berichtet] über Nachfragen und Überprüfungen zu jedem | |
der sechs Texte, die Relotius von 2010 bis 2012 auf ihrer Webseite und bei | |
Zeit Wissen veröffentlichte. Zweifel gibt es vor allem an Relotius’ Artikel | |
über eine Familie, die ein zweites Kind mit Down-Syndrom bekommen will. | |
Denn Zeit Online gelang es bislang nicht, die im Text erwähnten | |
Protagonisten ausfindig zu machen – und zwar weder die Familie selbst noch | |
einen Entwicklungspädagogen, der darin ebenfalls auftaucht. „Das ist | |
ungewöhnlich“, heißt es. „Hätten sich nicht auch andere Medien für eine | |
solche Familie interessiert, hätten nicht Selbsthilfegruppen das Beispiel | |
aufgenommen?“ Anonymisiert sei der Artikel „offenbar nicht worden“, denn | |
das hätte nach Regeln von Zeit Online kenntlich gemacht werden müssen. | |
Auch NZZ Folio, das monatliche Magazin der Neuen Zürcher Zeitung, hatte | |
zwei Texte von Relotius veröffentlicht. Über einem davon, einer Reportage | |
über eine finnische Friseurin, [4][steht nun ein Text], in dem erklärt | |
wird, dass das Magazin schon kurz nach der Veröffentlichung im Jahr 2014 | |
auf Unstimmigkeiten hingewiesen worden und „zum bizarrsten Korrigendum | |
gezwungen“ gewesen sei, „das wir je veröffentlichen mussten“. Schon dama… | |
seien der Name der Friseurin und das Bild korrigiert worden. In der Folge | |
habe man von einer weiteren Zusammenarbeit mit Relotius Abstand genommen. | |
Offenlegung: Von August bis September 2008 war Claas Relotius Praktikant | |
der taz in Hamburg. Aus dieser Zeit finden sich im Archiv unter seinem | |
Namen zehn Texte. Die Beiträge [5][wird die taz nun prüfen]. | |
20 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Faelschungsskandal-beim-Spiegel/!5560301 | |
[2] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fall-claas-relotius-weisse-rose-u… | |
[3] https://blog.zeit.de/glashaus/2018/12/20/unser-wissensstand-zu-den-beitraeg… | |
[4] https://folio.nzz.ch/2014/februar/blondinen-faerben-ihr-haar-dunkel?share=Q… | |
[5] https://blogs.taz.de/hausblog/relotius/ | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
Jürn Kruse | |
## TAGS | |
Claas Relotius | |
Journalismus | |
Fälschung | |
Der Spiegel | |
Nationalsozialismus | |
Claas Relotius | |
Claas Relotius | |
Der Spiegel | |
Claas Relotius | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Journalismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Letzte Überlebende der Weißen Rose: Traute Lafrenz wird endlich geehrt | |
Spätes Bundesverdienstkreuz: Lafrenz hielt die Verbindung zwischen der | |
Münchner Gruppe und Hamburger Widerständlern. | |
Ungereimtheit bei Recherche aufgefallen: „SZ-Magazin“ trennt sich von Autor | |
Ein freier Autor des „SZ-Magazin“ soll in einer Geschichte eine | |
Protagonistin erfunden haben. Der Journalist hat auch für „Zeit“ und | |
„Spiegel“ geschrieben. | |
Fälschungsaffäre um Relotius: „Spiegel“ legt Verträge auf Eis | |
Nach der Fälschungsaffäre beim „Spiegel“ lassen zwei der Chefs ihren | |
Vertrag ruhen. Das kündigte der designierte Chefredakteur Klusmann an. | |
„Spiegel“-Reporter Juan Moreno: Er hat es sich nicht leicht gemacht | |
Die Abgründe der „Spiegel“-Affäre um Claas Relotius sind noch lange nicht | |
ausgeleuchtet. Einer ist gegen den Strom geschwommen – und macht Hoffnung. | |
Kolumne Macht: Debatte mit hysterischen Zügen | |
Nach der „Spiegel“-Affäre: Nicht mehr „schön“ schreiben, keine | |
Auslandsreportagen mehr, Interviewpartner gegenchecken? Das wäre grotesk. | |
Der Fall Claas Relotius und Journalismus: Das Problem der Geschichten | |
Claas Relotius ist Produkt eines journalistischen Zeitgeistes, der | |
Schönschreiben feiert. Und Recherche und Quellen-Transparenz | |
vernachlässigt. | |
Fälschungsskandal beim „Spiegel“: Die Wahrheiten des Relotius | |
Ein preisgekrönter Autor soll beim „Spiegel“ mehrere Geschichten erfunden | |
haben. Es ist einer der größten Skandale im deutschen Journalismus. |