| # taz.de -- US-Autor über zwei Jahre Trump: „Trump ist zynisch, ohne es zu w… | |
| > Mit jedem Tweet des US-Präsidenten wächst das Gefühl, „das alles geht gar | |
| > nicht“. Der kalifornische Intellektuelle Hans Ulrich Gumbrecht über | |
| > Trumps Impulse. | |
| Bild: „Sein Stil ist reiner Aktionismus“: US-Präsident Donald Trump | |
| Am 20. Januar endet die Hälfte von Donald Trumps erster Amtszeit als | |
| Präsident der USA. Für den Stanford-Intellektuellen Hans Ulrich Gumbrecht | |
| ist Trump kein „böser Mensch“ mit einem finsteren Plan, sondern ein | |
| impulsgetriebener Aktionist ohne Weltbild. Gumbrecht sitzt in einem Büro | |
| auf dem Main Quad der Universität Stanford, dem Herzen des Silicon Valley. | |
| Das Büro hat er nach seiner Emeritierung letzten Sommer bezogen. Es ist | |
| interessanterweise größer und repräsentativer als sein altes. Er trägt | |
| Oberlippenbart und ein schwarzes Muskelshirt. „Wie kann es sein“, sagt er, | |
| „dass ein bemerkenswerter Vollidiot Präsident ist – und nichts verändert | |
| sich, weder national noch international?“ | |
| taz am wochenende: Herr Gumbrecht, wie sehen denn nach zwei Jahren die | |
| republikanischen Konservativen in Stanford den republikanischen Präsidenten | |
| Trump? | |
| Hans Ulrich Gumbrecht: Ich sehe ja Condi ab und an bei den Spielen unserer | |
| American-Football-Mannschaft. | |
| Die ehemalige republikanische Außenministerin Condoleezza Rice, auch | |
| bekannt unter dem Spitznamen Condi. | |
| Sie unterrichtet wieder ganz normal hier an der Universität, wie in der | |
| Zeit, bevor sie Teil der Bush-Regierung wurde. Allerdings ist sie | |
| mittlerweile wohl richtig reich geworden. Außerdem hat sie ein neues und | |
| sehr erfolgreiches Buch geschrieben über Grundwerte der Demokratie. Im | |
| Sinne der amerikanischen Tradition politischer Institutionen ist es ein | |
| konservatives Buch, das diese Institutionen als zentrale Kontinuität der | |
| Nation interpretiert. Für Condi Rice ist Trump eine viel größere Irritation | |
| als für mich. Sie gehört zu jenen Republikanern, die an die Grand Ole Party | |
| glauben und damit bestimmte Werte und Begriffe verbinden, die nicht Ihre | |
| und meine sind, aber die ich respektieren kann. Die sind überzeugt, dass | |
| Trump dieses Traditionsfundament aktiv gefährdet. | |
| Der französische Soziologe Bruno Latour hat 2018 [1][die Sicht auf Trump | |
| neu definiert]. Für ihn ist das Zentrale die Leugnung der Erderwärmung und | |
| der totale Rückzug in den Illusionismus. Teilen Sie das? | |
| Es läuft auf eine Negierung ganz verschiedener breit akzeptierter | |
| Realitätsannahmen hinaus, ja. Ich verstehe Trump so, aber er selbst | |
| versteht sich sicher nicht in dieser Weise. Denn er hat ja nicht so etwas | |
| wie ein „Programm“. Sein Stil ist reiner Aktionismus, der sich in extrem | |
| kurzen Gegenwartsspannen vollzieht. | |
| Manchmal nur Stunden. | |
| Er ist ganz offenbar prostatisch. Man weiß aus dem Weißen Haus, dass er | |
| jeden Morgen um etwa zwei Uhr zum ersten Mal rausgeht. | |
| Und dabei bringt er sich in Stimmung? | |
| Er wird wütend über etwas oder hat – eine Idee kann man es ja wohl nicht | |
| nennen – einen Impuls am ehesten. | |
| Dann schreibt er die ersten Tweets? | |
| Ja. Und um vier steht er wieder auf, und so geht es weiter. Er hat keinen | |
| Plan, weshalb sich nie voraussagen lässt, welchen Streit er als Nächstes | |
| sucht. | |
| Latour sagt, Trump habe begriffen, dass der Boden der Erde nicht für den | |
| Wohlstand aller reiche, und ziehe sich deshalb auf Amerika zurück. | |
| Ich fürchte, er sieht solche vergleichbar großen Zusammenhänge und | |
| argumentativen Strukturen nicht. Der Klimawandel ist als Phänomen schlicht | |
| zu langfristig für ihn. | |
| Ist Trump ein böser oder kein böser Mensch? | |
| Trump ist egozentrisch, zynisch, ohne es zu wissen, und denkt nur aus der | |
| Perspektive der eigenen Generation. Aber Positionen oder moralische Werte | |
| sind ja nicht der Punkt. | |
| Was ist für Sie der Punkt? | |
| Sein Aktionismus der kurzen Gegenwart. Er hat immer irgendeinen Impuls im | |
| Kopf, vielleicht eine Reaktion auf ein Wort aus der vorigen Konversation | |
| oder eine Twitter-Message. Die beschäftigen ihn dann. Die maximale | |
| Grundeinheit scheint ein Tag zu sein. Es läuft bei Trump nichts zu einem | |
| Weltbild zusammen, und es gibt keine Position, die er ernsthaft einnehmen | |
| könnte. Es gibt nur die Frenetik und Hysterie dieser Energieimpulse. Das | |
| einzig Beständige ist die Diskontinuität. Aber manchmal hat dieser | |
| Aktionismus ja groteskerweise positive Effekte: Die Situation mit Nordkorea | |
| war für einige Wochen zumindest deutlich entspannter als über Jahrzehnte | |
| zuvor. Womöglich lockert sein Irrsinn manchmal Situationen auf, die eine | |
| vernünftige Politik nicht mehr entwirren kann. | |
| Mit der Zuspitzung auf den Moment und den hysterischen Impuls steht er | |
| nicht allein. Das hat alle Politik und uns selbst ergriffen. | |
| Die Politik im Zeitalter von Twitter spielt sich zwischen subjektiven | |
| Impulsen und der Sehnsucht nach kollektiver Resonanzverstärkung ab. | |
| Vielleicht ist es ein Symptom dieser Zeit, keine langfristigen Perspektiven | |
| mehr zu haben. Für Donald Trump ist dieser Aktionismus allerdings auch eine | |
| psychische Stärke. Seine Trumpf-Karte sozusagen. | |
| Dauer-Aktionismus heißt nicht, dass er ununterbrochen arbeitet. | |
| Nein. Man weiß ja, dass er jedes Wochenende zwei Tage in seinem Golfhotel | |
| in Florida verbringt. Da tut er vermutlich überhaupt nichts. Angeblich | |
| kostet es um die 100.000 Dollar, dort zwei Tage zu verbringen und fünf | |
| Minuten mit dem Präsidenten sprechen zu dürfen. Dazu geht er bei einem | |
| Dinner-Empfang von Tisch zu Tisch. Auch wenn es Gerüchte über Wochenenden | |
| des Präsidenten George W. Bush beim Rasenmähen in Texas gab, hatte man | |
| bisher allgemein angenommen, dass es sich ein Präsident nicht leisten kann, | |
| zwei Tage die Woche im Golfhotel zu sein. Trump kann das aber. | |
| Das Interessante ist, dass man bei jedem Tweet, bei jeder Eskapade immer | |
| denkt: Das geht jetzt aber wirklich nicht mehr. Und dann geht es weiter. | |
| Was kapieren wir nicht? | |
| Er verschiebt von Tag und zu Tag unsere Vorstellungen von dem, was Politik | |
| heute sein kann. Die meisten Politiker, zumal in Europa, halten bewusst | |
| dagegen – aber natürlich gibt es Politiker, die sich von Trumps nicht zu | |
| leugnendem Erfolg ermutigen lassen. | |
| Im Grunde ist Trump ideal für einen Journalismus, der auch keine langen | |
| Linien halten kann, täglich oder mittlerweile stündlich auf Impulse | |
| reagiert und Dinge am nächsten Tag schon wieder vergessen hat, die gerade | |
| noch das Wichtigste überhaupt zu sein schienen. | |
| Eindeutig. Etwa lädt sich sein Hass gegen die New York Times und die | |
| Washington Post jeden Tag von Neuem auf. Es gelingt auch einem | |
| beharrlicheren und wertebewussteren Journalismus nicht, Trump aus dem | |
| Rhythmus zu bringen. Die meisten Ihrer Kollegen – auch die absoluten | |
| Trump-Feinde – sind mittlerweile durch ihre täglichen Katastrophenmeldungen | |
| perfekt mit seinem Rhythmus koordiniert. Aber ich möchte gar nicht zynisch | |
| eine weitere Frage anschließen: Wie relevant ist Politik eigentlich heute | |
| wirklich noch? | |
| Was meinen Sie? | |
| Es ist heute peinlich, mit einem US-amerikanischen Pass zu reisen. Aber ich | |
| fühle mich trotzdem nicht bedrohter von einem Nuklearkrieg als zuvor. | |
| Wahrscheinlich heißt das, dass ich mich an Trump als permanentes | |
| Nuklearkriegsrisiko gewöhnt habe. Die Wirtschaft in den USA läuft bei allen | |
| Höhen und Tiefen eher gut in den bisherigen Trump-Jahren. Aber sicher | |
| nicht, weil Trump so kompetent ist. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. | |
| Definitiv nicht wegen Trump. Trotzdem. Just a good moment. | |
| Wie bewerten Sie im Vergleich Obama? | |
| Ja genau, diese Frage kann man auch in Bezug auf Obama stellen. Nach meinen | |
| Kriterien oder denen meines viel kompetenteren Kollegen Francis Fukuyama | |
| war er ein sehr guter Präsident. Obamacare ist die eine Einzelleistung, | |
| die, wie sich herausgestellt hat, auch die Trump-Jahre überleben wird. Dass | |
| Obama dem Weißen Haus und der politischen Tradition der Vereinigten Staaten | |
| nach George W. Bush etwas von ihrer Aura zurückerobert hatte, ist | |
| inzwischen durch die viel radikaleren Erosionseffekte von Trump leider in | |
| Vergessenheit geraten. Das ist der bisher negativste Trump-Effekt für mich. | |
| Wenn man Bruno Latours These folgt, steht Donald Trump als Illusionärer | |
| jenseits des alten Links-rechts-Spektrums, und das macht seine Faszination | |
| aus. Deshalb wird man ihn weder mit Rassismus- und Misogynie-Vorwürfen | |
| schlagen noch mit Sozialdemokratie nach europäischem Vorbild noch mit einer | |
| jungen Frau wie [2][Alexandria Ocasio-Cortez] als Gegenkandidatin. Wie | |
| sehen Sie das? | |
| Man sollte sich nicht in eine Überzeugung von Trumps Unschlagbarkeit | |
| hineinsteigern – sonst wird sie zu einer jener Prophezeiungen, die ihr | |
| eigenes Wirklichwerden befördern. Es gibt immer wieder Überraschungen bei | |
| amerikanischen Vorwahlen – Trump selbst und Obama sind schlagende | |
| Beispiele. Aber so leicht, wie wir liberalen Gebildeten uns das vorstellen, | |
| wird es nicht. | |
| Was ist die linke Alternative zum Clinton-Liberalismus? | |
| Wenn ich mich frage, was heute rechts und links sein könnte, dann sehe ich | |
| nur, das dieses Schema heute einfach nicht mehr funktioniert. Nimmt man das | |
| Wort konservativ wörtlich, dann sind die Linken heute die eigentlich | |
| Wertkonservativen in Deutschland. Auch die Linkspartei hat konservative | |
| Werte. Und was können wir noch an Positivem mit dem Wort „links“ verbinden? | |
| Ich meine: vielleicht die Fähigkeit zur dynamischen Reaktion auf neue | |
| Situationen. | |
| Auf dem Campus von Berkeley begann in den 1960ern [3][die antiautoritäre | |
| Revolte]. Heute wird dort von linken Studenten die freie Rede mit Gewalt | |
| verhindert, wo [4][die Revolte von der anderen Seite] kommt. | |
| Berkeley hat sich – zumindest in meiner Stanford-Sicht – zu sehr auf die | |
| Verwaltung der linken Tradition der Vereinigten Staaten festgelegt. Und | |
| dies ist eine Tradition, die außerhalb der Universitätswelt noch nie eine | |
| Resonanz gefunden hat – anders als in Europa. | |
| Und was ist Ihr Gegenentwurf? | |
| Ich spreche von einer brüchigen Gegenwart, und damit meine ich, dass | |
| bestimmte Institutionen immer dysfunktionaler werden, ohne dass es Ideen | |
| für die Zukunft gibt. Ideen, wo wir hinwollen, wie es sie im 19. | |
| Jahrhundert und im Zeitalter der Ideologien im Überfluss gab, auf der | |
| Rechten und auf der Linken. Heute weiß keiner, wo es hingehen soll. | |
| Sympathisch sind mir Zugänge mit der Prämisse, dass wir neu verstehen | |
| müssen, dass wir keine Patentrezepte mehr haben. Wie kann das sein, dass | |
| ein bemerkenswerter Vollidiot Präsident ist und nichts passiert – weder | |
| national noch international? Das muss man erst einmal verstehen. Und dann | |
| sollte man in seinen Reaktionen experimentell sein. | |
| Stimmt es denn, dass nichts passiert? | |
| Es passiert vielerlei in der Welt – ich dachte, Sie ersparen mir die | |
| Banalität eines solches Satzes. Aber ich konstatiere noch einmal, um zu | |
| provozieren: Außer dem Verfall der Aura des Weißen Hauses und des | |
| politischen Systems in den Vereinigten Staaten hat sich die weltpolitische | |
| Situation und die existenzielle Situationen der siebeneinhalb Milliarden | |
| Menschen in den zwei Trump-Jahren nicht dramatisch verändert. Kein | |
| Vergleich mit all den positiven und vor allem negativen Prognosen nach | |
| seiner Wahl. | |
| Die Lage neu verstehen und experimentell reagieren, wie Sie sagen: Das | |
| braucht einen radikalen Kulturwandel in Deutschland. | |
| Wenn ich mich in Europa frage, mit wem ich einen solchen Wandel assoziieren | |
| kann, dann bin ich bei Emmanuel Macron. Frankreich ist für mich von den | |
| vielen müden Ländern in Europa das müdeste. Ich habe mein letztes Schuljahr | |
| in Paris verbracht und sage das mit großer Melancholie. Macron hat diese | |
| Lethargie nicht weiter pflegen wollen. Er hat beschrieben und kritisiert, | |
| wie es sich in dieser Lethargie lebt. Es gibt Impulse in seiner Politik, | |
| die ich interessant finde – und dafür ist der radikale Protest in | |
| Frankreich, der Protest der Gelbjacken, nur der schlagende Beweis. | |
| Macrons Beliebtheit ist Ende 2018 steil abgestürzt. Selbst sein großer | |
| Unterstützer Daniel Cohn-Bendit rät ihm, [5][den sozialen Ausgleich stärker | |
| einzubringen]. | |
| Vielleicht ist die Aufgabe für Macron, die erste Legislaturperiode | |
| durchzuhalten. Mir hat auch die symptomatische, intelligente Reaktion | |
| gefallen, als er Trump zum Nationalfeiertag eingeladen hat mit der | |
| Begründung, dass es keinen historischen Nationalfeiertag in den USA ohne | |
| Frankreich geben könne und keinen französischen ohne die USA. Deshalb lade | |
| er den amerikanischen Präsidenten ein – unabhängig von der Person. Er hat | |
| klargemacht: Wir werden Trump nicht los, also muss man eine Situation | |
| herstellen, in der man mit ihm reden kann. | |
| Die liberale fossil befeuerte Moderne ist am Ende, weil die Erde zu klein | |
| dafür geworden ist – ist dieses Grunddilemma klarzumachen? Eines, das weit | |
| über Trumps Xenophobie und Sexismus hinausgeht? | |
| Evolutionsgeschichtlich und kosmologisch ist das Ende unserer Spezies ja | |
| ohnehin garantiert, trotz allen rhetorischen Gefuchtels im Blick auf das | |
| langfristige Überleben der Menschheit. | |
| Sie meinen, weil der Planet so oder so am Ende in der Sonne verbrennt. | |
| Der Gedanke an ein natürliches Ende der Gattung Menschheit scheint uns | |
| unerträglich. Es ist symptomatisch, dass es pseudotheologisch betrachtet | |
| wird, vor allem als Bestrafung für sozialethische Sünden. Man kann den | |
| Industriellen des frühen 20. Jahrhunderts alles Mögliche an sozialethischen | |
| Sünden vorwerfen – aber den Klimawandel konnten sie nicht vorausahnen. Das | |
| wusste niemand. Auch kein Naturwissenschaftler. Selbst Emerson und Thoreau | |
| dachten ökologisch, aber nicht mit solchen Zukunftsperspektiven. | |
| Heute sind die Zusammenhänge klar und auch die Konsequenzen. | |
| Individuelles Alltagsverhalten und reales Leben abhängig zu machen vom Ziel | |
| einer unbegrenzten Erhaltung der Menschheit – das halte ich für eine große | |
| Zumutung. Meine Enkel in Deutschland lernen schon in der Grundschule, dass | |
| die Menschheit nicht an ihr Ende kommen wird, wenn sie nur den Müll immer | |
| noch sorgsamer trennen. Das führen sie mir dann vor, vermutlich weil ihnen | |
| mein Alter schon ein bisschen Angst macht. | |
| Aber in Wahrheit ist es einfach nur Aktionismus? | |
| Der Gedanke an das Sterben des letzten Menschen ist von bleierner | |
| Melancholie. Es ist zwar nicht analog, aber ähnlich wie das, was Heidegger | |
| gesagt hat: Das individuelle Bewusstsein kann sich den Tod als sein eigenes | |
| Ende nicht vorstellen. Ich frage mich, ob es nicht eine Perspektive geben | |
| könnte, die in Würde das anstehende Ende der Menschheit ins Auge fasst, | |
| statt dieses Ende zu verdrängen. Eine gewisse Gelassenheit also. Das Ende | |
| erscheint ja nicht mehr vermeidlich, wenn man es naturwissenschaftlich | |
| denkt. | |
| Wie stellen Sie sich diese Würde vor? | |
| Ich hab für die NZZ einmal über Würde geschrieben, und das wurde mit einem | |
| Foto der Queen bebildert, was ich sehr passend fand. Die Frau hatte sicher | |
| nie große Ideen, aber sie hat mit Würde eine Institution verkörpert, die | |
| sich längst überlebt hat und deswegen fortschreitend prekär wird. | |
| Ich bezweifle, dass die wachsende Menschheit mit Würde damit umgehen kann, | |
| wenn die Welt immer prekärer wird. | |
| Da könnten Sie schon recht haben. Trotzdem will ich die Frage stellen, ob | |
| es denn keine Alternative zum Überleben der Menschheit als ihrem höchsten | |
| Ziel geben kann. Überlasten wir uns damit nicht? Und muss man nicht auch | |
| die Frage stellen, ob und wie glückliches menschliches Leben unter | |
| ökologisch verschlechterten Bedingungen möglich sein wird? | |
| Versuchen wir es in aller Theorie so herum: Donald Trump hat den | |
| Irrealismus der demokratischen Politik radikalisiert. Eine neue Antwort | |
| darauf wäre die Radikalisierung der Realitätspolitik: nämlich entschlossen | |
| in eine postfossile Gesellschaft umsteigen. Aber kann man überhaupt eine | |
| demokratische Mehrheit für Zukunft bekommen? | |
| Das weiß ich nicht, aber zumindest kann man Diskussionen in diese Richtung | |
| eröffnen. Das wäre ja schon der Beginn von radikalem Realismus. | |
| Hyperrealistisch gleichsam wäre der Punkt, an dem man sagt: Dies sind | |
| irreversible Entwicklungen, auch wenn sie selbst initiiert sind. Wenn wir | |
| nicht allzu früh das Schicksal anderer Spezies erleiden, wenn wir nicht die | |
| Mammuts oder Dinosaurier der Zukunft sein wollen, dann ist doch die | |
| entscheidende Frage, ob wir die Fähigkeit haben, uns auf andere Bedingungen | |
| einzustellen und ein anderes Leben zu führen als heute. Man könnte das | |
| positiv wenden im Heidegger’schen Sinne und sagen, dann wohnen wir wieder | |
| mehr auf dem Planeten. Man wäre intensiv kommunikativ vernetzt, aber könnte | |
| nicht mehr fliegen, solange man dafür Kerosin braucht, zum Beispiel. | |
| Die Weltbürgerkinder jetten nach dem Abi nach Asien und Neuseeland, weil | |
| sie oft genug in New York waren. | |
| Ich erlebe auch anderes. Und ich kann mir deshalb vorstellen, dass es für | |
| eine weniger expansive Art von Leben mehr potenzielle Resonanz gibt, als | |
| wir uns jetzt vorstellen können. | |
| 5 Jan 2019 | |
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