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# taz.de -- Landesverfassungsgericht: Das Modell Juli Zeh
> Berliner Parlamentarier zeigen sich offen dafür, wie gerade im
> Brandenburger Landtag auch in der Hauptstadt Promis von außen ins
> Verfassungsgericht zu wählen.
Bild: Wird künftig neben dem Schreiben auch richten: die neue Verfassungsricht…
Führende Rechtspolitiker im Abgeordnetenhaus haben sich offen für die Idee
gezeigt, auch an den Berliner Verfassungsgerichtshof prominente
Persönlichkeiten außerhalb juristischer Berufe zu holen. Der Brandenburger
Landtag hatte zuvor Juli Zeh, eine von Deutschlands meistgelesenen
Schriftstellerinnen zum Mitglied des Verfassungsgericht des Landes gewählt.
„Ich kann mir vorstellen, dass man da den Blick weitet“, sagte der taz der
rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sven Kohlmeyer. Ähnlich
äußerten sich Benedikt Lux (Grüne) und Sven Rissmann (CDU).
Das Verfassungsgericht besteht in Berlin wie in Potsdam aus neun
Mitgliedern, die das Parlament auf Vorschlag der Fraktionen wählt und die
dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen. In Berlin, wo das Gericht in den
nächsten Monaten etwa entscheiden muss, ob das [1][Volksbegehren zu mehr
Videoüberwachung] verfassungsgemäß und damit zulässig ist, dauert ihre
Amtszeit sieben, in Brandenburg zehn Jahre. Drei der neun Mitglieder müssen
Berufsrichter an anderen Gerichten sein. Drei weitere das zweite
juristische Staatsexamen haben, wodurch sie auch als Berufsrichter arbeiten
könnten.
## Drei Mitglieder können laut Verfassung Laien sein
Für die drei verbleibenden Mitglieder aber macht die [2][Verfassung] weder
in Berlin noch in Brandenburg Vorgaben. „Da haben sich die Leute, die die
Verfassung geschrieben haben, ja wohl etwas bei gedacht, dass sie das so
formuliert haben“, sagt CDU-Mann Rissmann. Jenen ging es offensichtlich
darum, auch vox populi, Volkes Stimme, an grundlegenden Fragen des Landes
zu beteiligen: Nicht-Juristen, die aber dennoch einen klaren Blick auf die
Dinge haben.
„Umgesetzt ist das allerdings nur wenig“, räumt Rissmann ein.
Grünen-Rechtspolitiker Benedikt Lux verweist darauf, dass man immerhin auch
Hochschuldozenten in das Gericht holte. Neben den drei Berufsrichtern mit
Präsidentin Sabine Schudoma, die zugleich Präsidentin des
Landessozialgerichts ist, gibt es drei Rechtsanwälte, eine
Rechtsprofessorin von der Hochschule für Wirtschaft und Recht, einen
Oberverwaltungsgerichtschef a.D. Ebenfalls Rechtsanwalt war ein in diesem
Jahr verstorbenes Mitglied. Jura-Laien sind, obwohl die Verfassung sie ja
ausdrücklich zulässt, nicht vertreten.
## Dresen und Havemann
Brandenburg handhabt das schon länger anders. 2012 wählte der Landtag in
Potsdam Andreas Dresen zum Verfassungsrichter, den Regisseur so bekannter
Filme wie „Sommer vorm Balkon“ oder „Halbe Treppe“. Dresen hat zwar
studiert, aber nicht Jura, sondern Regie. Schon 1999 hatte das Parlament
auf Vorschlag der PDS den Sohn des DDR-Regimekritikers Robert Havemann,
Florian Havemann zum Richter gewählt.
Die am Mittwoch gewählte Schriftstellerin Juli Zeh ist zwar durch ihre
viele 100.000 Mal verkauften Bücher bekannt geworden, vor allem das
brandenburgische Dorf-Epos „Unterleuten“. Jura-Profi ist sie dennoch: Zeh
studiert Rechtswissenschaften, absolvierte das Jura-Refendariat und die
beiden nötigen Staatsexamen, sattelte noch einen internationalen
Master-Rechtsabschluss drauf, denn LLM, und erwarb den Jura-Doktortitel.
Doch auch diese Variante – juristisch ausgebildet, aber in anderen Berufen
oder gesellschaftlichen Bereichen vorbildhaft tätig – fehlt am Berliner
Verfassungsgericht. SPD-Rechtsexperte Kohlmeyer, selbst neben seinem
Abgeordnetenmandat als Anwalt tätig, nennt die Entscheidung für Zeh „eine
großartige Wahl, die die Brandenburger Kollegen getroffen haben.“ Das könne
„einen anderen Blick auf die Dinge“ bringen. Kohlmeyer mag damit nicht die
jetzige Zusammensetzung kritisieren – „wir haben eine exzellente Auswahl
von Richterin am Verfassungsgericht.“
## Drei Richterstellen 2019 zu besetzen
Sein CDU-Kollege Rissmann erkennt auch den manchmal erhellenden Blick von
außerhalb, warnt aber davor, sich an Prominenz zu orientieren, um der
Arbeit des Gerichts mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen: „Einen Promi nur
wegen der Prominenz zu berufen, ist nicht sinnvoll.“ Es komme auf die
jeweilige Gestalt an, „weil Persönlichkeit fehlende Fachlichkeit
ausgleichen muss“, sagt Rissmann.
Die nächste Möglichkeit, an der Zusammensetzung des Gerichts etwas zu
ändern, besteht nächstes Jahr. Die neun Mitglieder werden nicht alle
zusammen, sondern – ähnlich dem US-Senat – jeweils nur zu einem Teil
gewählt. Das soll eine gewisse Kontinuität und bessere Arbeitsfähigkeit
gewährleisten. Eine Wiederwahl ist anders als in der Politik allerdings
ausgeschlossen.
Kommendes Jahr sind so drei der neun Plätze in Berlin neu zu besetzen. Wer
das Vorschlagsrecht dazu hat, lässt die Verfassung offen. „Das obliegt dem
politischen Geschick der Fraktionen“, sagt der Sprecher des
Abgeordnetenhauses, Ansgar Hinz. In der SPD-Fraktion geht man davon aus,
dass die SPD dran ist, zwei der Posten zu besetzen, darunter den
Gerichtsvorsitz, die AfD einen. Die befragten Rechtspolitiker mochten sich
aber nicht darauf fest legen, dass es tatsächlich so kommen wird.
13 Dec 2018
## LINKS
[1] http://www.sicherheit-in.berlin
[2] https://www.berlin.de/rbmskzl/regierender-buergermeister/verfassung/artikel…
## AUTOREN
Stefan Alberti
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