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# taz.de -- Abschiebung nach Albanien: Schutzlos ausgeliefert
> Am Donnerstagmorgen wurde die Albanerin Fllanxa Murra abgeschoben. Das
> Vorgehen der Behörden und der Polizei wird scharf kritisiert.
Bild: Früher als erwartet und ohne Ankündigung: Fllanxa Murra wurde nach Alba…
BERLIN taz | Am Donnerstag um 4 Uhr früh brach die Polizei die Tür zur
[1][Wohnung von Fllanxa Murra] in Taucha bei Leipzig auf. Man riss die aus
Albanien geflüchtete Frau aus dem Schlaf, um sie aus Deutschland
abzuschieben. Das berichtet das Queer Refugees Network Leipzig unter
Berufung auf Murra selbst, ihre Nachbarn und eine vertraute Kontaktperson.
Es sei kaum Zeit gewesen, Klamotten, Geld und andere persönliche
Gegenstände mitzunehmen. Nicht einmal die neuen Prothesen für ihre
amputierten Beine habe sie mitnehmen können – lediglich die alten,
Schmerzen verursachenden, heißt es in einer Pressemitteilung.
Überdies seien ihr nach eigenen Angaben Handschellen angelegt und der Mund
zugehalten worden. Später hätte sie am Flughafen zwei Stunden auf dem Boden
liegen müssen und habe mehrere Hämatome davongetragen. Das Queer Refugees
Network beruft sich dabei auf Aussagen, die Murra via einen Messengerdienst
und später per Anruf getätigt habe. Sie habe zudem Bilder von den Hämatomen
geschickt. Es bestehe bei allen UnterstützerInnen nicht nur Unverständnis,
sondern „absolute Fassungslosigkeit“.
Als die zuständige Richterin, die die Abschiebung vielleicht noch hätte
stoppen können, von der Anfrage erfuhr, war es bereits zu spät: Das
Flugzeug war schon gestartet.
[2][Wie die taz bereits berichtete], hatte Murra erfolglos einen Asylantrag
gestellt und bis zum 28. November Zeit gehabt, freiwillig auszureisen. Das
wollte die junge lesbischen Romni unter allen Umständen verhindern, da sie
in Albanien unter anderem Misshandlung durch die eigenen Eltern,
gesundheitliche Probleme und Homophobie befürchtet. Wenn sie zurück müsse,
würde sie sich umbringen, sagte Murra.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aber hatte ihren Antrag
auf Asyl als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Murra, ihre
UnterstützerInnen und ihr Anwalt Franz Schinkel kämpften weiter.
## Murra galt als nicht reisefähig
Wie das Queer Refugees Network Leipzig mitteilte, lagen den Behörden
mehrere Stellungnahmen vor, die Murra als nicht reisefähig und als dringend
behandlungbedürftig einstuften. Auch ein Antrag auf Duldung aus humanitären
Gründen war noch nicht beschieden. Laut Anwalt Schinkel hatte dieser zwar
keine aufschiebende Wirkung. Aber das Verwaltungsgericht Leipzig teilte dem
BAMF am 04.12.18 mit, „dass davon ausgegangen wird, dass bis über die
Entscheidung über den Eilantrag von Vollzugmaßnahmen abgesehen wird.“
„Doch dann ist das passiert, womit wir alle nicht gerechnet haben“, sagte
Sozialarbeiter Andreas Irmscher von der Diakonie Delitzsch/Eilenburg, der
Murra betreute.
Zu den genauen Gründen für die Abschiebung machte das BAMF keine Angaben
und verwies auf Datenschutz. Holm Felber, Sprecher der für die Durchführung
zuständige sächsischen Ausländerbehörde, erklärte, dass es üblich und sog…
gesetzlich vorgesehen sei, Abschiebungen frühmorgens und ohne Ankündigung
abzuwickeln. „Das war nichts Ungewöhnliches“, sagte er. „Es war auch ein
Arzt am Flughafen, der bei allen Abgeschobenen die Reisefähigkeit
festgestellt hat.“ Ob dies auch für die Fahrt von der Wohnung zum Flughafen
gelte, könne er nicht sagen. Auch die Polizei verwies darauf, dass man
frühestens nächste Woche nachforschen könne.
Als Murras Anwalt Franz Schinkel von den berichteten Details der
Abschiebung hörte, kommentierte er: „Da läuft es einem kalt den Rücken
herunter. Aber wir wissen einfach noch zu wenig.“ Es sei sein erster Fall,
bei dem die Abschiebung im juristischen Sinne möglicherweise nicht
rechtmäßig abgelaufen sei – er wolle die Sache jetzt prüfen.
Indes befindet sich Murra in einer geschlossenen Psychiatrie in Tirana.
Sabrina Latz vom Queer Refugees Network Leipzig berichtete am Freitag, dass
die Albanerin unter Schock steht, zurück nach Leipzig möchte und ihre
UnterstützerInnen um Hilfe gebeten hat. Ihre Stimme sei heiser gewesen, man
habe sie kaum verstanden. Sie habe auch wieder davon gesprochen, sich
umbringen zu wollen.
Update 10.12., 15 Uhr: Dieser Text wurde an mehreren Stellen leicht
überarbeitet.
7 Dec 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Andrew Müller
## TAGS
Albanien
Abschiebung
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Schwerpunkt LGBTQIA
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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Pipeline
Albanien
Abschiebung
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