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# taz.de -- Altenheim-Betreiber zahlt wieder nach Tarif: Zurück zum dritten Weg
> Nachdem die Bremer Egestorff-Stiftung vor einem Jahr ihre Mitgliedschaft
> im Diakonischen Werk beendet hatte, kehrt sie nun dorthin zurück.
Bild: Bei der Egestorff-Stiftung wird es voraussichtlich wieder ein bisschen wi…
Bremen taz | Die Egestorff-Stiftung kehrt zurück zum Diakonischen Werk. Den
entsprechenden Aufnahmeantrag hat der Spitzenverband der kirchlichen
Wohlfahrtspflege jetzt angenommen. Der Altenheim-Betreiber will künftig
wieder Tariflöhne zahlen – obwohl er Anfang des Jahres die Diakonie
verlassen hatte, weil er angeblich kein Geld mehr dafür hatte.
Die Stiftung habe ihre Mitgliedschaft kündigen müssen, sagt
Unternehmens-Sprecher Detlev Nolte, „weil die Lage in der Pflege damals
viel schlechter aussah als heute“. Mittlerweile habe es aber erfolgreiche
Verhandlungsrunden mit Kostenträgern gegeben. Die Stiftung wird im Januar
wieder ins Diakonische Werk aufgenommen und will sich dem „Bremer
Pflegetarif“ (TV Pflib) anschließen. „Die Überleitung für die
Mitarbeitenden soll zum ersten März abgeschlossen sein“, sagt Nolte.
Für Kerstin Bringmann, bei der Gewerkschaft Ver.di zuständig für den
Bereich Pflege, ist Noltes Erklärung wenig einleuchtend: „Wer seine
Beschäftigten nach Tarifvertrag oder kirchenarbeitsrechtlichen
Vereinbarungen entlohnt, dem werden die Gehälter von den Kostenträgern in
der Pflegevergütung erstattet – und das war auch im letzten und vorletzten
Jahr schon so.“ Wenn die Egestorff-Stiftung plötzlich mehr Geld zur
Verfügung habe, habe das nichts mit den Kostenträgern zu tun.
Als Grund für die Rückkehr zur Diakonie vermutet Bringmann vielmehr den
Streit um den Status der Stiftung: Die hatte sich nämlich auch trotz ihres
Austritts aus der Diakonie noch dem „dritten Weg“, also dem kirchlichen
Arbeitsrecht, zugehörig gefühlt und [1][sich den Plänen zur Wahl eines
Betriebsrates widersetzt.]
Entgegen der anderslautenden Einschätzung des zuständigen
Kirchenausschusses sah sich die Stiftung als Einrichtung, bei der die
Mitbestimmung durch das kirchliche Mitarbeitervertretungsgesetz geregelt
wird und nicht durch das Betriebsverfassungsgesetz. Im Mai erteilte sie
Bringmann [2][sogar Hausverbot, als sie die Einladung zur Wahlversammlung
für die Betriebsratswahl aushängen wollte.] „Ich glaube, die wollten zurück
zur Diakonie, um einen Betriebsrat zu vermeiden – die haben gespürt, wie es
ist, nicht mehr im Schoß der Kirche zu sein“, sagt sie.
Manfred Meyer, Landesdiakoniepastor und Geschäftsführer des Diakonischen
Werks Bremen, drückt es vorsichtiger aus: „Die Rückkehr der
Egestorff-Stiftung zum Diakonischen Werk war eine bewusste Entscheidung
dafür, auch formaljuristisch der Kirche zugehörig zu sein.“
Diakonie-Mitglieder seien nach den Rahmenrichtlinien dazu verpflichtet, den
Tarif anzuwenden: „Die Egestorff-Stiftung hat glaubhaft in Aussicht
gestellt, Bremer Pflegetarif anzuwenden“, sagt er.
Dieser Tarif wurde im März 2017 für die Beschäftigten von Pflegediensten
und -heimen in der Freien Wohlfahrtspflege Bremen und Bremerhaven
abgeschlossen und sieht einheitliche Vergütungen, verbindliche
Zeitzuschläge, eine Jahressonderzahlung und eine Urlaubsregelung vor. Er
gilt verbindlich für 16 Pflegeanbieter, zu denen unter anderem die
Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband und eben
auch die Diakonie gehören.
## Weitere Verhandlungen
Sie alle haben neben dem Pflegetarif eine „Sozialpartnerschaftserklärung“
unterzeichnet – mit der Vereinbarung, über weitere Verbesserungen wie
zusätzliche freie Tage oder Zulagen zu verhandeln. „Das Niveau des TV Pflib
soll schrittweise auf das Niveau des Tarifvertrages für die Länder (TV-L)
angehoben werden“, heißt es dort. Kerstin Bringmann bestätigt, dass es
hierzu zurzeit auch Verhandlungen gebe.
Den Mitarbeitenden der Egestorff-Stiftung habe sie allerdings geraten, noch
keine neuen Arbeitsverträge zu unterschreiben: „Jene, die noch alte
Verträge haben, sind damit zurzeit noch besser gestellt als mit TV Pflib
und sollten auf keinen Fall einen neuen Vertrag unterschreiben.“ Für alle
gelte: „Erst einmal sollten sie abwarten, ob die Stiftung tatsächlich in
die Bremer Tarifgemeinschaft Pflege eintritt.“
19 Dec 2018
## LINKS
[1] /Streit-ueber-Mitbestimmung-im-Altenheim/!5497580
[2] /Altenheim-gegen-Betriebsratsgruendung/!5501094
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Tariflöhne
Pflegekräftemangel
Bremen
Alten- und Pflegeheime
Diakonie
Altenpflege
Betriebsrat
Tarif
Alten- und Pflegeheime
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