# taz.de -- Expertin für Klimapolitik zu COP24: „Keine Ausreden mehr“ | |
> Das Ergebnis von Kattowitz ist besser als man erwarten konnte, sagt | |
> Politikexpertin Susanne Dröge. Aber Deutschland müsse jetzt liefern. | |
Bild: Es gibt ein Ergebnis in Kattowitz: alle glücklich, auch Umweltministerin… | |
taz: Frau Dröge, ist das Ergebnis von Kattowitz ein Erfolg? | |
Susanne Dröge: Es ist mehr als man erwarten konnte. Die Latte lag zunächst | |
nicht so hoch. Es ist dann aber gelungen, das Pariser Abkommen nicht zu | |
verraten. Das wäre geschehen, wenn sich die Stimmen durchgesetzt hätten, | |
die an der Zweiteilung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer | |
festhalten wollten. Oder wenn die Stimme der Wissenschaft zum 1,5-Grad-Ziel | |
nicht wahrgenommen worden wäre. Aber dann hat die EU es geschafft, die | |
Chinesen an Bord zu holen, das fand ich erstaunlich. | |
Kann man von Fortschritt reden, wenn in der realen Welt die Emissionen | |
weiter steigen? | |
Wenn man es so betrachtet, ist es natürlich kein Erfolg. Aber das kann so | |
ein Abkommen auch nicht leisten. Es ging darum, es zukunftsfest zu machen. | |
Dass die Regierungen nicht liefern, hat man daran gesehen, dass es nicht | |
gelungen ist, die Klimaziele bis 2020 noch kurzfristig schärfer zu machen. | |
Auch Deutschland ist ja nicht umsonst mit dem [1][Schmähpreis „Fossil des | |
Tages“] an den Pranger gestellt worden. | |
Wie könnte man den Prozess in Richtung weniger Emissionen vorantreiben? | |
Nach Kattowitz zählt die Ausrede nicht mehr, China mache ja nichts oder | |
beanspruche Sonderregeln. Auch wenn die Ölländer mal wieder quer schießen, | |
kann man in Zukunft sagen: Es gibt Regeln, an die wir uns halten, davon | |
machen wir zum Beispiel auch unsere Zusammenarbeit bei Handel oder | |
technischer Hilfe abhängig. | |
Außerdem stärkt die Einigung die Gruppen der Zivilgesellschaft. Sie werden | |
sich darauf beziehen. In Kattowitz hat sich auch gezeigt, wie da die Schere | |
auseinandergeht: Wenn die Ölländer den IPCC-Bericht nicht willkommen | |
heißen, gibt es inzwischen eine weltweite Öffentlichkeit, die widerspricht. | |
Die Leute sagen ihren Regierungen: Es gibt so viele positive Bespiele, | |
macht mal was! Ich denke auch, dass die Konferenz vor Ort ihre Spuren | |
hinterlassen hat. Die Debatte um einen Weg aus der Kohle wird auch in Polen | |
nicht mehr gänzlich zurück zu holen sein. | |
Ist das Ergebnis ein Sieg des Multilateralismus? | |
Es war tatsächlich ein Hauch des Multilateralismus vom Pariser Abkommen von | |
2015 zu spüren, obwohl die Großwetterlage schlecht ist. Zum Glück sind beim | |
Regelbuch alle Staaten dabei. Vor allem für die USA sind scharfe Regeln | |
wichtig. Mit denen gibt es jetzt die Chance, dass eine zukünftige | |
US-Regierung dem Abkommen wieder beitritt. Aber der Erfolg strahlt nicht | |
auf die anderen Konflikte wie den Welthandel aus. | |
Es hat sicher genutzt, dass auf allen Seiten Leute verhandelt haben, die | |
schon in Paris dabei waren. Zugleich setzt Trumps Politik China so unter | |
Druck, dass sie jetzt mit der EU ihre Führungsrolle akzeptiert haben. Aber | |
man kann es auch böse ausdrücken: Das Klimathema ist derzeit zu unwichtig, | |
um als Schlachtfeld der Nationalisten zu dienen. Die Regierungen, die sich | |
vom Multilateralismus abwenden, nutzen es wie Bolsonaro eher | |
nationalistisch: Wir wollen keine Einmischung in die Nutzung unseres | |
Regenwalds. | |
Warum treten die fortschrittlichen Staaten der [2][„High Ambition | |
Coalition“] immer nur am Ende der Konferenzen als progressive Gruppe auf? | |
Es gibt außerhalb des Klimas wenig Anknüpfungspunkte. Teile der Allianz | |
gibt es ja, die EU mit China, Mexiko und Kalifornien. Das ist aber auch ein | |
Problem der Glaubwürdigkeit. Da braucht man Ehrgeiz im Klimaschutz, und | |
dafür sind momentan schlechte Zeiten. | |
Von wegen fehlende Glaubwürdigkeit: Was bedeutet der Deal von Kattowitz für | |
Kohlekommission und Klimagesetz? | |
Weil das Regelbuch das Pariser Abkommen noch einmal gestärkt hat, muss | |
Deutschland jetzt beim Klimaschutz im eigenen Land dringend liefern. Es hat | |
sehr viel politisches Kapital eingesetzt gegenüber Entwicklungsländern und | |
will diese auch als Mitglied im UN-Sicherheitsrat 2019 und 2020 | |
unterstützen. Umweltministerin Svenja Schulze hat auf der Konferenz | |
erfahren, was für unser Land da international dranhängt. Sie hat ja auch | |
angekündigt, dass sie als SPD-Ministerin den Strukturwandel mit auf dem | |
Radar hat. Die Frage ist, ob sie mehr Druck aufbauen kann, auch auf die | |
anderen Ressorts. | |
Hilft dabei ein solches Ergebnis? | |
Auf jeden Fall. Schulze kann nun mit den anderen Ministerien für | |
Entwicklung und Außenpolitik ganz anders auftreten und sich abstimmen. Da | |
können sie mit mehreren Personen im Kabinett eine treibende Kraft für mehr | |
Klimaschutz sein. | |
16 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/ausland/klimakonferenz-207.html | |
[2] http://www.climatedictionary.com/high-ambition-coalition/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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