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# taz.de -- Kolumne Erste Frauen: Von der Rebellin zum nationalen Star
> Maria Lenk war nicht gerade ein Favela-Kind. Doch für die Teilnahme an
> den Olympischen Spielen 1932 musste sie als Frau zuerst Kaffee verkaufen.
Bild: Frauen im Profi-Sport waren nicht immer selbstverständlich
Maria Lenk kam auf einem Schiff voller Kaffee zu Olympia. Das hatte Gründe:
Im Südamerika der 30er Jahre gab es offenbar wenig Akzeptanz für eine Frau,
die an den Olympischen Spielen teilnehmen wollte.
Die brasilianische Schwimmerin Maria Lenk, die erste südamerikanische Frau
überhaupt, die eine solche Forderung stellte, wollte also keiner zu den
Spielen transportieren, geschweige denn, ihr die Reise finanzieren.
Praktischerweise fanden die Spiele von 1932 aber in Los Angeles statt und
damit an einem Ort, der sich auch auf dem Seeweg erreichen ließ.
Die brasilianische Regierung ließ sich schließlich zu einem Kompromiss
erweichen: Sie orderte ein Frachtschiff mit Kaffee, der in Los Angeles
verkauft werden sollte. Maria Lenk, so berichtete es jüngst die Zeitung O
Globo, erhielt eine Uniform und den Auftrag, auf dem Schiff mitzufahren und
vor Ort den Kaffee zu verkaufen. Das sollte ihre Überfahrt finanzieren.
Weil aber blöderweise der Kaffee in Nordamerika nicht in ausreichender
Menge verkauft wurde, geriet sie auch nach der Überfahrt noch in einige
Wirrungen. Schließlich legte die Schiffsmannschaft Geld zusammen und
bezahlte der damals erst 17-jährigen Schwimmerin ihren Aufenthalt in Los
Angeles.
## Schwamm als erste Schmetterling
Sie sollten es nicht bereuen: Maria Lenk war nicht nur die erste
Südamerikanerin bei Olympia, sondern wurde bald auch eine der berühmtesten
Sportlerinnen ihres Landes. 1939 stellte sie einen Weltrekord über 100
Meter und über 200 Meter Brust auf und war damit die erste Person aus
Brasilien, die einen Schwimm-Weltrekord brach.
1936 ging Lenk zudem in die Geschichte ein als die erste Frau, die in einem
Wettkampf Schmetterling schwamm. Gleichberechtigt war sie indes nicht:
Untergebracht war die Südamerikanerin bei Olympia 1932 in einem Hotel; das
Olympische Dorf war den Männern vorbehalten.
Maria Emma Hulda Lenk-Zigler, wie ihr Name klangvoll ausgeschrieben heißt,
war Außenseiterin, aber nicht gerade ein Favela-Kind. Sie stammte aus einer
wohlhabenden Familie deutscher Einwanderer in São Paulo. Zum Schwimmen kam
sie ziemlich zufällig, weil sie als Zehnjährige an einer Lungenentzündung
erkrankt war. Um ihre Gesundheit zu stärken, brachte der Vater ihr das
Schwimmen bei, und da es kein Schwimmbad gab, tat er das im Rio Tietê, der
offensichtlich sauberer war als heute.
## Starb an einem Herzinfakt nach dem Schwimmen
Maria Lenk hörte von da an nicht mehr mit Schwimmen auf. Sie verlor jedoch
ihre potenziell besten Karrierejahre an den Zweiten Weltkrieg und errang
nie eine olympische Medaille. Vorreiterin blieb sie. Lenk wurde die erste
Frau, die in den nationalen Sportrat Brasiliens einzog, und sie gründete
die erste brasilianische Sportschule, wo sie Trainerin und Direktorin war.
Ihre emanzipatorischen Aktivitäten erzürnten die Kirche so sehr, dass sie
Lenk sogar exkommunizierte. Genützt hat es nichts.
Irgendwann änderten sich die Zeiten und die Rebellin wurde zum nationalen
Star befördert. Politiker ließen sich mit Lenk fotografieren. Das
Wassersportzentrum in Rio de Janeiro heißt heute Parque Aquático Maria
Lenk, 2016 wurden Teile der Olympischen Spiele dort ausgetragen. Lenk
selbst ließ sich vom Schwimmen nie abbringen.
Noch mit über 90 Jahren, so wird es berichtet, sei sie jeden Tag eineinhalb
Kilometer geschwommen. Als sie im Alter von 92 Jahren starb, war sie
fünffache Weltrekordhalterin in ihrer Altersklasse, unter anderem im
Brustschwimmen über 50, 100 und 200 Meter; die 50 Meter schwamm sie
weiterhin in sportlichen 1:25 Minuten. Sie starb, man möchte fast sagen
passenderweise, an einem Herzinfarkt nach dem Schwimmen.
27 Dec 2018
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Frauensport
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Schwimmen
Maria Lenk
Kolumne Erste Frauen
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