# taz.de -- Vizegeneralsekretärin Gottemoeller: „Die Nato ist nicht gespalte… | |
> Das Verteidigungsbündnis ist von internen Konflikten gebeutelt. Rose | |
> Gottemoeller über den INF-Vertrag und die Rolle Trumps im Konflikt mit | |
> Moskau. | |
Bild: „Von Zeit zu Zeit gibt es Familienstreitigkeiten“, sagt Rose Gottemoe… | |
taz: Frau Gottemoeller, viele europäische Nato-Mitglieder haben sich sehr | |
besorgt über Präsident Trumps Absicht geäußert, den [1][INF-Vertrag über | |
Mittelstreckenraketen] zu verlassen. Gibt es noch eine gemeinsame Position | |
der Nato? | |
Rose Gottemoeller: Schauen Sie sich unser letztes Gipfeldokument vom Juli | |
an. Alle Verbündeten drückten ihre Unterstützung für diplomatische Lösungen | |
aus, teilten aber auch die Sorge, weil Russland fünf Jahre lang nicht auf | |
die Fragen der USA zu seinem neuen Raketensystem geantwortet hat. Ich | |
glaube, alle sind sich einig, dass die Russen am Zug sind: Sie müssen | |
Antworten geben und sich wieder im Einklang mit dem Vertrag verhalten. | |
Die Nato hat ja in der letzten Zeit viele interne Konflikte erlebt. Liegt | |
das nur an Trump? | |
Ich sehe die Nato als eine große Familie, und von Zeit zu Zeit gibt es | |
Familienstreitigkeiten. Aber die Nato ist nicht gespalten oder kurz vor der | |
Auflösung. Denken Sie an die Suez-Krise in den 1950er Jahren, an die Krise, | |
als Frankreich in den 1980er Jahren aus der Kommandostruktur ausschied und | |
wir unser Hauptquartier von Paris nach Brüssel verlegten, oder an den | |
Irakkrieg 2003. Das waren alles Zeiten sehr komplizierter Debatten | |
innerhalb der Familie. Wir hatten gerade ein großes Manöver in Norwegen, | |
und das hat wieder Einigkeit und Geschlossenheit gezeigt: Hier sind 29 | |
Länder, die willens und fähig sind, zusammenzuarbeiten. | |
Aber es gab noch nie einen US-Präsidenten, der die Verbündeten so offen vor | |
den Kopf stößt und öffentlich anzweifelt, ob die Nato überhaupt noch | |
gebraucht wird. | |
Mr. Trump hat seine eigene, einzigartige Weise, sich auszudrücken. Er hat | |
die Nato-Verbündeten dazu gebracht, ihm zuzuhören. Demokratische und | |
republikanische Präsidenten haben die Lastenverteilung immer wieder | |
kritisiert. Mr. Trump macht einige deutliche Bemerkungen – und bekommt die | |
Aufmerksamkeit der Verbündeten. Aber die Unterstützung der USA für das | |
Bündnis war nie stärker als jetzt. | |
Trump hat den möglichen Ausstieg aus dem INF-Vertrag mit russischen | |
Vertragsverletzungen begründet. Geht es wirklich darum oder ist das eine | |
Ausrede für [2][Sicherheitsberater John Bolton], der den Vertrag eh nicht | |
leiden kann? | |
Ich war schon unter der Obama-Regierung mit dem Thema beschäftigt. Ich bin | |
sehr besorgt über den nun schon sehr lang andauernden mangelnden Willen auf | |
der russischen Seite, die US-Bedenken über ihre INF-Vertragsverletzungen | |
adäquat zu beantworten. Wir haben ihnen schon vor langer Zeit Fragen zu | |
diesem neuen Raketensystem gestellt. Gut, dass der russische Außenminister | |
Lawrow zugesagt hat, dass Russland die Fragen nun beantworten werde. Fakt | |
ist: Es gibt keine neuen US-Atomraketen in Europa. Aber es gibt neue | |
russische Raketen. Das ist vor allem für die Sicherheit der europäischen | |
Nato-Verbündeten ein Problem. | |
Von außen scheint es, als hätten derzeit beide Regierungen kein besonderes | |
Interesse daran, den Vertrag aufrechtzuerhalten, weil andere Nationen, die | |
solche Raketensysteme entwickeln, nicht Teil des Vertrages sind. | |
Mittelstreckenraketen sind eine besondere Bedrohung, weil sie ihre Ziele so | |
schnell erreichen und außerdem für die Abwehrsysteme fast unsichtbar sind. | |
Das lässt kaum Zeit für eine Abwehr. Deshalb waren die europäischen | |
Nato-Staaten sich mit der Sowjetunion einig, dass es für die strategische | |
Stabilität gut wäre, diese Waffen zu verbannen. Das gleiche gilt heute für | |
alle Länder, die solche Raketen besitzen. Sie haben ein | |
sicherheitspolitisches Problem, weil die Raketen ein Angriffspotenzial ohne | |
Vorwarnung darstellen. Deshalb ist es so wichtig den Dialog mit Russland | |
aufrechtzuerhalten. | |
Sollten also die USA und Russland alles dafür tun, andere Nationen in den | |
Vertrag miteinzubeziehen? | |
Solch ein Vorschlag wurde von den USA und Russland schon 2007 auf der | |
Genfer Abrüstungskonferenz unterbreitet. Aber niemand hat den Vorschlag | |
wirklich aufgenommen. Ja, es wäre ein erster Schritt. Dass bestimmte andere | |
Staaten nicht Vertragspartei sind, darf Russland aber nicht als Vorwand für | |
Vertragsverletzung dienen. | |
30 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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