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# taz.de -- Abrüstungsabkommen bedroht: Sorge vor einem neuen Wettrüsten
> Nach der Ankündigung von Trump, aus dem INF-Abkommen auszusteigen, werden
> die Hintergründe bekannt. Die EU warnt vor Eskalation.
Bild: Russland und die USA werfen sich seit Jahren vor, gegen das Abkommen zu v…
MOSKAU taz | Der von den USA angekündigte Ausstieg aus einem [1][zentralen
Abrüstungsabkommen mit Russland] hat weltweit Sorge vor einem neuen
Wettrüsten hervorgerufen. Wenn US-Präsident Donald Trump seinen Plan in die
Tat umsetze, werde dies „die Welt gefährlicher machen“, sagte
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Die EU rief beide Seiten
zum Erhalt des INF-Abkommens auf. Trumps Nationaler Sicherheitsberater John
Bolton hielt sich zu Gesprächen in Moskau auf.
Trumps Vorwurf, dass Russland das INF-Abkommen verletze, wies der Sprecher
von Präsident Wladimir Putin zurück. Zugleich schloss Peskow ausdrücklich
einen atomaren Erstschlag Russlands aus – selbst bei einem drohenden
Atomangriff. „Wir werden niemals zuerst jemanden angreifen“, sagte er.
Russland behalte sich keinesfalls das Recht vor, „als Erster zuzuschlagen“
und einen „Präventivschlag“ auszuführen.
Trump hatte am Samstag angekündigt, aus dem INF-Abkommen mit Russland
auszusteigen. Der 1987 geschlossene Vertrag verpflichtet die USA und die
Nachfolgestaaten der Sowjetunion zur Abschaffung aller landgestützten,
atomar bestückbaren Mittelstreckenraketen mit Reichweiten von 500 bis 5.500
Kilometern. Russland und die USA werfen sich seit Jahren gegenseitig vor,
gegen das Abkommen zu verstoßen.
Am Sonntag war Trumps Sicherheitsberater zu Gesprächen in Moskau
eingetroffen, die am Montag beginnen sollten. Geplant waren Treffen mit
Außenminister Sergei Lawrow und dem Chef des russischen Sicherheitsrates,
Nikolai Patruschew. Am Dienstag könnte Bolton auch Präsident Putin treffen.
Nach Angaben seines Sprechers hofft Putin auf „Erklärungen“ zu Trumps
Plänen.
## Bolton angeblich Urheber
Der britischen Zeitung The Guardian zufolge hat Bolton den US-Präsidenten
zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag bewogen. Der Hardliner Bolton habe zudem
Gespräche über eine Verlängerung des 2021 auslaufenden neuen Start-Vertrags
blockiert. Das 2010 geschlossene Abkommen sieht eine Reduzierung der
nuklearen Gefechtsköpfe auf 1.550 vor.
Die EU-Kommission appellierte an die USA und Russland, das Abkommen zu
„erhalten“. Beide Seiten müssten in einem „konstruktiven Dialog“ bleib…
und für eine „vollständige und nachweisbare“ Umsetzung sorgen, sagte
Kommissionssprecherin Maja Kocijančič.
Der Vorsitzende des Rats für Außen- und Verteidigungspolitik, Fjodor
Lukjanow, glaubt, die USA stiegen aus dem Vertrag aus, weil er zurzeit nur
Russland und die USA einschränke. Bedrohungen gingen aus US-Sicht von
anderen Orten wie China aus. Als Nicht-Unterzeichner ist Peking nicht an
das Abkommen gebunden und kann ohne Einschränkungen Mittelstreckenraketen
bauen.
„Bilaterale Verträge müssen geändert werden, sie sind nicht mehr aktuell.
Wir haben es nicht mehr mit dem Kalten Krieg zu tun“, so Lukjanow. Aus dem
Grund könnte auch der Rüstungskontrollvertrag New Start 2021 nicht
verlängert werden.
## Mögliches Wahlkampfmanöver
Die Reaktionen waren in und um den Kreml insgesamt eher verhalten. Panische
Reaktionen wegen der Ausstiegsankündigung seien nicht angebracht, sagt der
russische Außenpolitikexperte Wladimir Frolow. Verteidigungsminister Sergei
Schoigu und US-Verteidigungsminister James Mattis hätten sich schon vor
drei Jahren darüber verständigt.
Militärexperte Alexander Golts sieht unterdessen die Gefahr, dass
Mittelstreckenwaffen unter US-Ägide nach Europa zurückkehren und Petersburg
erreichbar sein könnte. „Wir sind wieder in der Zeit der Kubakrise
angelangt, als es noch keine Rüstungskontrollabsprachen gab“, so Golts.
Kritisch nimmt der Abrüstungsexperte Alexei Arbatow das Vertragsende
voraus. Die geopolitische Lage habe sich seit 30 Jahren verändert. Jetzt
sei es möglich, westlich, dicht an der Grenze zu Russland und im Osten am
Pazifik Systeme aufzubauen. Dennoch sei es noch keine Katastrophe. Er
wundere sich aber, wie sich früher Politiker aktiv zum INF-Vertrag
äußerten. Heute gebe es bestenfalls mal Kritik.
Die Idee eines Ausstiegs sei schon lange in den USA besprochen worden,
meint William Smirnow von der Russischen Akademie der Wissenschaften. Vor
den Kongresswahlen wolle Trump noch punkten. „Auf das Verhältnis zwischen
Trump und Putin wirkt sich das aber nicht aus. Auch wenn Putin vielleicht
etwas für das heimische Publikum sagt.“
Ganz so gelassen sieht Arbatow das Vertragsende indes aber nicht. Auch Petr
Topytschkanow vom Moskauer Carnegie-Zentrum gibt zu bedenken, dass es sehr
schwierig werden könnte, den Dialog nach dem Ausstieg mit allen Beteiligten
weiterzuführen.
22 Oct 2018
## LINKS
[1] /Ruestungskontrollvertrag-INF/!5541132
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
INF-Vertrag
Mittelstreckenraketen
Abrüstung
Nato
INF-Vertrag
Donald Trump
Russland
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