| # taz.de -- Streit um armutsfeste Löhne: Nur noch über 12 Euro | |
| > Die Linkspartei beantragt, den Landesmindestlohn in Bremen sofort zu | |
| > erhöhen – SPD und Grüne haben das lieber erst mal nur ins Wahlprogramm | |
| > geschrieben. | |
| Bild: Für Gebäudereiniger gilt derzeit laut Tarifvertrag ein Mindestlohn von … | |
| BREMEN taz | Die Bremer SPD kann eines ihrer Wahlversprechen schon jetzt | |
| einlösen: „Wir werden den Bremer Landesmindestlohn so schnell wir möglich | |
| auf zwölf Euro erhöhen.“ So steht es im Entwurf des | |
| [1][„Regierungsprogrammes“ der SPD] zur Bürgerschaftswahl im kommenden Mai. | |
| Da trifft es sich gut, dass die Linkspartei das Thema schon in dieser Woche | |
| auf die Tagesordnung des [2][Landtages] gesetzt hat. In einem | |
| [3][Dringlichkeitsantrag] verlangt sie eine Reform des | |
| Landesmindestlohngesetzes. Wird sie beschlossen, hätte das zur Folge, dass | |
| ab sofort mindestens 10,93 Euro gezahlt werden müssen – gekoppelt an den | |
| Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. | |
| Bremen führte zwar [4][2012] als erstes Bundesland einen Mindestlohn ein – | |
| für Unternehmen, die öffentliche Gelder bekommen, für alle Beschäftigten | |
| des Landes sowie als Bedingung für staatliche Zuwendungen, doch seit 2015 | |
| gibt es einen bundesweiten Mindestlohn. Der rot-grüne Senat setzte deshalb | |
| – trotz massiver Kritik der Gewerkschaften – seine eigene Regelung 2016 de | |
| facto wieder aus. Sowohl für den Bund als auch für Bremen gelten also 8,84 | |
| Euro momentan als Lohnuntergrenze. | |
| Im Herbst erklärte Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) dann, er sei mit | |
| diesem Mindestlohn [5][„absolut nicht zufrieden]“, auch nicht mit der für | |
| 2020 geplanten Erhöhung auf 9,35 Euro. Ihm schwebe deswegen eine Erhöhung | |
| „zunächst auf 10,80 Euro“ vor. Anderswo ist man da schon weiter: In Hamburg | |
| haben SPD und Grünen bereits im Mai beschlossen, den städtischen | |
| Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen. | |
| Armutsfest ist das aber auch nicht: Nach Angaben der Bundesregierung ist | |
| derzeit ein Stundenlohn von 12,63 Euro notwendig, um bei einer | |
| Vollzeitbeschäftigung nach 45 Arbeitsjahren im Alter nicht auf | |
| Grundsicherung angewiesen zu sein. Der Staat selbst zahlt mitunter jedoch | |
| deutlich weniger. Das ergibt sich aus einer [6][Antwort des rot-grünen | |
| Senates] auf eine Große Anfrage der Linkspartei: Laut Tarifvertrag des | |
| öffentlichen Dienstes verdient man in der untersten Lohngruppe bei einer | |
| Vollzeitstelle 10,78 Euro, der Tarifvertrag der Länder zahlt ein paar Cent | |
| weniger. | |
| Wie viele BremerInnen heute weniger als zwölf Euro in der Stunde verdienen, | |
| kann der Senat aber gar nicht so genau sagen. Die aktuellsten Zahlen | |
| stammen aus einer Studie von 2014 – zwar gab es im laufenden Jahr eine neue | |
| Befragung, die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor. Vor vier Jahren gab | |
| es – Auszubildende nicht eingerechnet – in Bremen 112.000 | |
| Beschäftigungsverhältnisse, bei denen der Bruttostundenlohn maximal zwölf | |
| Euro betrug. | |
| In 25.000 Fällen wurden demzufolge weniger als acht Euro, in weiteren | |
| 24.000 maximal neun Euro in der Stunde gezahlt. Knapp 21 Prozent der | |
| Beschäftigten in Bremen lagen laut der Erhebung von 2014 mit ihrem | |
| Verdienst unterhalb der definierten Niedriglohnschwelle. Wie sich der | |
| hiesige Niedriglohnsektor seit der Einführung des Mindestlohns 2012 | |
| entwickelt hat, kann der Senat indes nicht sagen. | |
| Und wer genau von einer Erhöhung des Landesmindestlohns profitieren würde, | |
| weiß der Senat auch nicht so genau: „Eine Ermittlung, welche Branchen | |
| inwieweit betroffen wären, ist nicht möglich“, schreibt die | |
| Landesregierung. Für die öffentliche Auftragsvergabe in Bremen wären wohl | |
| vor allem GebäudereinigerInnen von Bedeutung. Dort liegt der Mindestlohn | |
| laut Senat momentan bei 10,30 Euro, bis 2020 sollen es 50 Cent mehr werden. | |
| Aber auch die rund 3.000 studentischen Hilfskräfte an den Bremer | |
| Hochschulen und der Uni müssten besser bezahlt werden, wenn der Mindestlohn | |
| steigt. 9,19 Euro in der Stunde kosten laut Senat etwa 300.000 Euro | |
| zusätzlich, 12,50 Euro Stundenlohn sogar mehr als drei Millionen Euro. | |
| Der Linkspartei reicht das noch nicht aus – sie fordert in ihrem | |
| Wahlprogramm einen Landesmindestlohn von 12,63 Euro. Die Grünen bleiben da | |
| lieber vage: „Wir wollen den Bremer Mindestlohn deutlich erhöhen und auf | |
| ein armutsfestes Niveau anheben“, steht in ihrem [7][Wahlprogramm,] ganz | |
| ohne Angaben von Zahlen. Nach Berechnungen der gewerkschaftsnahen | |
| Hans-Böckler-Stiftung müssen alleinstehende BremerInnen mindestens 10,53 | |
| Euro in der Stunde bekommen, um nicht von aufstockenden Transferleistungen | |
| abhängig zu sein. | |
| 11 Dec 2018 | |
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| [1] https://www.spd-land-bremen.de/x/blaetterkatalog_spd_zukunftsprogramm/html5… | |
| [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/ | |
| [3] https://paris.bremische-buergerschaft.de/starweb/paris/servlet.starweb?path… | |
| [4] /!5538226/ | |
| [5] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-der-aktuelle-minde… | |
| [6] http://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp19/land/drucksache/D19L19… | |
| [7] https://gruene-bremen.de/startseite/news-fuer-kacheln-startseite/news-fuer-… | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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