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# taz.de -- Neuer Landesmindestlohn in Bremen: Ein Schritt in Richtung zwölf E…
> Der Landesmindestlohn in Bremen soll ab Juli auf 11,13 Euro steigen.
> Profitieren werden davon auch studentische Hilfskräfte und Beschäftigte
> des zweiten Arbeitsmarkts.
Bild: Bekommt in Bremen fortan zwei Euro mehr pro Stunde: studentische Hilfskra…
Bremen taz | Die rot-grüne Koalition in Bremen hat sich auf eine Erhöhung
des Landesmindestlohns auf 11,13 Euro brutto pro Stunde geeinigt. Der
Betrag liegt damit deutlich über dem Bundesmindestlohn von aktuell 9,19
Euro. Gelten soll die neue Regelung ab Juli – sofern die Bremische
Bürgerschaft einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag noch vor der
Bürgerschaftswahl im Mai beschließt. Tatsächlich sind einem Mindestlohn auf
Landesebene Grenzen gesetzt: Er gilt nicht allgemein, sondern nur im
Einflussbereich des Landes, also bei öffentlichen Betrieben, aber auch bei
der Vergabe und dem Empfang von Zuwendungen.
Profitieren würden in Bremen somit unter anderem ArbeitnehmerInnen
öffentlicher Einrichtungen, die bislang keinen Tariflohn sondern nur den
Bundesmindestlohn bekamen. Dazu zählen rund 3.000 studentische Hilfskräfte
der Universität, die fortan knapp zwei Euro pro Stunde mehr verdienten.
Ebenso betrifft der neue Landesmindestlohn ArbeitnehmerInnen des zweiten
Arbeitsmarktes: 11,13 Euro pro Stunde erhält dann auch, dessen
Beschäftigung gefördert wird – sofern diese Zuwendungen aus Landesmitteln
kommen. In Bremen fallen darunter etwa die 500 Arbeitsplätze im Programm
„Lazlo“, mit denen die Landesregierung [1][seit 2018 Langzeitarbeitslosen]
eine Perspektive bieten will.
Noch nicht klar ist laut Wirtschaftsressort die Situation bei Beschäftigten
der Gepäckabfertigung, die in einer Tochtergesellschaft des Bremer
Flughafens arbeiten. Der ist zwar in städtischer Hand, eine zu große
Lohnerhöhung könnte aber die Tochtergesellschaft wirtschaftlich
überfordern, erklärte Wirtschaftsressortsprecher Tim Cordßen. Als Land Geld
zuzuschießen, dagegen bestünden zuwendungsrechtliche Hürden.
Nicht automatisch greifen wird der Landesmindestlohn bei den
Niedriglohnbeschäftigten im Hochregallager der Bremer
Lagerhaus-Gesellschaft AG. An der hält die Stadtgemeinde zwar über 50
Prozent der Anteile, allerdings würde bei einer Aktiengesellschaft laut
Cordßen der Mindestlohn eines Mehrheitseigners nicht übernommen.
Bremen hatte 2012 als erstes Bundesland einen Landesmindestlohn eingeführt.
Drei Jahre später entschied sich die Große Koalition in Berlin bundesweit
für eine Lohnuntergrenze. Diese hatte [2][den bisherigen Bremer Mindestlohn
von zuletzt 8,84 Euro überholt]. Der rot-grüne Senat hatte deshalb – trotz
Kritik der Gewerkschaften – seine eigene Regelung 2016 de facto ausgesetzt.
Ihn nun zu erhöhen, ist auch ein politisches Signal. Es sei das „Ziel, den
Mindestlohn so zu bemessen, dass alleinstehende Vollzeitbeschäftigte ihre
Lebenshaltungskosten ohne staatliche Zuschüsse decken können“, heißt es in
einem Entwurf des Koalitionsantrags. Und: Auch im Rentenalter solle man
nach Erhalt des Mindestlohnes nicht aufstocken müssen.
Eine existenzsichernde Lohnuntergrenze wäre auch beim Bundesmindestlohn ihr
Wunsch, erklärte Sybille Böschen, arbeitspolitische Sprecherin der SPD.
Allerdings: „Was der Bund verabredet hat, ist nicht auskömmlich. Von daher
muss man mit einer eigenständigen Regelung nachlegen, die hoffentlich Druck
auf den Kessel bringt.“ Angepeilt sei ein Mindestlohn von zwölf Euro.
## Seltene Tariflöhne
Begrüßt wird die Erhöhung unter anderem von der Linksfraktion und der
Arbeitnehmerkammer. Letztere hatte vergangene Woche Zahlen vorgelegt: Für
eine Rente oberhalb der Grundsicherung wäre ein Mindestlohn von 12,80 Euro
notwendig – selbst bei einer ungebrochenen Erwerbsbiographie von 45
Beitragsjahren in Vollzeit.
„Schon heute reicht im Land Bremen die Rente für 15.500 Ältere und
Erwerbsgeminderte nicht aus“, erklärte Ingo Schierenbeck,
Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer. Rund 16.000 ArbeitnehmerInnen
seien „arm trotz Arbeit“ und erhielten teilweise als alleinstehende
Vollzeitbeschäftige aufstockende Sozialleistungen. Jenseits der Erhöhung
erklärte Schierenbeck: „Gute Löhne sind keine Mindestlöhne, sondern
Tariflöhne. Dass nur noch 20 Prozent der Betriebe im Land Bremen nach Tarif
bezahlen, ist das eigentliche Problem.“
Der neue Betrag des Landesmindestlohns entspricht nun zunächst der
untersten Lohnstufe des [3][Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der
Länder, auf den sich jüngst erst Anfang März neu geeinigt wurde]. Eine
eigene Kommission aus Arbeitnehmer- und ArbeitgebervertreterInnen soll über
eine künftige Erhöhung beraten und Empfehlungen aussprechen. Entschieden
wird letztendlich im Senat.
20 Mar 2019
## LINKS
[1] /!5521795/
[2] https://www.transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.10…
[3] /!5577556/
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
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