# taz.de -- Kritik an Arbeitsbedingungen in der Uni: Wenn die Luft stickig wird | |
> Studentische Beschäftigte im Experimentallabor der Universität Hamburg | |
> klagen über Überstunden und Arbeiten ohne Pausen im fensterlosen Raum. | |
Bild: Der Wiwi-Bunker der Uni Hamburg: Darin befindet sich auch das fensterlose… | |
Hamburg taz | Es gibt Tage, da arbeiten die studentischen Beschäftigten im | |
Experimentallabor der Universität Hamburg zwölf Stunden lang durch – ohne | |
Pause in einem fensterlosen Raum. So berichten es mehrere Personen der taz. | |
Zwar sei das die Ausnahme, aber wenn Experimente, die sie im Auftrag der | |
Uni betreuten, eng getaktet seien, komme es schon vor. | |
Obendrauf gibt es einen Stundenlohn von 10,44 Euro als Hilfskraft. Dies | |
geht aus einem Vertrag hervor, der der taz vorliegt. Studierende verdienten | |
laut einer Befragung des Personaldienstleisters „Studitemps“ im | |
Durchschnitt 11,86 Euro. Zudem kritisieren die Betroffenen eine sehr | |
kurzfristige Dienstplanung. | |
In dem Experimentallabor im sogenannten Wiwi-Bunker am Von-Melle-Park | |
finden sozialwissenschaftliche und ökonomische Experimente statt. | |
Studierende sitzen am Computer und müssen Entscheidungen treffen, zum | |
Beispiel anhand von Fragebögen. So werden für die Forschung Daten | |
gesammelt. Teilnehmende bekommen eine Aufwandsentschädigung. | |
Diese Experimente müssen im Labor betreut werden – und das machen meist | |
auch Studierende. Einige als studentische Hilfskräfte, andere als | |
studentische Angestellte. Letztere sind über den Tarifvertrag der Länder | |
angestellt. Doch für die Hilfskräfte gilt dieser Tarifvertrag nicht. Das | |
heißt, sie werden schlechter bezahlt und haben kaum Möglichkeiten, sich zu | |
organisieren und [1][dagegen zu protestieren]. | |
## Anmutung eines Bunkers | |
Der Wiwi-Bunker ist ein graues Gebäude, das tatsächlich an einen Bunker | |
erinnert. Wiwi steht für Wirtschaftswissenschaften. Das Gebäude ist so | |
groß, dass es mehrere Aufgänge hat und an ein Labyrinth erinnert. Im | |
Inneren liegen Räume ohne Fenster, einer davon ist das Experimentallabor. | |
Warum ausgerechnet dort, erklärt Rosalie Förster, Leiterin des | |
Präsidialbereichs der Universität: „Das Experimentallabor muss aus | |
wissenschaftsmethodischen Gründen fensterlos sein.“ Allerdings: An anderen | |
[2][Unis, wie in Hannover], gibt es Experimentallabore mit Fenstern. Dann | |
sorgen Vorhänge dafür, dass niemand während des Experiments abgelenkt wird. | |
Marvin Hopp von der [3][Studierendeninitiative TV-Stud] kritisiert die | |
Arbeitsbedingungen der studentischen Hilfskräfte: „Wir fordern von der | |
Stadt einen eigenen Tarifvertrag, der unter anderem eine bessere Bezahlung | |
regelt.“ Auch die Befristungen müssten sofort beendet werden, da sie | |
Unsicherheit schafften. | |
Mehrere Betroffene berichten von einem weiteren Problem: Die Experimente | |
finden überwiegend in der Vorlesungszeit statt. Dann sollten Studierende | |
aber eigentlich in den Seminaren sitzen. Wenn sich ein Vertrag in die | |
Semesterferien hineinziehe, werde erwartet, dass die studentischen | |
Beschäftigten in der Vorlesungszeit Überstunden anhäuften – und die mit den | |
Minusstunden in den Ferien ausglichen. So arbeiteten manche Studierende | |
mehr als die erlaubten 19 Stunden pro Woche neben dem Studium. | |
Doch wo kein Kläger, da kein Richter. Förster von der Universität Hamburg | |
sagt dazu: „Die studentischen Hilfskräfte und Angestellten werden bereits | |
in der Ausschreibung wie auch in Einstellungsgesprächen auf | |
den,projektbezogenen Einsatz' hingewiesen und darüber aufgeklärt, dass | |
aufgrund von Projektspitzen in der Vorlesungszeit mehr Arbeitszeit anfallen | |
kann.“ | |
Eine der betroffenen Personen berichtet jedoch, dass es im | |
Bewerbungsgespräch nicht erwähnt worden sei, sondern erst nach der | |
Einstellung während der ersten Schulung. Laut der Uni betrage die | |
durchschnittliche Arbeitszeit im Experimentallabor zehn bis 16 Stunden pro | |
Woche. Nur in seltenen Ausnahmefällen komme es zur Überschreitung der | |
erlaubten 19 Wochenstunden. „2019 betraf dies drei studentische Hilfskräfte | |
und kam insgesamt sechsmal vor. Die maximale Arbeitszeit betrug dabei 28 | |
Stunden pro Woche“, sagt Förster. | |
## Kurzfristige Dienstplanung | |
Überstunden und fehlende Pausen sind aber nicht das Einzige, was die | |
studentischen Beschäftigen beklagen. Auch die kurzfristige Dienstplanung | |
belaste sie. Zwar könne man am Anfang des Semesters angeben, wann einem | |
Schichten nicht passten, aber das würde in der Planung nicht immer | |
beachtet. „Wir werden eingeplant, wie die lustig sind“, kritisiert eine | |
Person aus dem Laborteam. Den Einsatzplan erhielten sie am Freitag für die | |
Folgewoche. Das bestätigen Studierende und Uni. | |
Allerdings berichten die Studierenden auch, dass es nach Freitag noch zu | |
Änderungen kommen könne, zum Beispiel wenn die gewünschten Arbeitszeiten | |
eben nicht beachtet wurden. Der finale Plan stehe erst am Sonntag fest – | |
spät, um die kommende Woche zu planen. | |
28 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Zu-wenig-Geld-Wertschaetzung-Sicherheit/!5659782 | |
[2] https://www.wiwi.uni-hannover.de/en/llew/ | |
[3] https://www.tvstud-hamburg.de/ | |
## AUTOREN | |
Sabrina Winter | |
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