# taz.de -- Gericht rügt Polizei Hamburg: G20-Knast-Schikane war illegal | |
> Die Ingewahrsamnahme von italienischen G20-Demonstranten war | |
> unrechtmäßig. So urteilte nun das Verwaltungsgericht. | |
Bild: Für manche das Ende eines legitimen Protestes: die Gefangenensammelstell… | |
HAMBURG taz | Das Urteil am Dienstag konnte nicht überraschen: | |
„Rechtswidrig“, so befand Dietrich Hölz, Vorsitzender der 17. Kammer des | |
Hamburger Verwaltungsgerichts, sei die fast 24 Stunden andauernde | |
Ingewahrsamnahme von drei Italienern während des G20-Gipfels gewesen. Das | |
Verfahren habe „keine Anknüpfungspunkte“ für bevorstehende Straftaten der | |
Männer erbracht, die deren Festsetzung hätten rechtfertigen können. | |
Zudem sei „keine richterliche Anordnung eingeholt“ worden, die die | |
juristische Voraussetzung für den Vollzug einer solchen Maßnahme gewesen | |
wäre, sagte Hölz. Und es sei „nicht nachvollziehbar“, auf welchen | |
Erkenntnissen eine Gefahrenprognose des Verfassungsschutzes beruht habe, | |
nach der am Abend des 8. Juli, mitten während des G20-Gipfels, Straftaten | |
speziell von italienischen Staatsangehörigen, zu erwarten gewesen seien. | |
Diese Prognose hatte die Überwachung und folgende Festsetzung der drei | |
Männer maßgeblich ausgelöst, zusammen mit dem Hinweis der italienischen | |
Polizei, zwei von ihnen seien mit demonstrationstypischen Straftaten wie | |
„Widerstand“ oder „Hausfriedensbruch“ polizeilich „in Erscheinung get… | |
– Anschuldigungen, die aber laut des Gerichts nicht zu Verurteilungen in | |
Italien geführt hätten. „So geht es nicht“, kritisierte Hölz sowohl die | |
Ingewahrsamnahme aufgrund nebulöser Verdachtsmomente als auch die Tatsache, | |
dass die Betroffenen vor allem festgenommen wurden, weil sie Italiener | |
sind. | |
Nicht überraschend kam der Richterspruch, weil Hölz bereits in einem sehr | |
ähnlichen Verfahren – in dem es um die Ingewahrsamnahme von acht ebenfalls | |
italienischen Landsleuten ging – auch deren Verbringung in die | |
Gefangenensammelstelle (Gesa) für „grob rechtswidrig“ erklärt hatte. Aber | |
am gestrigen Dienstag ging es vorm Verwaltungsgericht noch um einen anderen | |
Punkt, der im Vorverfahren keine Rolle gespielt hatte: nämlich um die | |
Frage, ob auch der konkrete Vollzug der Ingewahrsamnahme geltendes Recht | |
verletzt habe. | |
## Um den Schlaf gebracht | |
Verteidigerin Daniela Hödl hatte eine Reihe von Zwangsmaßnahmen aufgeführt, | |
die sie für unrechtmäßig hält: Das Entkleiden der in Gewahrsam genommenen | |
nach Ankunft in der Gesa, dass sie keine Matratzen zum Schlafen und zu | |
wenig Essen bekommen hätten und dass sie ihre Notdurft bei geöffneter Tür | |
verrichten mussten. | |
Hier gab das Gericht den drei Klägern nur in einem wesentlichen Punkt | |
recht: Dass die ganze Nacht das Licht in den Gefangenen-Containern gebrannt | |
hatte und zudem alle halbe Stunde kontrolliert worden sei, ob die | |
Gefangenen noch am Leben seien, habe sie dauerhaft „um den Schlaf | |
gebracht“, sagte Hölz. Solch dauerhafter Schlafentzug verstoße gegen das | |
Recht auf körperliche Unversehrtheit, selbst wenn diese Praxis in | |
Polizeivorschriften so angeordnet werde. | |
In allen anderen Punkten befand das Gericht, die behaupteten Schikanen | |
seien von den Klägern „zu wenig substantiiert“ vorgetragen worden oder | |
Grundrechtseingriffe, die gerechtfertigt seien. | |
Eine Berufung ließ das Gericht, wie auch bei dem vorangegangenen Urteil, | |
nicht zu. Hiergegen hat die Stadt Hamburg als Beklagte Beschwerde vor dem | |
Oberverwaltungsgericht eingelegt, das darüber noch nicht entschieden hat. | |
So bleibt bei beiden Verfahren noch unklar, ob die Rechtsbrüche von Polizei | |
und Justiz während der G20-Tage rechtskräftig festgestellt oder in zweiter | |
Instanz noch überprüft werden. | |
5 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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