# taz.de -- Zwischenbilanz von Union Berlin: Eisern und mit Metal | |
> Fast alle sportlichen und wirtschaftlichen Zahlen sprechen gerade für den | |
> 1. FC Union. Da bleibt Zeit und Raum für Ideen gegen den Frust vieler | |
> Fans. | |
Bild: Volle Kurve: Fans beim Spiel in Hamburg am Montag | |
So geht Fußballdialektik: Etwas für’n Arsch finden und trotzdem mitmachen. | |
6.000 Union-Fans fuhren am Montag dieser Woche zum Auswärtsspiel beim HSV, | |
um in ihrem Fanblock ein Riesenbanner anzubringen: „Montagsspiele | |
abschaffen“. | |
Nach Hamburg mussten sie natürlich hin, weil es ja eine Premiere war: Das | |
erste Union-Pflichtspiel gegen den HSV in der Vereinsgeschichte. Streng | |
genommen. Eigentlich war es schon das zweite, denn es gab 1923 in Berlin | |
das Finale um die deutsche Meisterschaft HSV gegen Union Oberschöneweide, | |
dem Vorläuferklub. Die Hamburger gewannen damals 3:0. | |
Die jetzige Pflichtspielansetzung folgte also einer jahrzehntelangen Pause, | |
in der es einen großen Krieg gab, die DDR und die BRD, den Mauerfall und | |
eine neue BRD, in der der Spitzenfußball mit dem von 1923 noch so viel zu | |
tun hat, wie Slayer mit Plaste und Elaste. | |
Slayer? Ja, genau, die Trash Metalisten aus Kalifornien. Die spielten | |
nämlich am Montag ebenfalls in Hamburg, in der Konzerthalle gleich neben | |
dem Stadion. Was das benachbarte Hotel zur Begrüßungsofferte an die Metal- | |
und Eisern-Fans bewog: „Was für eine Kombination: 1 FC Union Berlin und | |
Slayer. Zwei große Pils 5 Euro.“ | |
Während sich die Musikfreunde in der Halle durch Metal-Repertoire | |
schunkelten, schalalaten sich die Unioner im Stadion durchs Eisern-Liedgut. | |
Hanseatisch vornehm und ohne jede Gewaltfantasie, geradezu niedlich die | |
Replik der HSV-Fans im Volksparkstadion: „Schalalala, Hamburch ist viel | |
schöner als Berlin, schöner als Berlin.“ Worauf den Berlinern glatt die | |
Spucke weg blieb und sie den üblichen Konter – „Wir sind eure Hauptstadt, | |
ihr Bauern!“ – verpassten. | |
## Die neue Union-Qualität | |
Dafür folgte ziemlich schnell die Antwort der Eisernen auf dem Rasen, die | |
früh das 1:0 schossen (Mees) und in der ersten Halbzeit sehr überzeugten. | |
Nach dem Wechsel ließen sie sich jedoch von den Hausherren einschnüren und | |
mit zwei dummen Tore beschenken. Aber, und das ist die neue Union-Qualität, | |
ganz am Schluss erzielten sie doch noch den Ausgleich zum 2:2 (Abdullahi), | |
wodurch sie ungeschlagen bleiben vor dem Heimspiel am morgigen Samstag | |
gegen Darmstadt – jene Mannschaft, gegen die es im April die letzte | |
Niederlage in der Zweiten Liga gab. | |
Gegen die Hessen muss wieder ein Sieg her, denn mit lauter Unentschieden – | |
bisher neun – steigt man nicht auf. Ja, der Aufstieg ist wieder ein Thema | |
in Köpenick, weil das Team oft gut spielt, abgeklärt, selbstbewusst und | |
ohne Angst gegen die vermeintlich übermächtige Konkurrenz. Es hat sich | |
ausgezahlt, dass die Vereinsführung keine allzu ambitionierten Vorgaben | |
machte und lieber im Stillen dachte oder hoffte, dass in dieser schweren | |
Liga mit HSV und Köln doch was möglich ist. | |
Auch auf der Mitgliederversammlung des Vereins am Mittwoch herrschte | |
deshalb beste Stimmung. Präsident Dirk Zingler präsentierte gestiegene | |
Zahlen bei Einnahmen (plus 1,7 Millionen Euro auf 44 Millionen) und | |
Mitgliedern (21.394) und ansonsten eine Perspektive, die über das Ziel | |
mittelfristiger Aufstieg hinausgeht und die grundsätzliche Verankerung des | |
Vereins im Gesamtkonstrukt Profifußball betrifft. Zingler verwies noch mal | |
auf das Positionspapier des Vereins, als Reaktion auf das unter Fußballfans | |
weit verbreitete Gefühl der Entfremdung, mit konkreten Überlegungen zum | |
Kurswechsel. | |
Die richtigen Adressaten der Fanproteste seien nicht DFL und DFB, sondern | |
die maßgeblich verantwortlichen Vereine. In den nächsten Monaten werde sich | |
laut Zingler entscheiden, ob es gelinge, einen angemessenen Ausgleich der | |
Interessen von Zuschauern, Sportlern, Investoren, Medien und auch Ultras zu | |
finden. Das Streben nach maximalem Profit sei der falsche Weg, was Union | |
auch nach außen vertreten werde. „Es gibt nichts Wertvolleres, auch für die | |
Vermarktung, als ausverkaufte Stadien, in denen spannender Fußball gespielt | |
wird.“ | |
Das Stadion An der Alten Försterei ist bekanntlich fast immer ausverkauft, | |
weshalb es ja auch ausgebaut wird. Die geplante Fertigstellung 2020 wird | |
allerdings nicht zu halten sei. Der erste Spatenstich soll erst erfolgen, | |
wenn die Finanzierung komplett gesichert ist – woran es aber keinen Zweifel | |
gebe, so Zingler. | |
29 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Gunnar Leue | |
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