# taz.de -- Vor dem AfD-Parteitag in Magdeburg: Und noch ein finanzieller Fehlt… | |
> Nicht nur die Spenden für den Kreisverband Weidels sorgen für Wirbel. | |
> Auch eine Zuwendung für einen NRW-AfDler birgt Konfliktpotenzial. | |
Bild: Für Guido Reil könnte die Plakataktion noch zum Problem werden | |
BERLIN taz | Das kommende Wochenende dürfte Guido Reil sich anders | |
vorgestellt haben. Reil – Bergmann, Ex-Sozialdemokrat, Gewerkschafter und | |
damit eine Art Vorzeigemalocher der nordrhein-westfälischen AfD, will für | |
seine Partei in das europäische Parlament und kandidiert beim | |
Bundesparteitag an diesem Wochenende für Listenplatz zwei. Ein Spaziergang | |
wird es ohnehin nicht werden für ihn, denn in der angeblich so | |
anti-elitären Partei findet so mancher, dass ein Malocher wie Reil | |
vielleicht im Ruhrgebiet gut ankomme, aber nicht das notwendige Format für | |
Brüssel hat. | |
Doch jetzt kommt auch noch die [1][Spendenaffäre] hinzu. Seit bekannt | |
wurde, dass in dem Kreisverband von Fraktionschefin Alice Weidel zwei | |
zumindest dubiose, vielleicht auch illegale Großspenden eingegangen sind | |
und die [2][Staatsanwaltschaft] gegen Weidel und andere AfD-Mitglieder | |
ermitteln will, sind solche Parteispenden allerorten Thema in der Partei. | |
Und mitnichten gingen nur in Weidels Kreisverband dubiose Spenden ein. Auch | |
Reil hat sich einen Fehltritt geleistet. | |
Im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 plakatierte ein Unternehmen | |
aus der Schweiz, die Goal AG, für Reil zahlreiche Großplakate. Von der Goal | |
AG war schon zuvor Geld in AfD-Wahlkämpfe geflossen, auch Parteichef Jörg | |
Meuthen profitierte davon. Nach Aussage Reils hatte das Unternehmen ihm die | |
kostenlose Aktion angeboten und er hatte freudig zugesagt. Besiegelt wurde | |
das ganze durch eine Freistellungserklärung. Schon seit geraumer Zeit prüft | |
nun die Bundestagsverwaltung, ob die Werbeaktion eine „unzulässige Spende“ | |
ist – und nach allem, was man hört, tendiert sie zu der Einschätzung, dass | |
es so ist. Nach dem Parteiengesetz sind solche Spenden „unverzüglich“ an | |
die Behörde weiterzuleiten. Das hatten weder Meuthen noch Reil getan. | |
Während die AfD für Meuthen inzwischen über 5.000 Euro an die Bundeskasse | |
überwiesen hat, offensichtlich der Gegenwert für die Aktivitäten der Goal | |
AG, steht bei Reil eine solche Zahlung noch aus. Der Vorgang sei noch nicht | |
entschieden, sagt er zur Begründung. Doch nun sorgt er sich, dass das Thema | |
am Wochenende bei seiner Kandidatur wieder zur Sprache kommt. | |
An diesem Wochenende will die AfD ihre Liste für die Europawahl im | |
kommenden Jahr aufstellen. Ab Freitagmittag treffen sich die rund 600 | |
Delegierten für vier Tage in der Magdeburger Messe. Bislang hat die | |
rechtspopulistische Partei im Europaparlemant genau einen Abgeordneten: | |
Parteichef Meuthen, der dieses Mal als Spitzenkandidat antreten will. | |
Insgesamt wird mit mehreren hundert Kandidaturen für die Liste gerechnet. | |
Am Freitagmorgen, bevor der Parteitag beginnt, kommt der Bundesvorstand der | |
Partei zu einer Sitzung zusammen. Dabei hat er einige heikle Themen zu | |
besprechen, darunter ein mögliches Parteiausschlussverfahren gegen Frank | |
Pasemann, einen Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt, der selbst | |
Mitglied des Bundesvorstands ist. Im Zentrum aber wird wohl die | |
Spendenaffäre um Fraktionschefin Alice Weidel stehen. | |
Intern prüft derzeit Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann den Vorgang, er | |
soll am Freitag dem Bundesvorstand berichten. Zudem hat die AfD Karl | |
Albrecht Schachtschneider mit der Prüfung betraut, einen emeritierten | |
Staatsrechtsprofessor aus dem Umfeld der Neuen Rechten, der auch im | |
Kuratorium der AfD-nahem Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt. | |
Schachtschneider teilte bereits am Mittwoch Abend mit, er sehe keinerlei | |
Fehlverhalten bei Weidel. Aus der Partei ist zu hören, dass man am Freitag | |
noch nicht mit Konsequenzen rechnet. | |
Inzwischen geht es um zwei mutmaßlich illegale Großspenden, die Weidels | |
Kreisverband am Bodensee erhalten hat. Nachdem seit Tagen über eine | |
[3][Spende aus der Schweiz] diskutiert wird, räumte die AfD am späten | |
Mittwochabend eine weitere dubiose Großspende ein – wohl um einem | |
Medienbericht zuvor zu kommen. Diesmal soll das Geld aus Belgien kommen. | |
## Stiftung spendete 150.000 Euro | |
Die AfD teilte mit, dass im Februar 150.000 Euro auf dem Konto des | |
Kreisverbands eingegangen seien. Der Spender: eine Stiftung mit dem Namen | |
„Stichting Identiteit Europa“ (Stiftung Identität Europa). Weil der | |
Kreisverband weder die Spenderidentität noch die Spendermotivation | |
zweifelsfrei feststellen konnte, habe man entschieden, das Geld | |
zurückzuschicken. Deshalb habe man auch die Bundestagsverwaltung nicht | |
informiert. Zurück überweisen aber wurde das Geld nach Angaben der AfD erst | |
am 9. Mai – also fast drei Monate, nachdem es angekommen war. Großspenden | |
über 50.000 Euro müssen unverzüglich bei der Bundestagsverwaltung angezeigt | |
werden. Diese wurde erst am Dienstag über den Vorgang informiert. | |
Weidels Kreisverband hatte bereits im Jahr zuvor 130.00 Euro aus der | |
Schweiz erhalten, gestückelt und mit dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende | |
Alice Weidel“ versehen. Dies hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und | |
Süddeutscher Zeitung aufgedeckt. Das Geld war von der in Zürich ansässigen | |
Firma PWS Pharmawholesale International AG überwiesen worden, | |
„treuhänderisch für einen Geschäftsfreund“, wie deren Verwaltungsrat | |
mitteilte. Von dem Schweizer Geld sollen die Kosten für einen Medienanwalt | |
und der Kauf von Facebook-Likes für Weidel bezahlt worden sein, bevor es im | |
April rücküberweisen wurde. Ende 2017 sollen nur noch 107.000 Euro auf dem | |
Kreiskonto gewesen sein. | |
Die Staatsanwaltschaft Konstanz hatte bereits vor dem Bekanntwerden des | |
belgischen Falls erklärt, gegen Weidel und einige andere AfD-Mitglieder | |
wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Parteiengesetz ermitteln zu | |
wollen. Zunächst aber muss Weidels Immunität im Bundestag aufgehoben | |
werden. Nun prüft die Staatsanwaltschaft auch den belgischen Fall. Anders | |
als im Falle der Schweiz ist eine Spende aus Belgien nicht per se illgeal, | |
weil das Land EU-Mitglied ist. | |
Aus dem AfD-Bundesvorstand hat sich bislang kaum jemand zu der | |
Spendenaffäre geäußert, nur Parteichef Alexander Gauland hat Weidel mit | |
dünnen Worten via Bild verteidigt und versucht, die Schuld beim zuständigen | |
Landesschatzmeister in Baden-Württemberg abzuladen. Darüber hat der | |
Bundesvorstand Stillschweigen vereinbart – bis Freitag. | |
15 Nov 2018 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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