# taz.de -- The Good, The Bad & The Queen: Melancholie aus Brexitland | |
> Das zweite Album der Supergroup „The Good, The Bad & The Queen“ war | |
> bereits 2014 fertig. Doch dann kam der Brexit – und mit ihm die Wut. | |
Bild: Kopf der Band ist Damon Albarn (2. v.l.), der schon Blur und Gorillaz ins… | |
Gleiche Baustelle, anderer Auftrag: Vor fast genau zwölf Jahren schufen The | |
Good, The Bad & The Queen mit ihrem Debüt ein tolles Darkpop-Album, das | |
dank seiner Dub-Anleihen wirkte wie der musikgewordene Spaziergang durch | |
ein Westlondon, in dem Sound aus offenen Fenstern dröhnt und sich zugleich | |
Sturmwolken am Himmel auftürmen. Damon Albarn, Komponist dieser Supergroup | |
– sonst Kopf von Blur, den Gorillaz und Mitinhaber des Londoner Labels | |
Honest Jons –, bezeichnete das Werk seinerzeit als „Songzyklus, der | |
zugleich ein Mystery Play über London ist“. | |
Neben Albarn gehören zu TGTBTQ Afrobeat-Legende Tony Allen, Simon Tong | |
(einst The Verve) und Paul Simonon (vormals Bassist von The Clash). Bei | |
dieser Besetzung war es kein Wunder, dass auf melancholisch-monochrome | |
Weise die Multikulturalität britischen Popschaffens durchklang. Nun jedoch | |
singt die Band den Brexit-Blues, mit einer erweiterten, weniger urbanen | |
Klangpalette. | |
Angeblich waren Songs für ein zweites Album bereits 2014 fertig. Dann kam | |
das Referendum über den EU-Austritt dazwischen, dessen Ausgang Albarn | |
wütend machte. Ergo wurde das Album neu aufgerollt. Zu diesem Zweck fuhren | |
Albarn, Simonon und Tong zwecks Spurensuche nach Blackpool, diesem | |
nordenglischen Badeort, der seit dem 19. Jahrhundert Synonym für die | |
Vergnügungen der working class ist. Auch die Labour-Partei hielt dort gerne | |
Parteitage ab. | |
Der ideale Ausgangspunkt also, um die Allianz zu beleuchten, zwischen einer | |
Arbeiterschicht, die für den Brexit votiert hat, und den auf | |
Oberschichtsprivatschulen sozialisierten Opportunisten à la Boris Johnson, | |
die das neonationalistische Projekt über die politische Bühne boxen. | |
## Über den Austritt verstört | |
Dabei wird Albarn konkreter, als man das von dem notorisch enigmatischen | |
Lieddichter kennt. So etwa in „Merrie Land“, der, anders als ihr Titel „d… | |
vergnügte Land“ suggiert, tieftraurigen Vorabsingle: „You were the ones who | |
work together / Put the money in the pockets / Of the few and their | |
fortunes / Who crowd the school benches / And jeer at us all because they | |
don’t care about us.“ | |
Das Fazit dieses großartigen, titelgebenden Eröffnungstracks, das ihm | |
zugleich die Anmutung eines Abschiedsbriefs gibt, kommt dann jedoch naiv | |
daher – was aber im Kontext der Befindlichkeitsforschung auf dem Album | |
durchaus Sinn ergibt. Schließlich ist Sozialromantik ein nicht | |
unerheblicher Teil der englischen Poptradition: „They are graceless and you | |
shouldn’t be with them / Because they are all disconnected and raised up in | |
mansions.“ | |
Wütend angesichts des Isolationismus auf der Insel klingen TGTBTQ nicht, | |
eher verstört. Die wortreich mäandernden Texte stecken voller Rätsel und | |
Referenzen: ein kaleidoskopischer Bewusstseinsstrom. Blackpool war übrigens | |
lediglich Ausgangspunkt. Der thematische Fokus wurde bald erweitert, Albarn | |
machte Ausflüge in verschiedenste Gegenden des Landes. Die britische | |
seaside klingt trotzdem durch, nicht zuletzt dank altmodisch anmutender | |
Orgeln. Dazu werden Folk, Music-Hall-Traditionen, Psychedelik und die | |
verschleppten jazzy Beats von Allen amalgamiert. | |
Nicht jeder Song auf dem Album ist toll, „Guns to the Head“, die zweite | |
Single, irritiert durch allzu heimelige Schunkeligkeit. Doch der Band ist, | |
wie schon beim Debüt, wieder eine ganz eigene Mischung gelungen, die auch | |
berühren dürfte, wenn man von der Nabelschau auf der Insel eigentlich | |
nichts wissen will. | |
16 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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