# taz.de -- Arbeitskampf bei Ryanair: Ver.di einigt sich mit Billigflieger | |
> Die Gewerkschaft frohlockt: Bis Ende November soll der erste Tarifvertrag | |
> mit der umstrittenen irischen Billigfluggesellschaft endgültig stehen. | |
Bild: Das Kabinenpersonal von Ryanair hofft auf bessere Arbeitsbedingungen und … | |
BERLIN taz | Der umstrittene Billigflieger Ryanair steht offenbar vor | |
[1][seinem ersten Tarifabschluss in Deutschland]. Nach Angaben der | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di haben die bei ihr organisierten | |
FlugbegleiterInnen „mit sehr großer Mehrheit“ einer entsprechenden | |
Vorvereinbarung zugestimmt. Auch die Pilotengewerkschaft Cockpit hofft, | |
noch in diesem Jahr eine grundsätzliche Einigung mit Ryanair erzielen zu | |
können. | |
In dem Eckpunkte-Papier, auf das sich Ver.di mit Ryanair verständigt hat, | |
verpflichtet sich die irische Fluggesellschaft zum Abschluss eines | |
Tarifvertrags auf der Basis des deutschen Arbeits- und Sozialrechts. | |
„Dadurch erhalten die Beschäftigten unter anderem Lohnfortzahlungen im | |
Krankheitsfall und sie fallen unter den deutschen Kündigungsschutz“, sagte | |
Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. | |
Darüber hinaus sieht die Vereinbarung deutliche Gehaltsverbesserungen für | |
die rund 1.000 FlugbegleiterInnen bei Ryanair in Deutschland vor. So soll | |
das Grundgehalt um 600 Euro steigen. Hinzu kommt eine weitere | |
Gehaltserhöhung von 200 bis 250 Euro. Außerdem ist eine | |
Mindeststundengarantie von 600 Stunden vorgesehen. | |
Ferner hat sich Ver.di mit Ryanair auf einen Sozialplan für den Fall von | |
Stationsschließungen oder -reduzierungen verständigt. Er sieht unter | |
anderem Abfindungsregelungen bei Versetzungen und Wiedereinstellungen vor. | |
Laut Gewerkschaftsangaben gelte er auch für die bisherigen Beschäftigten | |
der Bremer Ryanair-Basis, die Anfang November geschlossen wurde. | |
Endgültig ausgehandelt werden soll der Tarifvertrag zwischen der Ryanair | |
und Ver.di bis Ende des Monats. Gültig würde er gleichermaßen für direkt | |
bei dem Flugunternehmen Beschäftigte wie auch für Leiharbeitskräfte sein, | |
betont die Gewerkschaft. Aus gutem Grund: Beim Kabinenpersonal greift | |
Ryanair im großen Maßstab auf Personal von außen zurück. So haben rund 70 | |
Prozent der in Deutschland stationierten FlugbegleiterInnen Arbeitsverträge | |
mit Leiharbeitsfirmen. | |
Bei einer für die Gewerkschaft zentralen Frage zeigte sich Ryanair hingegen | |
unnachgiebig: Als einen „großen Wermutstropfen“ bezeichnete es | |
Ver.di-Vorständlerin Behle, dass das irische Unternehmen weiterhin | |
[2][keine Betriebsräte zulassen will]. Hier müsse jetzt der Gesetzgeber | |
durchsetzen, was der Lowcoster verwehre, forderte sie. „Wir setzen hierbei | |
auf die Politik, die eine Gesetzesänderung beschließen muss, um eine | |
Betriebsratsgarantie auch im Luftraum einzuführen“, sagte Behle. | |
## Trotz Einigung mit Ver.di nicht alles „in Butter“ | |
Auch wenn sich Ryanair und Ver.di tatsächlich noch im November auf einen | |
Tarifvertrag einigten sollten, kehrt damit bei der Fluggesellschaft | |
allerdings noch keineswegs Ruhe ein. Denn da ist noch die | |
Konkurrenzgewerkschaft UFO, die auf eigenständigen Verhandlungen besteht. | |
„Durch die Erfolgsmeldungen über die Verhandlungsfortschritte mit Ver.di | |
versucht Ryanair den Eindruck zu erwecken, die Konditionen für die in | |
Deutschland stationierten Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter seien nun in | |
Butter“, sagt der UFO-Vorsitzende Nicoley Baublies. „Dem ist nicht so.“ | |
Auch wenn Ryanair mit Ver.di einen Tarifvertrag abschließen sollte, sei die | |
Streikgefahr noch längst nicht gebannt, warnte er. | |
Die Gespräche mit UFO hatte Ryanair vor eineinhalb Monaten nach einer als | |
despektierlich empfundenen Pressemitteilung abgebrochen. Darin hatte die | |
Spartengewerkschaft die prekären Arbeitsbedingungen des Kabinenpersonals | |
als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet. Der Versuch von Ryanair, dagegen per | |
einstweiliger Verfügung vorzugehen, hat das Arbeitsgericht Darmstadt | |
inzwischen zurückgewiesen. „Wer sich, wie Ryanair, lieber einer Diskussion | |
um Rechtsfragen widmet, als ernsthaften Tarifverhandlungen, dem geht es | |
offensichtlich nicht wirklich um das Wohl der Mitarbeiterinnen und | |
Mitarbeiter“, kritisierte UFO-Chef Baublies. “Wir fordern Ryanair nun zur | |
sofortigen Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.“ | |
Nicht ganz so verfahren sieht es hingegen zwischen Ryanair und der | |
Vereinigung Cockpit aus. Die PilotInnengewerkschaft sieht sich auf einem | |
guten Weg, ähnlich wie Ver.di eine grundsätzliche Einigung mit Ryanair | |
erzielen zu können. „Wir haben für den November noch drei Termine | |
vereinbart und wollen in diesem Zeitraum ein Eckpunktepapier erreichen“, | |
erklärte Cockpit-Sprecher Janis Schmitt nach Verhandlungen am Mittwoch in | |
Frankfurt. An denen hatten erstmals auch zwei unabhängige Schlichter | |
teilgenommen. | |
Seit längerem schon tobt bei Europas größtem Billigflieger ein erbitterter | |
Arbeitskampf, mehrfach streikten sowohl FlugbegleiterInnen als auch | |
PilotInnen in verschiedenen Ländern. Ryanair-Chef Michael O'Leary ist | |
berühmt und berüchtigt für seine steinzeitkapitalistische | |
Unternehmensführung. Erst Ende vergangenen Jahres hatte er überhaupt | |
Gewerkschaften als GesprächspartnerInnen anerkannt. Den ersten Tarifvertrag | |
schloss Ryanair im September mit drei italienischen | |
ArbeitnehmerInnenvertretungen ab. | |
14 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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