# taz.de -- Kommentar Bafög-Erhöhung: Notdürftig geflickt | |
> Bildungsministerin Anja Karliczek will das Bafög erhöhen. Leider nicht | |
> genug. Das Geld reicht in teuren Großstädten einfach nicht zum Leben. | |
Bild: So viele Bücher, so wenig Zeit: Nach der Regelstudienzeit fließt kein B… | |
Zumindest bei Bildungsfragen ist die Große Koalition besser als ihr Ruf. | |
Letzten Monat erst hat Familienministerin Giffey einen so vernünftigen wie | |
milliardenschweren Entwurf für den Kita-Ausbau hingelegt. Und nun macht | |
auch ihre bislang äußerst unauffällige Kabinettskollegin Anja Karliczek | |
endlich einen Aufschlag. Die CDU-Bildungsministerin ließ am Dienstag ihre | |
Pläne für die lange versprochene Bafög-Reform durchsickern: zum | |
Wintersemester im nächsten Jahr sollen die Neuerungen schon gelten. | |
Die Eckpunkte, die der taz vorliegen, sind durchaus begrüßenswert. Der | |
Höchstsatz soll auf 850 Euro steigen, genauso die Wohnpauschale für | |
Studierende (auf 325 Euro). Außerdem dürften dank der erhöhten | |
Einkommensfreibeträge für die Eltern künftig deutlich mehr junge Menschen | |
Bafög-berechtigt sein. Und: Wer nach seinem Studium verarmt, dem können die | |
Bafögschulden erlassen werden. Allein dadurch, so erhofft sich Karliczek, | |
nehmen endlich wieder mehr Studierende Bafög in Anspruch. | |
Denn das einstige Vorzeigeinstrument der Chancengerechtigkeit greift nicht | |
mehr. Im vergangenen Jahr rutschte die Zahl der Bafög-EmpfängerInnen auf | |
ein 15-Jahres-Tief. Und das liegt sicher nicht nur an den Ängsten junger | |
Menschen, einen Studienkredit aufzunehmen. Das Bafög reicht schlicht nicht | |
mehr zum Leben. 735 Euro beträgt der Höchstsatz seit der letzten Erhöhung | |
vor zwei Jahren. Vor allem in den Großstädten mit ihren explodierenden | |
Mieten kommt man damit nicht zurande. Zumal vor der letzten moderaten | |
Bafög-Erhöhung ein ganzes Jahrzehnt lang nichts passierte. | |
Man kann die Karliczek-Eckpunkte also auch, wie es sich Berlins Regierender | |
SPD-Bürgermeister Müller nicht verkneifen konnte, als einen „längst | |
überfälligen“ Schritt bezeichnen. Die im Koalitionsvertrag versprochene | |
„Trendumkehr“ wird die Bafög-Reform so allerdings kaum bewirken. Dafür | |
hätte sich Karliczek auf eine automatische Anpassung der Beitragssätze an | |
die Einkommensentwicklung durchringen müssen, wie es Gewerkschaften und | |
Opposition schon lange fordern. Ansonsten stehen wir in spätestens zwei | |
Jahren wieder vor der selben Diagnose: das Bafög reicht nicht zum Leben. | |
Was aber vor allem fehlt, sind flexible Bezugszeiten. Denn bislang gilt: | |
Wenn die Regelstudienzeit endet, gibt's auch keine Kohle mehr. Es gibt aber | |
gute Gründe, warum die Einhaltung der Regelstudienzeit nicht immer möglich | |
ist. Gerade bei Studierenden, die nebenher jobben. Also diejenigen, die | |
eigentlich von Bafög allein leben können sollten. | |
14 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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