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# taz.de -- Kriminalität in Berlin: Der Gewalt auf der Spur
> Die Polizei zählt knapp 15.000 Fälle häuslicher Gewalt im Jahr 2017. Die
> Justizverwaltung will mehr Geld für die Gewaltschutzambulanz.
Bild: In der Gewaltschutzambulanz können Opfer Verletzungen gerichtsfest dokum…
Die Justizverwaltung will die [1][Gewaltschutzambulanz] an der Charité
weiter ausbauen. Die Anlaufstelle befinde sich aufgrund der hohen Nachfrage
„an ihrer Kapazitätsgrenze, so dass eine weitere personelle Aufstockung für
den Doppelhaushalt 2020/2021 anzustreben ist“, heißt es in der Antwort auf
eine parlamentarische Anfrage der FDP. Die Öffnungszeiten der Ambulanz
sollten ausgeweitet werden, das erfordere ebenfalls einen „Aufwuchs der
Mittel“, teilt die Justizverwaltung mit.
Seit 2014 gibt es in Berlin die Gewaltschutzambulanz an der Charité. Sie
bietet Opfern von Gewalt die Möglichkeit, sich von Rechtsmedizinerinnen
vertraulich untersuchen zu lassen. Verletzungen wie beispielsweise
Würgemale oder blaue Flecken werden dokumentiert, DNA-Spuren gesichert. Die
Betroffenen können anschließend in Ruhe überlegen, ob sie Anzeige erstatten
wollen oder nicht. Kommt es zum Prozess, kann die Dokumentation vor Gericht
verwendet werden.
Über 2.500 Betroffene wandten sich nach Angaben der Gewaltschutzambulanz in
den ersten vier Jahren an die Stelle. Oft sind es Frauen, die ihre
Verletzungen dokumentieren lassen wollen, die Rechtsmedizinerinnen,
untersuchen aber häufig auch Kinder. Denn nicht nur die Polizei oder Ärzte
verweisen auf das Angebot, auch die Jugendämter nutzen es, etwa um Fälle
von Kindeswohlgefährdung abzuklären.
Der Senat unterstützt den Ausbau des Projekts: Begann die Ambulanz 2014 mit
einer Rechtsmedizinerin, so waren im Jahr 2016 bereits sechs Ärztinnen
angestellt. 2016 wurde auch ein mobiler Dienst eingeführt: Gewaltopfer, die
in einer anderen Klinik untergebracht sind, können ebenfalls von den
Rechtsmedizinerinnen untersucht werden. Knapp eine Million Euro stehen der
Gewaltschutzambulanz in den Jahren 2018 und 2019 jeweils zur Verfügung.
Fast die Hälfte der Betroffenen, die sich an die Anlaufstelle wandten,
seien Opfer von häuslicher Gewalt, schreibt die Justizverwaltung in ihrer
Antwort auf die parlamentarische Anfrage. Rückmeldungen der
Strafverfolgungsbehörden hätten ergeben, dass die Dokumentation der
Verletzungen in diesen Fällen häufig zu einem Geständnis der Angeklagten
führte. Für die Opfer ist das eine echte Hilfe: Es erspart ihnen eine
Aussage vor Gericht, die für die Betroffenen sehr belastend sein kann.
Aus Anlass des Internationalen Aktionstags gegen Gewalt an Frauen am
Sonntag hat der Senat [2][neue Daten zu häuslicher Gewalt] veröffentlicht:
Die Berliner Polizei registrierte laut diesen im Jahr 2017 14.605 Opfer
innerfamiliärer beziehungsweise partnerschaftlicher Gewalt. Zwar sei die
Zahl der Opfer im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 50 gesunken, aber die
Zahl der betroffenen Frauen unter ihnen sei um 165 gestiegen. Damit
stagniere die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt, die sich zumeist gegen
Frauen und Mädchen richte, weiter auf hohem Niveau, teilte die
Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung mit.
Nach Angaben der Verwaltung kamen im Jahr 2017 insgesamt 1.097 Frauen und
1.035 Kinder in Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen unter. Danach werde es
für sie immer schwieriger, auf dem angespannten Wohnungsmarkt eine neue
Bleibe zu finden, hieß es. Deshalb seien die Hilfen bei der
Wohnungsvermittlung ausgebaut worden. Offenbar mit Erfolg: Der Anteil von
Frauen, die deutlich länger als drei Monate in einem Frauenhaus blieben,
sei 2017 erstmals von 33 auf 23,6 Prozent gesunken. 470 Frauen hätten
Wohnungsanträge gestellt, die zu 217 Mietverträgen führten.
Das sei eine erfreuliche Entwicklung, fand auch Gesundheits- und
Gleichstellungssenatorin Dilek Kolat (SPD). Sie betonte, das Schutz- und
Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen müsse nun weiter ausgebaut werden.
25 Nov 2018
## LINKS
[1] https://gewaltschutzambulanz.charite.de/
[2] https://www.berlin.de/sen/gpg/service/presse/2018/pressemitteilung.760460.p…
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Polizei Berlin
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