# taz.de -- Videos zeigen Tierquälerei: Skandalserie in Schlachthäusern | |
> Aktivisten decken in mehreren Betrieben Tierquälerei auf. Die Überwachung | |
> der Schlachter sei keine Lösung. Es helfe nur, auf Fleisch zu verzichten. | |
Bild: Aktivisten machen auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz aufmerksam | |
Berlin taz | Ein Rind liegt seitlich auf dem Boden. Um es zu betäuben, hat | |
ein Schlachter einen Bolzen in das Gehirn des Tiers geschossen. Doch das | |
Rind bewegt weiter den Kopf. Der Mann geht etwas in die Knie, setzt das | |
Bolzenschussgerät noch einmal zwischen die Augen des Tiers und drückt ab. | |
Es knallt. Danach hebt das Rind aber noch einmal den Kopf. Es ist also | |
immer noch bei Bewusstsein. Es muss höllische Schmerzen erleiden. Der | |
Schlachter setzt abermals an. Das Gerät löst nicht aus. Der Mann | |
verschwindet kurz aus dem Bild. Dann zielt er wieder – und schießt zum | |
dritten Mal. Erst jetzt scheint das Tier bewusstlos zu sein. | |
[1][Diese Aufnahmen] einer versteckten Kamera in dem Schlachthof Hakenberg | |
im brandenburgischen Fehrbellin hat die Tierrechtsorganisation Animal | |
Rights Watch (Ariwa) vor Kurzem veröffentlicht. Sie zeigen [2][grobe Fehler | |
bei der Schlachtung]. Denn dass Tiere so lange und so stark leiden, soll | |
laut Gesetz durch die Betäubung verhindert werden. „An den beiden Tagen, an | |
denen diese Aufnahmen entstanden sind, ist bei mindestens acht Rindern | |
deutlich zu erkennen, dass sie während des Entblutens nicht vollständig | |
betäubt sind“, sagt Ariwa-Sprecherin Sandra Franz. | |
Nach der Betäubung muss das Rind schnell durch einen Messerstich entblutet | |
werden, damit es nichts von seinem Tod merkt. Doch Ariwa zufolge schnitten | |
die Schlachter teils an der falschen Stelle, sodass das Entbluten zu lange | |
dauert. Der Geschäftsführer des Schlachthofs bezeichnete es im Rundfunk | |
Berlin-Brandenburg als „nicht akzeptabel“, wie sich seine Beschäftigten | |
verhielten. | |
Einige Tage zuvor hatte der Verein Deutsches Tierschutzbüro ebenfalls | |
heimlich aufgenommene Bilder aus dem [3][Rinderschlachthof der Standard | |
Fleisch GmbH & Co KG] im niedersächsischen Oldenburg veröffentlicht. Sie | |
zeigen, dass Tiere mangelhaft betäubt werden. Auch dieses Unternehmen | |
beschuldigte einzelne Mitarbeiter. Am Montag ist bekannt geworden, dass der | |
Betrieb zumindest vorerst stillgelegt wurde. | |
## Mit dem Gabelstapler zum Schlachten | |
Gleichzeitig erstatteten die Tierschützer Strafanzeige, weil offenbar auch | |
Beschäftigte des Veterinäramts ein Rind abgestochen hätten, das | |
unzureichend betäubt gewesen sei. Sie seien auch nicht eingeschritten, als | |
Schlachthofarbeiter Tiere getreten oder mit Elektroschockern malträtiert | |
hätten. Das zuständige Veterinäramt in Oldenburg ließ eine Bitte der taz um | |
Stellungnahme unbeantwortet. | |
Grundsätzlich müssen bei allen Schlachtungen Amtstierärzte vor Ort sein. | |
Doch sie haben auch nicht verhindert, was die Organisation [4][Soko | |
Tierschutz] Mitte Oktober aufgedeckt hat: In Schlachthöfen in Bad Iburg in | |
Niedersachsen und in Schönhausen in Sachsen-Anhalt wurden ausweislich von | |
Videoaufnahmen der Aktivisten verletzte, kranke und sterbende Tiere | |
geschlachtet. | |
Dabei dürfen kranke Tiere noch nicht einmal transportiert werden, wie | |
selbst die niedersächsische CDU-Agrarministerin Barbara Otte-Kinast | |
erschüttert feststellte. Sie steht der Fleischwirtschaft nahe. Statt auf | |
dem Hof getötet zu werden, wurden Tiere, die nicht mehr laufen konnten, | |
teils mit einer Seilwinde gezogen und per Gabelstapler zum Schlachten | |
gebracht. | |
## TierrechtlerInnen: Videokameras keine Lösung | |
Wegen des Skandals sagt Kinast jetzt, dass sie juristisch prüfen lasse, | |
„welche Möglichkeiten es gibt, [5][verbindlich ein Kamerasystem] in den | |
Bereichen der Anlieferung, des Zutriebes, der Betäubung und der Schlachtung | |
der Schlachthöfe anzuordnen“. Mit Videokameras ließen sich die Schlachter | |
auch dann kontrollieren, wenn die Veterinäre gerade nicht vor Ort sind, | |
argumentiert die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz. Kinast kann das | |
leicht fordern, denn zuständig sieht sie das | |
Bundeslandwirtschaftsministerium von Julia Klöckner (CDU). Doch das ist | |
skeptisch, denn es sei sehr aufwendig, Überwachungsvideos zu analysieren. | |
Tierrechtler glauben sowieso nicht, dass Videoüberwachung das Problem lösen | |
würde. „Wer soll denn dieses Material auswerten? Dieselben Veterinäre, die | |
jetzt schon in vielen Fällen wegschauen?“, fragt Ariwa-Sprecherin Franz. | |
„Unsere Lösung wäre, das Schlachten ganz zu lassen.“ Auch Bio kommt für … | |
nicht infrage. Denn mehrere der kritisierten Schlachthöfe waren | |
biozertifiziert. Doch das heißt nur, dass sie konventionelles von | |
Biofleisch trennen. Die Ökoverordnung der Europäischen Union macht keine | |
besonderen Vorschriften für die Schlachtung. | |
Ob die meisten der rund 5.600 Schlachthöfe in Deutschland massiv gegen die | |
Regeln verstoßen, bleibt mangels repräsentativer Studien umstritten. Aber | |
fest steht: Tierrechtler werden immer wieder fündig. | |
13 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ariwa.org/aktivitaeten/aufgedeckt/recherchearchiv/1739-grausame-… | |
[2] /Debatte-um-heimliche-Stallvideos/!5549138 | |
[3] https://www.tierschutzbuero.de/schlachthof-unzensiert-neue-undercover-reche… | |
[4] https://www.soko-tierschutz.org/chronik | |
[5] http://www.ml.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/stellungnahme-z… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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