| # taz.de -- US-Sanktionen gegen Iran: Donald Trump macht Ernst | |
| > Die US-Regierung verschärft die Sanktionen gegen den Iran nochmals. Die | |
| > Maßnahmen treffen nicht nur das Land, sondern die Wirtschaft weltweit. | |
| Bild: Am Montag geht es los – an den Wechselstuben in Teheran hofft man das B… | |
| Am Montag tritt die zweite Welle der US-Sanktionen gegen den Iran in Kraft. | |
| Es sollen die „härtesten aller Zeiten sein“, kündigte Präsident Donald | |
| Trump an. Auf seinem privaten Twitter-Account verdeutlichte der | |
| US-Präsident dies [1][im Stil der Serie Game-of-Thrones, eben nur mit dem | |
| Profil seiner Person im Bild]. Tatsächlich ist das Iran-Embargo eines der | |
| strengsten überhaupt, vergleichbar mit den US-Sanktionen gegen Kuba oder | |
| auch Russland. „Das Ziel ist klar: das wirtschaftliche Überleben der | |
| iranischen Führung deutlich einschränken“, sagt Sascha Lohmann, Experte für | |
| US-Außenpolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. | |
| Neu und überraschend sind die Sanktionen nicht. Zwischen 2010 und 2013 | |
| wurden sie vom US-Kongress verabschiedet – gegen den Willen des damaligen | |
| Präsidenten Barack Obama. Per Ausnahmegenehmigung setzte der Präsident alle | |
| 120 beziehungsweise 180 Tage die Sanktionen aus. Diese Aussetzung hat | |
| Donald Trump nun aufgehoben, womit er eines seiner Wahlkampfversprechen | |
| wahr machte. Hintergrund ist der US-Rücktritt aus dem Atomabkommen. Trump | |
| wetterte immer wieder gegen Teheran und drohte mit der einseitigen | |
| Aufkündigung des Abkommens. | |
| Die iranische Regierung will allerdings kontern. Am liebsten mit einer | |
| Kryptowährung, einem Bitcoin auf Persisch, einer Art Iran Coin. Damit will | |
| die Zentralbank in Teheran die Sanktionen umgehen und Finanzströme aus | |
| dem Land hinaus und in das Land hinein möglich machen. | |
| Die Krypto-Idee beruht auf der trügerischen Hoffnung iranischer | |
| Finanzpolitiker*innen, die unmittelbare Wucht der Sanktionen abfedern | |
| zu können. Dafür sind sie sogar bereit, islamisches Recht großzügig | |
| auszulegen, denn eine Kryptowährung entspricht nicht einem realen Wert wie | |
| etwa Gold oder Öl – was aber die Voraussetzung für den Finanzhandel im Iran | |
| wäre. Die Pläne für die virtuelle Währung zeigen, wie sehr das | |
| amerikanische Sanktionsregime die Wirtschaft des islamischen Staates | |
| beeinträchtigt. | |
| Besonders die Gesundheitsversorgung wird es treffen | |
| Offenbar reichen die „klassischen“ Umgehungsmaßnahmen nicht mehr aus, wie | |
| etwa Barzahlungen. Laut Schätzungen schmuggeln Devisenhändler*innen | |
| jeden Tag bis zu 5 Millionen US-Dollar in und aus dem Iran. Die Deals | |
| finden meist in Afghanistan statt. Iranische Rial werden in Koffern nach | |
| Kabul gebracht, dort gegen US-Dollar getauscht und zurück über die Grenze | |
| verfrachtet. Angelegt werden sie dann in Dubai oder in den Emiraten. | |
| Die iranische Regierung versucht, die Bevölkerung auf „den Sturm aus den | |
| USA“ einzuschwören, der sie hart treffen werde, aber nicht unüberstehbar | |
| sei. Schließlich habe man schon deutlich schlimmere Zeiten, etwa während | |
| des Iran-Irak-Krieges, erlebt. Klar ist: Bestimmte Konsumgüter werden | |
| deutlich teurer werden oder sind es bereits, zum Beispiel Windeln oder | |
| Lebensmittel. | |
| Besonders drastisch könnten sich die Sanktionen auf die medizinische | |
| Versorgung auswirken, wenn Medikamente oder medizinische Geräte nicht mehr | |
| in den Iran geliefert werden. „Bei Krebsmitteln oder auch | |
| Hochtechnologiegeräten wie Computertomografen könnte es erneut zu Engpässen | |
| kommen“, sagt Lohmann. Dass sich die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung | |
| mit dem Embargo unmittelbar verschlechtere, zeichne sich seit Jahren ab. | |
| Mittelfristig verändern sich auch die Umweltbedingungen, besonders in den | |
| Großstädten. Der Iran muss relativ viel Diesel und Benzin importieren. | |
| Dieser Handel wird nun auch mit US-Sanktionen belegt. Die Bevölkerung | |
| panscht den Treibstoff, die schlechte Qualität beeinträchtigt die | |
| Luftqualität und gefährdet damit die Gesundheit der Menschen. Teheran gilt | |
| als eine der Städte, die weltweit am stärksten mit Smog belastet sind. | |
| Dieser Zustand wird sich vermutlich verschärfen. | |
| Ein kompliziertes Embargo-Geflecht | |
| Der erste Teil der Sanktionen trat am 7. August in Kraft. Damals waren vor | |
| allem Lieferungen an die iranische Automobilwirtschaft betroffen – etliche | |
| Unternehmen in aller Welt, vor allem aber aus der EU, zogen sich aus dem | |
| Iran zurück. Jetzt geht es insbesondere um das Ölgeschäft, um | |
| Petrochemieprodukte und um den Energiesektor. Zu den Sanktionen gehört auch | |
| das Einfrieren von Guthaben. | |
| Hinzu kommt: Wenn europäische Unternehmen mit gelisteten iranischen | |
| Menschen oder Firmen zu tun haben, die die USA mit Sanktionen belegt haben, | |
| müssen auch die europäischen Unternehmen diese Listung beachten – ansonsten | |
| drohen ihnen hohe Strafzahlungen. „Die Listungen sind ein großes Problem, | |
| vor allem dann, wenn man eine Bank für das Irangeschäft sucht. Es gibt nur | |
| noch sehr wenige Banken hierfür“, sagt Harald Hohmann. Der Rechtsanwalt | |
| berät Firmen, die Geschäftsbeziehungen in den Iran haben, vor allem | |
| Unternehmen aus dem Maschinenbau, Autozulieferer, Elektronikhersteller. Er | |
| hilft ihnen, Licht ins komplizierte Geflecht des Embargos zu bringen. Seit | |
| Präsident Trump den Ton gegenüber dem iranischen Regime verschärft hat, hat | |
| Hohmann jede Menge zu tun. | |
| Wenn ein Unternehmen ein US-Produkt in den Iran liefern will, | |
| US-Technologie verwendet wurde oder eine US-Dollar-Transaktion vorliegt, | |
| greift das US-amerikanische Iran-Embargo unmittelbar. Aber auch wenn | |
| Geschäfte mit einer Branche Irans gemacht werden, über die nachrangige | |
| Sanktionen verhängt wurden. Also etwa wenn Unternehmen Teile für Fahrzeuge | |
| liefern. | |
| Hinzu kommen die „Special Designated Nationals“ – jene Personen, die auf | |
| der Verbotsliste gelandet sind. „Das macht das ganz schön kompliziert“, | |
| sagt Hohmann. Viele Unternehmen ziehen sich zurück, „dabei kann man beides | |
| betreiben: USA- und Irangeschäft“, sagt Hohmann. | |
| Der Iran steht unter Druck | |
| [2][Viel hängt von der EU ab.] Derzeit werden Pläne ausgearbeitet, um | |
| Iran-Finanzierungen zu erleichtern, unabhängig von den Banken – [3][und | |
| damit außerhalb des US-Embargos]. Ob das wirkt, ist allerdings fraglich. | |
| Auch wenn die USA die Sanktionen mildern würden, würde es an Vertrauen | |
| fehlen, dass beispielsweise europäische Banken sich durchaus an | |
| Irangeschäften beteiligen können. Das Sanktionsregime greift global und | |
| unmittelbar, gerade weil Finanztransaktionen weltweit stattfinden und kaum | |
| mehr nur auf nationale oder bilaterale Geldströme herunterzubrechen sind. | |
| Auch die Bundesregierung hat deutschen Firmen, die weiter mit dem Iran | |
| Geschäfte machen wollen, Hilfen zugesagt. Eine Idee ist, eine Art | |
| europäischen Währungsfonds einzurichten, um den Zahlungsverkehr mit dem | |
| Iran umzuleiten. | |
| Lohmann setzt auf juristische Hebel, da die Anwendung von US-Sanktionen auf | |
| EU-Unternehmen völkerrechtlich angreifbar ist. Aber „europäische | |
| Unternehmen werden faktisch in Washington reguliert, nicht in Brüssel“, | |
| bewertet der Politikwissenschaftler die bisherigen Entscheidungen. Er | |
| vermutet, dass sich der Iran Umgehungsmaßnahmen überlegen wird. Zum | |
| Beispiel beim Ölexport. Bereits jetzt versuchen die iranischen Lieferanten, | |
| sogenannte Transponder der Frachtschiffe auszuschalten, die es ermöglichen, | |
| dass der Lieferweg des Öls nachvollziehbar ist. | |
| Die Sanktionen treffen den Iran hart. Wirtschaftlich steht der Staat immens | |
| unter Druck. Von iranischer Seite sind außer Durchhalteparolen kaum ernst | |
| zu nehmende Maßnahmen zu erwarten. Der Iran Coin ist gescheitert, bevor die | |
| Währung überhaupt im Umlauf ist. Bestes Beispiel dafür, wie schwierig es | |
| ist, eine Kryptowährung aufzulegen, ist Venezuela. Mit dem „Petro“ wollte | |
| Staatspräsident Nicolás Maduro die Inflation bekämpfen und scheiterte. | |
| Selbst wenn Transaktionen in und aus dem Iran per Kryptogeld laufen | |
| sollten, hat die US-Regierung bereits vorgesorgt und das Schlupfloch längst | |
| gestopft. Laut Financial Crimes Enforcement Network, einer | |
| US-amerikanischen Aufsichtsbehörde, soll der Missbrauch von Kryptowährungen | |
| und Blockchain-Anwendungen mit allen Mitteln verhindert werden. | |
| 3 Nov 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
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