# taz.de -- Weltgipfel der Forschungsmuseen: Umgang mit dem kulturellen Erbe | |
> Forschungsmuseen beraten in Berlin über neue Wege der Wissensvermittlung. | |
> Das Image als „verstaubte Orte der Vergangenheit“ soll weg. | |
Bild: Sonderausstellung „Artefakte“ im Berliner Naturkundemuseum: Vitrine m… | |
BERLIN taz | Die Forschungsmuseen, die neben der Aufbewahrung von | |
lehrreichen Objekten aus Natur- und Kulturgeschichte diese auch | |
wissenschaftlich genauer untersuchen, wollen das Image als „verstaubte Orte | |
der Vergangenheit“ abstreifen. Vor allem den naturwissenschaftlich | |
ausgerichteten Museen ist es angesichts des Klimawandels zunehmend | |
wichtiger, auch aktuelle ökologische Bezüge zu thematisieren und einem | |
breiten Publikum zu vermitteln. Wie dies geschehen kann, wollen die | |
Direktoren führender Einrichtungen in der kommenden Woche auf dem | |
[1][ersten Weltgipfel der Forschungsmuseen] im Rahmen der „[2][Berlin | |
Science Week“] beraten. | |
„Der Klimawandel und das Aussterben von Tieren und Pflanzen sind eng | |
verbunden mit einer globalen Gerechtigkeit – und gleichzeitig auf | |
schädliche Weise im Ungleichgewicht“, sagt Johannes Vogel, Generaldirektor | |
des [3][Museums für Naturkunde in Berlin], das gleichzeitig | |
Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung ist. „Darum | |
treffen sich Forschungsmuseen aus aller Welt in Berlin, um auf die Probleme | |
zu reagieren und Verantwortung für die Welt von morgen zu übernehmen“. | |
Vogel ist nicht nur Gastgeber, sondern zusammen mit Matthias Kleiner, dem | |
Präsidenten der [4][Leibniz-Forschungsgemeinschaft], auch der Initiator der | |
Konferenz. 131 Museumsvertreter von 91 Einrichtungen aus 23 Ländern haben | |
sich angekündigt. An der Vorbereitung der Konferenz „Global Summit of | |
Research Museums – das Gestaltungspotenzial der Forschung“ („The | |
Transformative Potential of Research“) waren auch die [5][Smithsonian | |
Institution Washington], das Natural History Museum London und das British | |
Museum beteiligt. | |
Die Leibniz-Gemeinschaft ist Trägerin von acht Forschungsmuseen in | |
Deutschland und bekommt aus einem Sondertopf des Bundestages derzeit 10 | |
Millionen Euro jährlich, um den Bestand dieser Häuser zu digitalisieren und | |
neue Wege der Wissensvermittlung zu beschreiten. | |
„Forschungsmuseen nutzen die Chancen der Digitalisierung für Vermittlung | |
und Sammlungserschließung und tragen so dazu bei, unser kulturelles Erbe | |
für die Zukunft zu bewahren“, sagte Kleiner in dieser Woche bei einem | |
Pressegespräch im Naturkundemuseum. Aber neben dem Erhalt gehe es auch um | |
den Umgang mit dem kulturellen Erbe, etwa beim Thema Provenienzforschung. | |
Mit diesem Thema hat gerade die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in | |
Gestalt des neu entstehenden Humboldt-Forums in der Mitte Berlins verstärkt | |
zu tun. „Durch die Vielstimmigkeit in der Forschung haben kulturhistorische | |
Museen die Möglichkeit, auf die großen Fragen nicht nur der Vergangenheit, | |
sondern auch der Gegenwart Antworten zu finden“, meint Hermann Parzinger, | |
der Präsident der Preußen-Stiftung. „Sie müssen sich aber der Gesellschaft | |
öffnen und dialogbereit sein, wenn sie auch in Zukunft noch als wichtige | |
Player bei aktuellen gesellschaftlichen Fragen angesehen, als Partner | |
wahrgenommen und in die Diskurse eingebunden werden wollen.“ | |
Der Umgang der heutigen Ethnologie mit den wissenschaftlichen Beutezügen | |
der einstigen Völkerkunde ist anhaltender Streitpunkt mit | |
entwicklungspolitischen Gruppen aus der Zivilgesellschaft und wird auch bis | |
zur Forum-Eröffnung 2019 nicht abgeebbt sein. | |
Auf ihrem Berliner Gipfeltreffen wollen sich die Museen nicht nur über die | |
heutige und zukünftige Ausrichtung ihrer Forschungs- und Ausstellungsarbeit | |
austauschen, sondern auch über gesellschaftliche Veränderungsprozesse und | |
„die Verantwortung, die Forschungsmuseen für die Zukunft der Erde | |
übernehmen können“, wie es Johannes Vogel ausdrückt. Angesichts des | |
dramatischen Artensterbens in der Pflanzen- und Tierwelt ist es ihm | |
wichtig, nach dem Bildungsauftrag der Museen den nächsten, den politischen | |
Schritt zu tun. Ziel müsse es sein, mit dem verbesserten Naturwissen auch | |
ein verstärktes Engagement der Gesellschaft zum Schutz der Umwelt zu | |
erreichen. | |
Wie dringlich diese Mission ist, vermittelt gerade auch die | |
[6][Sonderausstellung „Artefakte“ im Berliner Naturkundemuseum.] | |
Großformatige Luftaufnahmen etwa von erdölverseuchten Flüssen führen die | |
katastrophalen Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur vor Augen. | |
Aber neben der künstlerisch-ästhetischen Ansprache benennt die Ausstellung | |
auch die Herausforderungen, die hinter den Bildern stecken – wie | |
Wissenschaft und Politik Lösungen erarbeiten und welchen Beitrag auch jeder | |
Einzelne dazu leisten kann. Ein Handlungsimpuls, den die Forschungsmuseen | |
verstärkt geben wollen. | |
3 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.gsrm2018.com/ | |
[2] /Berlin-Science-Week/!5545388 | |
[3] https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de | |
[4] https://www.leibniz-gemeinschaft.de/start/ | |
[5] https://www.si.edu/ | |
[6] https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/museum/ausstellungen/artefakte | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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