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# taz.de -- Kommentar Glaubwürdigkeit der SPD: Fiebrige Sinnsuche
> Im Wahlkampf glänzte die SPD nicht gerade mit einem Feuerwerk an Ideen.
> Jetzt, in tiefer Krise, sprudelt es nur so, aber es braucht mehr.
Bild: Ja, wo laufen sie denn?
Thomas Oppermann, rechter Flügelmann der SPD, hat kürzlich einen
[1][Mindestlohn von 12 Euro gefordert]. Der Parteilinke Lars Klingbeil
möchte gern [2][ein staatlich finanziertes Grundeinkommensjahr] – ein
Sabbatical für alle mit 1.000 Euro im Monat. Parteichefin Andrea Nahles
will nicht nur Hartz IV überwinden, sondern eine radikale Reform des
Sozialstaats und nebenbei auch noch die Machtfrage im digitalen
Kapitalismus stellen.
Die SPD entwickelt derzeit fast fiebrig Slogans, Ideen und Konzepte. Manche
erheben Forderungen, bei denen sie vor ein paar Monaten noch mit den Augen
gerollt haben. Mindestlohn – darüber entscheidet doch eine Kommission.
Hartz IV überwinden – das ist kalter Kaffee. Doch nach den Wahldesastern in
Bayern und Hessen und angesichts der existenzbedrohlichen Krise kennt Not
kein Gebot.
Es ist jedenfalls erstaunlich, dass von diesem Feuerwerk an Ideen im
Wahlkampf 2017 so gar nichts zu merken war. Auf Kanzlerkandidat Martin
Schulz’ Ankündigung, dass Hartz IV ein Fehler gewesen sei, folgte damals
das Arbeitslosengeld Q, bürokratisch und halbherzig. Normalerweise
präsentieren Parteien in Wahlkämpfen zündende, weitreichende Ideen, die,
wenn man in Koalitionen regiert, notgedrungen in Kompromissen beschnitten
werden. Bei der SPD scheint es genau andersherum zu sein. Darin spiegelt
sich ihr ganzes Dilemma.
Was sie debattiert und fordert, wirkt nun in vielem unglaubwürdig. Denn es
ist durch missliche Umstände erzwungen und kein Ausdruck besserer
Erkenntnis. Die Frage lautet: Wird das erfreuliche Engagement für höhere
Mindestlöhne und die Überwindung von Hartz IV auch noch lauthals
vorgetragen, wenn die SPD wundersamerweise wieder eine Wahl gewinnen
sollte?
Die SPD muss Sozialstaatskonzepte entwickeln, die mehr als
Spiegelstrich-Verbesserungen sind, und darf auch die Ökologie nicht als
Spielmaterial behandeln. Sie braucht eine Generalüberholung. In der
Regierung wird die kaum gelingen. Was nicht bedeutet, dass es in der
Opposition leicht wird. So ist die Lage.
12 Nov 2018
## LINKS
[1] /Nach-Beschluss-des-Bundeskabinetts/!5547405
[2] /Ausgleich-zum-Arbeits-Alltag/!5549064
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
SPD
Hartz IV
Andrea Nahles
Grundeinkommen
Mindestlohn
Robert Habeck
Robert Habeck
SPD
Arbeitslosengeld
Arbeit
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