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# taz.de -- Verfassungskrise in Sri Lanka: Putsch im Tropenparadies
> Schöne Strände, üble Stimmung: Durch ein verwegenes Manöver ist seit
> Freitag ein alter Autokrat in Sri Lanka zurück an der Macht.
Bild: Und nun? Premierminister Ranil Wickremesinghe
Colombo taz | Sicher: Schöne Strände, beeindruckende Landschaft,
freundliche Menschen – gerade erst kürte der Lonely Planet Sri Lanka auf
Platz Eins [1][der empfehlenswertesten Reiseländer für 2019]. Unsicher ist
allerdings: Wie das Land mit seinen rund 20 Millionen Einwohnern bald
aussehen wird.
Mit einem putschähnlichen Manöver brachte Sri Lankas Präsident Maithripala
Sirisena am Freitagabend [2][einen alten Autokraten] zurück an die Macht –
und suspendierte vorsorglich das Parlament. Anhänger der verwegenen Aktion
stürmten noch in der Nacht zwei staatliche Fernsehsender und zwangen sie,
den Sendebetrieb zu unterbrechen. Der amtierende Ministerpräsident Ranil
Wickremesinghe sagt dagegen, er sei weiter im Amt.
Das sieht der Präsident, der in Sri Lanka dem Kabinett und dem
Ministerpräsidenten vorsteht, jedoch anders. Er nahm am Freitag völlig
überraschend dessen Erzfeind, Mahinda Rajapaksa, den Amtseid ab und teilte
im Nachhinein mit, er habe Wickremesinghe entlassen. Die Bevölkerung der
Tropeninsel, die südöstlich von Indien liegt, wurde erst informiert, als
der Akt schon vollzogen war. Verfassungsrechtler in Sri Lanka äußerten
umgehend Zweifel daran, dass das Vorgehen verfassungsgemäß ist.
Rajapaksa [3][ist ein alter Bekannter]. Er stand bereits mehrfach als
Präsident an der Spitze des Landes und ging hart gegen Kritiker und
Journalisten vor. Reporter ohne Grenzen zählte ihn 2013 zu den Feinden der
Pressefreiheit. Während seiner Amtszeit waren zwischen 2009 und 2015
mindestens 15 Journalisten im direkten Zusammenhang mit ihrer Arbeit
getötet worden.
Viele Bürger, vor allem aus Reihen der singhalesischen
Bevölkerungsmehrheit, verehren Rajapaksa jedoch dafür, dass er 2009 mit
harter Hand den insgesamt 26 Jahre währenden Bürgerkrieg mit den
tamilischen Rebellen und der tamilischen Bevölkerungsminderheit beendet
hatte. Allein in den letzten Monaten dieses Krieges waren tausende
tamilische Zivilisten von Regierungssoldaten getötet worden. Unter anderem
werden der Armee unter seiner Führung die Exekution von Zivilisten,
Vergewaltigungen und Gräueltaten vorgeworfen.
Wickremesinghe, der 2015 die Wahlen gegen Rajapaksa gewann und seitdem als
Ministerpräsident die Amtsgeschäfte führte, hatte nach seiner Amtsübernahme
versprochen, das Land stärker gen Westen zu öffnen und die Kriegsverbrechen
aufzuklären. Auch ging er verstärkt gegen Korruption vor – was zur
Festnahme von Familienmitgliedern aus Rajapaksas Umfeld führte.
Zuletzt war Wickremesinghe zwar immer stärker in die Kritik geraten. Ein
Misstrauensvotum im Parlament gegen ihn scheiterte allerdings erst in
diesem Jahr. Das ist auch der Grund, warum Wickremesinghe auf seine
parlamentarische Mehrheit verweist und im Amt bleiben will. Und das dürfte
wohl auch der Grund dafür sein, warum der Präsident, der ihn loswerden
will, nun gleich das Parlament suspendierte. So kann es dort in den
nächsten Tagen offenbar nicht zu einer Abstimmung über den alten oder neuen
Ministerpräsidenten kommen.
Martin Kaul ist taz-Redakteur und Mitglied im Vorstand von Reporter ohne
Grenzen. In dieser Funktion hält er sich derzeit in Sri Lankas Hauptstadt
Colombo auf. Am Donnerstag präsentierte Reporter ohne Grenzen dort die
Ergebnisse einer Recherche zur Medienkonzentration und den politischen
Verflechtungen von Medienbesitzern und politischen Mandatsträgern. Die
Ergebnisse [4][sind hier einzusehen].
27 Oct 2018
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/reise/aktuell/lonely-planet-best-in-travel-2019-deuts…
[2] /Parlamentswahl-in-Sri-Lanka/!5220490
[3] /Sri-Lanka/!5148633
[4] http://www.mom-rsf.org
## AUTOREN
Martin Kaul
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