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# taz.de -- Verkehrswende-Bündnis über Parkplätze: „Mit Stehzeugen vollges…
> Mit Preiserhöhungen will das Bremer Bündnis für Verkehrswende Parken
> teurer machen und mehr lebenswerten Stadtraum schaffen.
Bild: Parkplatzsituation im Bremer Viertel (Symbolfoto)
taz: Herr Köhler-Naumann, wieso wollen Sie Autofahrer*innen die Parkplätze
wegnehmen?
Wolfgang Köhler-Naumann: Der öffentliche Raum ist sehr wertvoll für das
Zusammenleben. Wir wollen, dass Parken in der Stadt diesem Wert entspricht
und etwas kostet. Der Raum, der im Moment mit Stehzeugen vollgestellt ist,
könnte für eine lebenswertere Stadt genutzt werden.
Wieso ist die Stadt so vollgeparkt?
Die 240.000 in Bremen gemeldeten Fahrzeuge werden ja irgendwo hingestellt,
dazu kommen dann noch schätzungsweise 80.000 Pendelnde. Die Parkhäuser sind
meist nur zu 60 Prozent ausgelastet, alles parkt auf Straßen und Gehwegen –
und das meist kostenfrei.
Die Debatte um Verkehrspolitik ist ja oft hoch emotional …
Gerade die Autolobby arbeitet mit vielen Emotionen, um ihre Produkte zu
bewerben. Die Politik macht da mit, etwa die FDP mit ihrem offen
emotionalen Appell für das Auto. Die Wissenschaft, die der Industrie nahe
steht, sieht im Auto das Wohnzimmer der Zukunft. Dabei wird Mobilität als
Kern der Debatte aus den Augen verloren.
Ihnen wird wegen ihres ökologischen Engagements doch sicher auch
Emotionalität vorgeworfen?
Vor allem werfen Menschen uns eine ideologische Diskussionskultur vor. Wir
werden als „Öko-Spinner“ bezeichnet. Dabei fragen wir uns, wer wirklich
ideologische Ziele verfolgt. Wir geben, anders als die Autoindustrie,
immerhin keine 1,6 Milliarden Euro im Jahr für Werbung aus.
Vielleicht, weil die Gruppe der Autobefürwortenden viel größer ist als die
der Ökos?
Das ist nur ein Gefühl, das eben daher kommt, dass Autos so viel Stadtraum
einnehmen. Immerhin 36 Prozent der Haushalte in Bremen leben bereits ohne
Auto. In Deutschland wünschen sich laut Umfragen rund 80 Prozent der
Menschen weniger Autoverkehr. Die Gruppe der Autobefürwortenden hat aber
eine große und finanzgewaltige Lobby.
Sie sagen, Ihnen gehe es um Mobilität. Geht es in der Verkehrsdebatte nicht
allen darum?
Oft geht es viel mehr ums Auto als um Mobilität. Als wäre das Auto die
Mitte des Diskurses, von der aus gedacht und debattiert werden müsse. Da
spielen dann auch Aspekte der Wirtschaft eine Rolle. Und dabei ist doch das
Auto auch nur eines von vielen Mitteln in einer Gesamtgestaltung der
Mobilität.
Das Bündnis versteht die Verkehrswende auch als Gerechtigkeitsfrage. Wieso?
Statistiken ergeben, dass die ärmsten Menschen in unserer Gesellschaft von
der Verkehrssituation besonders belastet werden. Sie haben zum Beispiel
kein Auto oder zu wenig Geld, um es regelmäßig zu nutzen, und sind deshalb
von den Einschränkungen und der Unsicherheit im Rad- und Fußverkehr
besonders betroffen. Außerdem wohnen sie meist an Straßen mit besonders
hohem Verkehrsaufkommen, da dort die Mieten am günstigsten sind. Das
bedeutet: weniger Bewegungsfreiheit für Familien mit Kindern und
gesundheitliche Belastung durch Lärm und Luftverschmutzung.
Was würde eine Verkehrswende genau bedeuten?
Wir wollen möglichst wenig Autos, sowohl parkend als auch fahrend in der
Stadt. Ausgebaute Fuß- und Radwege, mehr Platz für alternativen Verkehr.
Frei werdende Fläche durch weniger parkendes Blech kann umgenutzt werden.
Eine autofreie Stadt also?
Der Begriff ist nicht ganz treffend. Es ist utopisch, die Fahrzeuge ganz
aus der Stadt zu verbannen, und das muss auch gar nicht sein – wir wollen
intelligente Mobilität. Es braucht ja Taxen und Rettungswagen, Stationen
fürs Carsharing und die Möglichkeit, barrierefrei zu allen Orten zu
gelangen. Manchmal ist der motorisierte Individualverkehr dafür sinnig.
Über seine Form kann aber gestritten werden, etwa darüber, ob jeder
Haushalt ein Auto benötigt, oder darüber, ob Verbrennungsmotoren noch
zeitgemäß sind.
Bei dem Stichwort „weniger Autos“ bangen viele um ihre Arbeitsplätze.
Die Diskussion um Arbeitsplätze wird in diesem Kontext nicht ernsthaft
geführt, denn neue Mobilität schafft auch Arbeitsplätze. Natürlich ist die
Idee nicht, Menschen aus der Autoindustrie einfach auf die Straße zu
setzen. Ich habe aber den Eindruck, dieses Argument wird sehr einseitig
genutzt. Immerhin wurden in der Diskussion um autonomes Fahren bislang noch
keine Stimmen laut, dass 60.000 BusfahrerInnen deutschlandweit den Verlust
ihrer Arbeit befürchteten.
2 Nov 2018
## AUTOREN
Lea Schweckendiek
## TAGS
Verkehrswende
Verkehr
Verkehrspolitik
Autos
Verkehrsplanung
Parkplätze
ÖPNV
Begegnungszone
Autoverkehr
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