Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: David gegen Kohliath
> Jetzt jammern VW, RWE und Konsorten, sie würden von der Öko-Stimmung
> diffamiert und bedrängt. In Wahrheit haben sie immer noch die Macht.
Bild: Mit Trump-Slogans für die Braunkohle: Demo in Elsdorf
Wieder einmal ist Deutscher Herbst. Und man hat den Eindruck: Terror
überzieht das Land. In einem [1][„Feldzug gegen das Auto“ (VW-Chef Diess)]
sollen die Hersteller vernichtet werden. Große Unternehmen werden als
„Betrüger“ und „Dreckschleudern“ diffamiert.
Beschäftigte in der Braunkohle fühlen sich an den Grubenrand gedrängt, weil
in 20 Jahren [2][ihre Jobs verschwinden]. Chemiefirmen wandern aus, wenn
sie weniger Plastikmüll produzieren sollen. Und die Agrarindustrie zieht
den Schwanz ein, weil sie Ferkel bald nicht mehr ohne Betäubung kastrieren
darf.
Leben wir schon unter der Öko-Diktatur?
Hahaha.
Da macht sich Kohliath zum David. Die Reichen und Einflussreichen
stilisieren sich zu Opfern. Nur zur Erinnerung: Die Deutsche Umwelthilfe,
die Politik und Autoindustrie vor den Gerichten blamiert, hatte 2017 ein
Budget von 8 Millionen Euro. Daimler schafft das als Gewinn vor Steuern in
zwei Arbeitsstunden.
## Reiche und Einflussreiche gefallen sich als Opfer
Die Hambacher AktivistInnen hatten nur ihre Baumhütten – ihnen gegenüber
steht RWE mit 2 Milliarden Reingewinn 2017. Wenn die Autoindustrie ein
Problem hat, [3][ruft sie im Kanzleramt an]. Wenn die Kohle Schutzpatrone
braucht, schickt sie drei Ministerpräsidenten vor, um mal eben 60
Milliarden Euro zu fordern. Mindestens.
Und diese wirklich große Koalition aus politischer und wirtschaftlicher
Macht maskiert sich als Underdog. Sie hat es geschafft, dass die
CO2-Emissionen nicht sinken, dass weiter dreckige Diesel auf die Straße
kommen und dass der Steuerzahler jedes Jahr 50 Milliarden für die
Zerstörung der Umwelt ausgibt. Und dass sich darüber außer mir keiner
aufregt.
Dieses Machtgefälle zwischen hilflosen Ökos und fast allmächtiger
Politik/Wirtschaft wird nun gedreht: Erst mal sollen die Umweltverbände
sich um Jobs kümmern, ehe sie die Welt retten. Ganz falsch. Umweltverbände
sollen für die Umwelt kämpfen, weil die sonst keine Stimme hat. So wie
Gewerkschaften für Jobs streiten. Den Ausgleich dazwischen muss gefälligst
die Politik schaffen.
Wer Umweltschützer zu Gewerkschaften macht, der betreibt die
Herrschaftspolitik der Konzerne. Warum dreht niemand den Spieß um? Und
verlangt von den Gewerkschaften (Motto: „Es gibt keine Jobs auf einem
toten Planeten“) einen realistischen Plan zur Verhinderung des
Klimawandels? Daran könnte sich die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE mal
versuchen. Dann würde sie zu Recht die Sympathien ernten, die David gegen
Goliath zufliegen.
27 Oct 2018
## LINKS
[1] /PR-Interview-des-VW-Chefs/!5542351
[2] /Kommentar-Kohlekumpel-Proteste/!5543136
[3] /Dieselkompromiss-und-Parteispenden/!5541888
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Hambacher Forst
Kohlekommission
Schwerpunkt Klimawandel
Bergbau
Volkswagen
RWE
Schwerpunkt Hambacher Forst
Braunkohle
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bergbau im Ruhrgebiet: Bottrops letzte Zeche macht dicht
In einem Monat steht Bergmann Bernd Haack vor der Rente. Raya Bolduan und
Lukas Böhm werkeln an der Zukunft des Ruhrgebiets.
Milliardenschwere Investitionen: Volkswagen treibt E-Mobilität voran
Der dieselgeplagte Autohersteller will bei Öko-Fahrzeugen weltweit führend
werden. Er steckt 44 Milliarden Euro in den Konzernumbau.
Kohleausstieg und Hambacher Wald: Kampf mit umstrittenen Fakten
Der Kohleausstieg kostet Jobs, führt zu Strommangel und rettet den
Hambacher Wald auch nicht: Was ist dran an diesen Argumenten der
Kohle-Fans?
„Ende Gelände“ und Hambacher Forst: Polizei räumt Protestcamp
Das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ hatte in der Nähe des Hambacher Forsts
Protestzelte aufgebaut. Die Polizei hat hunderte Braunkohlegegner über
Nacht geräumt.
Kommentar Kohlekumpel-Proteste: Berechtigte Ängste
Die Sorgen der Kohlekumpel im Rheinland sind berechtigt und müssen ernst
genommen werden. Die Menschen brauchen eine Perspektive.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.