# taz.de -- Forstforscher zum Waldschadenbericht: „Die Schäden waren noch ni… | |
> Wälder sollten Orte der Erholung sein, Lebensraum bieten, CO2 und Wasser | |
> speichern. Das können sie nicht mehr erfüllen, sagt der | |
> Forstwissenschaftler Ulrich Dohle. | |
Bild: Die Dürre hat auch diesen Ahornbäumen im Teutoburger Wald zugesetzt | |
taz: Herr Dohle, Sie warnen vor dem schlechten Zustand der Wälder. Wie groß | |
ist das Problem? | |
Ulrich Dohle: Der Borkenkäfer bedroht massiv die Fichtenwälder in den | |
Mittelgebirgen. Waldbrände wüteten nicht nur in Sachsen-Anhalt und | |
Brandenburg: Dieses Jahr gab es 600 Brände, so viele wie seit mindestens 25 | |
Jahren nicht. Das Jahr 2018 war das trockenste seit der Wetteraufzeichnung, | |
und darunter leidet der Wald in ganz Deutschland. | |
Kommt also das Waldsterben der 1970er Jahre zurück? | |
Die Schäden im Wald waren tatsächlich noch nie so groß. Und die Probleme | |
hängen zusammen: Nach den schweren Stürmen im Frühjahr herumliegende Bäume | |
und Äste waren gute Brutstätten für Insekten. Die haben dann auch noch die | |
Schwächung der Bäume durch die extreme Dürre genutzt. Stürme, Wassermangel, | |
Waldbrände, Borkenkäfer: Die Situation ist wirklich ernst. „Waldsterben“ | |
wäre aber eine zu drastische Schlagzeile. | |
Was ist falsch am Begriff „Waldsterben“? | |
Es klingt zu sehr nach kurzfristigem Horrorszenario. Wir haben es mit einer | |
langfristigen Entwicklung zu tun, die mit dem Klimawandel zusammenhängt. | |
Und durch den Personalmangel im Forstbereich können wir bei weitem nicht | |
genug dagegen tun. Wir arbeiten an der Belastungsgrenze, es fehlen 10.000 | |
Forstleute. | |
Geht es also eher um Jobs als um den Wald? | |
Beides hängt zusammen. Wir haben beispielsweise nicht genug Personal, um | |
Klima stabilisierende Mischwälder aufzuforsten. Selbst aktuelle Schäden zu | |
beheben, schaffen wir nicht – und es werden sogar weiter Stellen abgebaut. | |
Wie sollen wir uns da um die wichtigen Funktionen des Waldes als Gemeinwohl | |
und Daseinsvorsorge kümmern? Der Wald ist nämlich in vielerlei Hinsicht | |
wichtig: als Wasserspeicher, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, | |
Sauerstoffproduzent, CO2-Speicher und Ort der Erholung. Wir kommen da jetzt | |
an eine Grenze und können das gar nicht mehr garantieren. | |
Was muss passieren? | |
Wir fordern von der Politik vor allem mehr Personal. Die Landesregierungen | |
beauftragen die Forstbehörden und -betriebe. Und die sind nicht bereit, | |
mehr Leute einzustellen – es wird überall gespart. Auch in die Ausbildung | |
muss mehr Geld fließen, damit anstehende Altersabgänge bei den Förstern | |
aufgefangen werden können. Außerdem brauchen wir mehr Forschung zum | |
Zusammenhang zwischen dem besorgniserregenden Waldzustand und dem | |
Klimawandel. | |
20 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Andrew Müller | |
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