# taz.de -- Holz am Bau: Nachwachsende Neubauten | |
> Mit Holzbau verbinden viele Menschen Fachwerk. Caroline Palfy aber baut | |
> ein Holzhaus 84 Meter hoch. Auch andere setzen auf den Rohstoff. | |
Bild: Aus Holz, auch wenn's nicht so aussieht: Wohnhaus in Berlin, Prenzlauer B… | |
Berlin/Wien taz | Frische Laubblätter rascheln auf dem Bürgersteig, die | |
Sonne zeigt sich herbstlich wohlgesonnen. Weiß leuchtet die Fassade in der | |
Christburger Straße 13, im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, die durch | |
ihre riesigen Fenstervorsprünge auffällt. Ein Haus, das mit moderner | |
Architektur besticht und sich zugleich nahtlos in das von Altbauten | |
geprägte Straßenbild einfügt. Von Holz keine Spur, obwohl die „C13“, wie | |
das Bauobjekt heißt, den Deutschen und den Vorarlberger Holzbaupreis | |
gewonnen hat. | |
„Man muss das Holz ja nicht unbedingt sehen“, sagt Tom Kaden, der das 2014 | |
fertiggestellte Haus in Massivholzkonstruktion entworfen hat. Ein | |
Familienberatungszentrum, Praxen und Wohnungen sind dort untergebracht. | |
„Wir wollten keine vergrauende Holzfassade in diesem Gründerzeitumfeld.“ | |
Dennoch enthält die C13 – bis auf das offene Treppenhaus, das aus Rohbeton | |
besteht – zu etwa 90 Prozent Holzanteile, schätzt Kaden, es ist mit | |
Gipsfaserplatten verkleidet und weiß verputzt. „Je mehr Holzbau, desto | |
besser“, findet er, dennoch laute seine Devise: „Nicht so viel Holz wie | |
möglich, sondern so viel wie nötig.“ | |
Er ist also kein Holzpurist: Tom Kaden, 57, blanker Schädel, dunkle runde | |
Brille, ein diplomierter Designer, der heute an der TU Graz eine Professur | |
für Architektur und Holzbau innehat. Außerdem ist Kaden Geschäftsführer des | |
Architekturbüros Kaden + Lager in Berlin, das Deutschlands erstes | |
Holzhochhaus in Heilbronn plant. 2019 soll das zehnstöckige „Skaio“ fertig | |
sein, 30 Meter hoch, von der Stadt als experimentelles Wohnmodell | |
gewünscht. Auch dieses Haus entsteht in Hybridbauweise, es erhält aus | |
Brandschutzgründen einen Sockel und Kern aus Stahlbeton: die Aufzüge und | |
das Treppenhaus; später werden dann die Holzaußenwände und | |
Holz-Beton-Verbund-Decken eingebaut. „Wir betrachten Holz nicht | |
ideologisch“, sagt Kaden. „Wir mischen die Werkstoffe, mit ihren jeweiligen | |
Vorteilen.“ | |
Was sind die Vorteile von Holz? Kaden zählt auf: Es trägt gut, dämmt | |
natürlich, reguliert Feuchtigkeit. Und: Holz wächst nach. Und zwar deutlich | |
mehr, als verbraucht wird. Während Sand, unverzichtbar zur Herstellung von | |
Zement, weltweit rar wird, wachsen Hölzer nach, solange sie aus nachhaltig | |
bewirtschafteten Forstbetrieben kommen. Das ist die Kurzfassung. „Holz ist | |
derzeit der innovativste Baustoff in der Forschung“, schwärmt Kaden, der | |
seit mehr als 20 Jahren Holzbau betreibt. | |
## Der Wiener Wolkenkratzer | |
Holz liegt im Trend. In Paris, London und Chicago sind Holzhochhäuser in | |
Planung, echte Wolkenkratzer, kühne Entwürfe. Dagegen nimmt sich das in | |
Vancouver entstandene Studentenwohnheim mit seinen 18 Geschossen bescheiden | |
aus. Höher hinaus zielt das „HoHo Wien“, das derzeit vor den Toren der | |
Stadt in Seestadt Aspern entsteht. Es wird mit seinen 24 Geschossen das | |
höchste Holzhochhaus der Welt sein. | |
„Wir dürften einen Run ausgelöst haben“, sagt Caroline Palfy, | |
Geschäftsführerin der cetus Baudevelopment und Projektentwicklerin des HoHo | |
Wien. Die 39-Jährige sitzt, mit Wiener Charme und lässigem Schick, an einem | |
grauen Tag in einem Sessel in einer leeren Etage des Nebengebäudes, dem | |
HoHo Next, sechsgeschossig, fast fertig. Anschauungsmaterial für | |
potenzielle Mieter der rein gewerblich konzipierten Flächen, die sich auf | |
drei verschieden hohe Türme verteilen. | |
Die großen Fenster im Besprechungsraum geben den Blick frei auf den | |
schmalen Betonkern, der vor Ort gegossen wird und noch nicht seine volle | |
Höhe von 84 Metern erreicht hat. Für die gelernte Baumeisterin ist die | |
Hybridbauweise mit Holz und Beton „die ideale Kombination“. Man müsse die | |
Materialien so einsetzen, wie sie am sinnvollsten ihre positiven | |
Eigenschaften entfalten können. „Nachhaltigkeit hat auch mit Logik zu tun. | |
Das Stiegenhaus“, sagt sie österreichisch, „muss nicht unbedingt aus Holz | |
sein. Es sollte ja ökonomisch bleiben.“ | |
Viele Häuser sind außen durch Holz verkleidet, erklärt Palfy, bloß um | |
ökologisch zu wirken. Mit dieser Art von Beplankung will sie nichts zu tun | |
haben. Was wie Holz aussieht, da ist beim HoHo Wien auch Holz drin oder | |
dahinter. Das gilt vor allem für den Innenausbau. „Wir sind ein | |
Edelrohbau“, sagt sie und weist mit einer Vierteldrehung ihres Stuhls auf | |
den Raum. | |
Rund um den Edelrohbau sind weitere Baustellen zu sehen. Seestadt Aspern | |
ist ein noch in der Planung befindliches Viertel, rund um einen See mit | |
Flanier- und Spielangeboten, die an diesem Tag wegen des leichten | |
Nieselregens wenig Beachtung finden. Die U-Bahn-Linie 2 fährt bereits bis | |
hier hinaus; anfangs als typisches Neubauviertel mit gefördertem | |
Wohnungsbau und schlechtem Ruf, soll nun die Seestadt durch Baugruppen, | |
Genossenschaften und mehr sozialem Mix als Quartier attraktiver werden. | |
## In einer Stunde 17 Minuten nachgewachsen | |
In den zwei unteren Etagen wird das HoHo Wien eine Verkleidung aus | |
Lärchenholz bekommen, die an Baumrinde erinnert, weiter oben wird es gegen | |
die Witterung durch recycelbare Faserzementplatten geschützt sein. Das hat | |
auch mit dem Brandschutz zu tun, der reine Holzfassaden untersagt. Innen | |
sind Fußboden, Decken und Wände aus Holz, massive Balken stützen an den | |
Fensterseiten die Decken, die auf einem rundum verlaufenden Stahlbetonband | |
ruhen. Das verarbeitete Holz stammt von Fichten und ist auch hier | |
schichtweise über Kreuz verleimt, sogenanntes Brettsperrholz. Ein | |
patentiertes Verfahren, das auch beim Skaio in Heilbronn zum Einsatz kommen | |
wird. | |
Ingesamt 3.600 Kubikmeter zertifiziertes Holz aus österreichischen Wäldern | |
werden im HoHo Wien verbaut. Holz, das dort innerhalb einer Stunde und 17 | |
Minuten wieder nachwachse, rechnet Palfy vor. Balken, unten 96 cm dick, die | |
sich nach oben verjüngen, tragen das gesamte Haus, erklärt die gelernte | |
Baumeisterin, die früher einmal auf die Restaurierung von Altbauten | |
spezialisiert war. „Wir brauchen nichts zu erfinden, wir interpretieren nur | |
am Markt befindliche Bauweisen neu“, sagt sie. „Holz ist ein schöner | |
Werkstoff, wenn auch bis dato nicht unbedingt ein Hochhaus-Werkstoff.“ Als | |
besondere Herausforderung nennt Palfy neben dem Brandschutz den | |
Schallschutz, da Holz zwar leicht sei, aber eine geringere Dichte habe. Die | |
Brandschutzprüfung mussten sie zweimal machen, Behördenauflage. | |
Von Anfang an hat Palfy den Architekten Rüdiger Lainer eingebunden, der | |
zwar kein Spezialist im Holzbau ist, wohl aber „Erfahrung mit Hochhäusern“ | |
hatte. „Ich habe mir viele Planungen angeschaut und mich gefragt, warum | |
bleibt dies alles nur Papier“, sagt der Wiener Architekt. „Die meisten | |
Entwürfe sind viel zu kompliziert und viel zu teuer. Und damit nicht | |
konkurrenzfähig.“ Lainer wollte ein Konzept, „das einfach zu vermitteln und | |
einfach zu bauen ist.“ Wenige serielle Elemente – Decken, Stützen, | |
Außenwände aus Holz – werden gereiht und gestapelt. „Das ist wie das | |
Aufeinandersetzen von Kapla-Steinen, dem Konstruktionsspiel aus | |
Holzplättchen“, sagt Lainer. | |
Anders als Stahl lässt sich Holz nicht schweißen, aber schichten, leimen, | |
stecken, verschrauben. Wird geschichtet, bedarf es Leim, wenn auch nicht | |
viel. Wird schichtweise über Kreuz geleimt, kann sich das Holz nicht | |
verziehen. Wird gesteckt, braucht es nicht viele Schrauben. Der Wiener | |
Architekt glaubt nicht, dass Holz in Zukunft vor allem in Hochhäusern zum | |
Einsatz kommen sollte. „Aber wenn wir es schaffen, eines zu bauen, dann | |
könnte das beispielhaft sein, um Holz auch bei sechs- bis achtgeschossigen | |
Bauten unverkleidet und einfach umsetzen zu können.“ | |
Lainer hofft, mit seiner Arbeit anregend zu wirken, er setzt auf innovative | |
Impulse, einen Wettbewerb, der, einmal in Gang gesetzt, die gesamte Branche | |
erfasst. Im Moment sieht es ganz danach aus. So ist an der TU München mit | |
„tum.wood“ ein interdisziplinäres Cluster entstanden, wo rund ums Holz | |
geforscht und gelehrt wird. Von der Waldwirtschaft über Holzverarbeitung | |
hin zu Architektur und Recycling. Plötzlich wird Holz als nachhaltiges, | |
umweltfreundliches Baumaterial interessant. | |
## Nässe ist der größte Feind von Holz | |
Besser: wieder interessant. Denn der Holzbau hat Tradition. In China stehen | |
Tempel, die Jahrhunderte überdauert haben, aus Holz konstruiert. Und auch | |
im Alpenraum gibt es Fachwerkhäuser, die 400 bis 500 Jahre alt sind. Holz | |
ist also beständig. Und was ist mit der Witterung – Wind, Wetter, | |
Feuchtigkeit? Holz muss trocknen können, sagen die Fachleute, darauf kommt | |
es an. Nicht Feuer, sondern Feuchtigkeit gilt als größter Feind des Holzes. | |
Das ist zwar entzündlicher als Stahl und Beton, brennt aber letztlich | |
langsam und berechenbar ab. Der erste Abbrand legt eine schützende | |
Kohleschicht um das innere Holz, während Stahlträger in Hitze schmelzen | |
können. Am Stadtrand von Berlin hat Tom Kaden der Feuerwehr ein | |
Spritzenhaus aus Holz gebaut. | |
Das HoHo Wien, das Skaio in Heilbronn, noch sind es Rohbauten, die aber in | |
rasantem Tempo in die Höhe schießen. Denn wesentliche Bauelemente werden | |
vorgefertigt. Unabhängig von der Witterung, die Bauarbeiten bei Schnee und | |
Kälte lahmlegen kann, werden sie in den Holzverarbeitungsbetrieben im | |
Trockenen und Warmen zugeschnitten und in Teilen bereits montiert. Dass es | |
insgesamt schneller geht, gleicht wiederum die teureren Materialkosten aus, | |
sagt Tom Kaden. Mit etwa fünf Prozent mehr müsse man rechnen. „Aber die | |
holt man so wieder rein.“ | |
Quereinsteiger Kaden sitzt in seinem Büro im zwölften Stock des | |
denkmalgeschützten „Haus des Reisens“ am Berliner Alexanderplatz. Einst der | |
Stolz der Ostberliner, die hier ihre kosmopolitische Version einer | |
Großstadt mit Weltzeituhr, Fernsehturm, Interhotel samt Haus des Reisens | |
realisierten. Der Architekt Hans Kollhoff legte in den 1990er Jahren einen | |
Masterplan vor, der den Platz in ein Mini-Manhattan verwandeln sollte. Bis | |
heute ist nichts davon umgesetzt. | |
Kaden erzählt von dem Entwurf des Architekten Frank Gehry für ein Hochhaus, | |
das wegen des heiklen Baugrunds neben einem U-Bahn-Tunnel bisher nicht | |
realisiert werden durfte. Was ließe sich da mit leichteren Materialien | |
machen? Seine Studierenden haben Ideen für den Alexanderplatz entwickelt. | |
Einige Entwürfe hängen in den Büros von Kaden + Lager an der Wand. Kann | |
sich Tom Kaden vorstellen, hier am Alexanderplatz ein Holzhochhaus zu | |
bauen? „Auf jeden Fall“ sagt er. „Aber was für eins?“ | |
## 130 Meter hohe Holzhäuser? Warum nicht | |
Hochhäuser aus Holz zwischen 100 und 130 Metern hält Kaden für realistisch. | |
„Wir freuen uns über jeden Leuchtturm“, sagt er, „aber eigentlich wollen | |
wir lieber sechs- bis zwölfgeschossig bauen.“ Verdichtung, Aufstockungen im | |
urbanen Raum, dafür sei die Holzbauweise besonders geeignet. Denn Holz ist | |
stabil und leichter als Beton oder Stein, die Gebäude werden schlanker. So | |
lassen sich Baulücken füllen, Wohnhäuser aufstocken, schnell zu | |
realisierende Projekte, die bei dem akuten Wohnraummangel dringend | |
erforderlich sind. Und sie lassen dem Einfallsreichtum der Architekten viel | |
Spiel. | |
Tom Kaden hat zunächst Design studiert, bevor er zur Architektur kam. Er | |
stammt aus dem Erzgebirge, seine Vorfahren haben das für die Region | |
typische Holzspielzeug hergestellt, die Werkstatt des Vaters hat er nicht | |
übernommen. Da liegt die Vertrautheit, das Experimentieren mit dem Material | |
nahe. Vielleicht hat ja auch Rüdiger Lainer in Wien früher gern mit | |
Kapla-Steinen gespielt. | |
Tom Kaden ist optimistisch, was die Zukunft des Holzbaus angeht. Dass die | |
Bauverordnungen der Länder gelockert werden, in Berlin gerade erst in | |
diesem Frühjahr, begrüßt er. Dennoch: Nur Hamburg, Berlin und | |
Baden-Württemberg erlauben Holzhäuser, die eine Höhe von 13 Metern | |
übertreffen. „Die Gesetzeslage entspricht nicht den technischen | |
Möglichkeiten des modernen Holzbaus“, sagt Kaden. | |
Holzbau könnte in Serie gehen. „Man sollte eine Industrialisierung des | |
Holzbaus mit Vorsicht betreiben“, warnt Kaden, „bei aller Notwendigkeit | |
muss die Baukultur erhalten bleiben.“ Aber nicht nur das deutsche Baurecht | |
tut sich schwer, auch die sehr kleinteilig organisierte, mittelständisch | |
geprägte Branche. Der Holzbau habe schließlich seinen Ursprung im Handwerk, | |
erklärt Kaden, und nicht in der industriellen Fertigung. Mit dem | |
Fachwerkbau, der aus ganzen Stämmen geschnitten wurde, hat der moderne | |
Holzbau nichts mehr zu tun. „Unsere Holze sind alle durch | |
Verarbeitungsprozesse gelaufen“, sagt Tom Kaden, um den technischen | |
Anforderungen gerecht zu werden. | |
## Das Material mit den vielen Verbindungen | |
Holz und Stahl, Holz und Glas, Holz und Beton – der Baustoff Holz kann | |
viele Verbindungen eingehen. An der TU Berlin forscht Volker Schmid, 54, | |
Professor für Bauingenieurwesen, speziell zu Verbundstrukturen. Auch | |
Schmid, eine schlanke elegante Erscheinung in anthrazitfarbenem Anzug, ist | |
ein Holzfan, kein Holzideologe. Er hat lange bei internationalen Projekten | |
als Tragwerksplaner gearbeitet und die Praxis in die Forschung und Lehre | |
getragen. „Gibt es was Schöneres?“ An der Wand in seinem Büro der | |
TU-Außenstelle auf dem ehemaligen AEG-Werksgelände im Bezirk Wedding hängt | |
die Zeichnung des Metropol Parasol in Sevilla, das er mit gebaut hat, eine | |
riesige und dennoch elegant geschwungene, wabenähnliche Konstruktion, die | |
den Platz überspannt. Sechs explodierende Pilze aus Holz. | |
Schmid wirkt wie elektrisiert von der Aufbruchstimmung in seiner Branche. | |
„Plötzlich gehen Dinge, die vorher nicht gingen. Jetzt stecken wir nicht | |
mehr Möbel, sondern Häuser zusammen.“ Sogar Hochhäuser. Er wirft den Beamer | |
an und ruft den Vortrag auf, den er für die Nacht der Wissenschaften | |
vorbereitet hat. Auch das Wiener HoHo ist unter den Hochhausentwürfen | |
vertreten. „Die Formel 1 des Holzbaus“, schwärmt er. „Sehr wichtig für … | |
als Leuchtturmprojekt.“ | |
Schmid kommt aufs Autorennen. Was in der Formel 1 gezeigt werde, könne dann | |
in der normalen Wagenklasse und Größenordnung zum Einsatz kommen. Was im | |
Städtebau vier bis zehn Geschosse meint, und da ist Holz klar im Vorteil. | |
Schneller, leiser, umweltfreundlicher. Je höher ein Haus, desto größer der | |
Gewinn für die Umwelt, rechnet Schmid vor. Holz speichert und absorbiert | |
CO2, ist recycelbar. | |
Im unteren Stockwerk des roten Backsteingebäudes, von dem bekannten | |
Industriedesigner Peter Behrens Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut, | |
befindet sich die ehemalige Werkshalle von AEG, in der Turbinen hergestellt | |
wurden. 24 Meter hoch, 180 Meter lang, hohe durchbrochene Glasfenster, in | |
die Herbstsonne fällt. „Wir sind sehr glücklich über diese | |
Wissenschafts-Kathedrale“, sagt Schmid. Überall stehen kleine und größere | |
Versuchsanlagen aus seinem Fachbereich. | |
Derzeit tüfteln sie an einer besseren Verbindung von Holz und Beton. Die | |
Holz-Beton-Verbund-Decken, wie sie im HoHo Wien und im Skaio Heilbronn zum | |
Einsatz kommen, werden bisher entweder durch Schrauben oder gefräste | |
Kerven, kleine ausbetonierte Verzahnungen im Holz, zusammengehalten. Das | |
ist aufwändig. Die Baustoffe einfach nur aufeinander zu legen reicht nicht, | |
erklärt der Bauingenieur, die Beton- und Holzlagen könnten sich | |
gegeneinander verschieben. Schmid hebt einen Holzklotz hoch, der eine weiße | |
Klebmasse und darauf ein zerborstenes Betonstück trägt. Die | |
Versuchsanordnung: Kann man auf feuchten Klebstoff betonieren? Man kann. | |
Schmid strahlt. Die Klebefuge habe gehalten, erklärt er, nur der Beton sei | |
an unwesentlicher Stelle geborsten. Noch ist alles in der Forschung. Wenn | |
es funktionieren sollte, dann können Holz-Beton-Verbund-Decken in Zukunft | |
deutlich preiswerter sein. | |
„Wir müssen mit Holz genauso leistungsfähig sein wie mit Beton“, sagt | |
Schmid. „Sonst würde man uns nicht ernst nehmen.“ Und es muss nicht immer | |
das Holz von Fichten sein, das bisher im Hausbau eingesetzt wird. Weil | |
reine Nadelwälder ökologisch problematisch sind, entstehen wieder mehr | |
Mischwälder, wächst damit auch der Buchenbestand. Buche, bisher nur im | |
Innenausbau angewendet, weil sie schnell quillt und schwindet, liefert eine | |
viel versprechende neue Werkstoffkombination: Buchenfurnierschichtholz, | |
sogenannte Baubuche. Schmid zeigt ein Kästchen mit zwei schichtweise | |
verleimten Holzstückchen. Zum Anfassen schön. | |
Bei zwei Projekten hat er mit dem Architekturbüro Kaden + Lager | |
zusammengearbeitet. Er und Tom Kaden haben über ein Holzhochhaus am | |
Alexanderplatz gesprochen, gemeinsam geträumt. „Wir sind zunächst | |
bescheiden“, sagt Schmid, „mehr als 120 Meter müssen es nicht sein.“ | |
4 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Sabine Seifert | |
## TAGS | |
Holz | |
Architektur | |
Nachwachsende Rohstoffe | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Textilien | |
Städtebau | |
Fotografie | |
40 Jahre taz | |
Grunewald | |
Architektur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutscher Umweltpreis geht an zwei Frauen: Zuordnungsforschung und Holzbau | |
Um das Klima zu retten, muss vieles passieren. Vorbildlich machen das die | |
Forscherin Friederike Otto und die Bauunternehmerin Dagmar Fritz-Kramer. | |
Baumrinde als Rohstoffe für Textilien: Schicke Borke | |
Industriedesignerin nutzt die Rinde heimischer Bäume zur Herstellung von | |
Textilien. Dazu musste sie neue Verarbeitungstechniken entwickeln. | |
Interview mit Andreas Otto (Grüne): „Ein wichtiges Zeichen“ | |
Dass das Land bei der Nachnutzung von Tegel auf Holzbauweise setzt, freut | |
den grünen Baupolitiker Andreas Otto – genug ist es ihm noch lange nicht. | |
Fotografin über mitteldeutsche Bauten: „Ich bin hier aufgewachsen“ | |
Gera, Zwenkau und Löbau: Die Künstlerin Margret Hoppe zeigt Bilder | |
moderner, unbekannter Bauten in Mitteldeutschland, die zu lange unter dem | |
Radar liefen. | |
Die taz zieht um ins neue Haus: Unsere neuen Nachbarn | |
Von der Rudi-Dutschke-Straße nur ein paar hundert Meter weiter in die | |
Friedrichstraße 21 – und doch in eine andere Welt. Ein Rundgang. | |
Vielfalt im Berliner Wald: Das CO2 einfach im Wald lassen | |
Für den Umbau vom artenarmen Nadel- zum Mischwald nimmt das Land Millionen | |
in die Hand. Aus gutem Grund, wie zwei neue Untersuchungen zeigen. | |
Stephan Trüby über Architekturpolitik: „Die Vergangenheit neu erfinden“ | |
Mit städtebaulichen Rekonstruktionen platziert die Rechte ihre Ideologie in | |
der Mitte der Gesellschaft. Der Architekturprofessor über rechte Räume und | |
Ästhetik. |